Das Jesus Sakrileg, Teil 1: Thriller (German Edition)
ich diesen öffentlichen Angriff auf die Gelehrten für falsch hielt, kannst du dir sicher vorstellen, liebes Tagebuch. Denn jetzt hatten die Pharisäer allen Grund, nach dem Leben Joshuas zu trachten. Schließlich bedrohte er ihre Existenz, nein, er stellte ihren Sinn gar in Frage, denn Joshua sagte noch: „Hütet euch vor den Gelehrten. Das Wort ist ihr Freund, die Doppelzüngigkeit ihre Passion. Sie tragen gerne lange Gewänder und lieben es, sich zu jeder Zeit mit Rabbi und Herr ansprechen zu lassen.“
Joshua beobachtete einige Gläubige, die unbeirrt von seiner Rede Geld in den Gotteskasten einwarfen. Ein besonders edel aussehender Mann warf eine Summe in den Kasten ein, der dem anwesenden Priester eine tiefe Verbeugung abverlangte. Nach dem edlen Mann kam eine alte arme Frau und ich glaube, sie legte nur ein kleines Scherflein ein, denn der Priester gab ihr unmissverständlich zu verstehen, sie solle schnell weitergehen. Sicherlich wollte er nicht, dass sie potenzielle Edelmänner von ihren Spenden abschrecken sollte.
Der Edelmann vor ihr belächelte die alte Dame abwertend. Als Joshua dies sah, ging er auf den Edelmann zu.
„Wahrlich , ich sage dir, diese alte Frau hat in den Gotteskasten mehr gelegt als du und deinesgleichen jemals einlegen werdet.“
„Wie kannst du so etwas sagen? Hast du nicht gesehen, wie großzügig ich war? Von dem, was ich gab, davon könnte diese Frau Tausende von Jahren sehr gut leben. Und sie, sie gab nur ein Scherflein“, antwortete der Edelmann verärgert.
„Du hast nur etwas von deinem Überfluss eingelegt, diese aber hat ihre ganze Habe hineingetan, alles was sie je besaß. Ihr werden die Pforten zu meines Vaters Reich weit offen stehen, doch du wirst sie nie offen finden. So erfreue dich des menschlichen Daseins, denn ein himmlisches wird dir nicht beschieden werden“, sagte Joshua.
Der Edelmann wusste nicht, was er darauf antworten sollte und ging eingeschüchtert seiner Wege.
Die Menge jubelte über diese Worte. Joshua bat die Menschen nun, ihn alleine in den Tempel gehen zu lassen, damit er zu seinem Vater sprechen könne und versprach ihnen, am nächsten Tag wieder zu kommen. Da die Menge seinen Worten glaubte, löste sie sich auf und Joshua bat auch uns, ihm nicht in den Tempel zu folgen. Einige von uns hatten meiner Meinung nach berechtigte Zweifel, da in einige Räume des Tempels nur die Priester durften und Joshua dort ihrem Wohlwollen ausgeliefert wäre. Für die Priester wäre es ein Leichtes, ihn dort festzunehmen. Aber Joshua schaute uns an und lächelte.
„Sorgt euch nicht, denn es ist meines Vaters Tempel.“
Nach diesen Worten verstummten wir. So ging er alleine und betete im Tempel.
Was da geschah, kann ich dir leider nicht sagen, da Joshua nicht darüber sprach, als wir uns abends im Hause von Josef von Arimathäa trafen. Ich kann mir jedoch schon vorstellen, dass die Priester ihn auch im Tempel nicht in Ruhe beten ließen. Der Abend verlief ruhig.
Die darauffolgenden Tage vergingen so wie der erste Tag. Wir gingen zum Tempel und Joshua sprach zu der begeisterten Menge und verschwand danach zum Gebet. Die Priester zeigten sich immer weniger in der Öffentlichkeit.
Einige von uns werteten dies als deren Eingeständnis, dass sie gegen Joshua nichts unternehmen konnten und ihn somit nicht mehr behelligen würden. Josef von Arimathäa war da skeptischer. Er erzählte uns von der Kühle, die man ihm im Sanhedrin entgegenbrachte und dass nur noch eine ganz geringe Anzahl von Mitgliedern dieses Rates in Joshua den Erlöser oder einen Propheten sahen. Vor allem gab ihm zu denken, dass Kaiphas sich zurückhielt. Josef pflegt großes Misstrauen gegenüber Kaiphas. Ich muss dir gestehen, liebes Tagebuch, dass ich wie Josef denke. Daher kannst du dir auch vorstellen, dass ich jedes Mal fast vor Angst gestorben bin, als Joshua alleine in den Tempel ging und dass ich erst, als ich ihn abends wieder sah, erleichtert aufatmete.
Ja, die Nerven einer liebenden Frau können manchmal bis ins Unerträgliche strapaziert werden, aber habe ich eine Wahl?
Ich liebe diese Stadt. Ich glaube, auf der ganzen Welt gibt es keine Stadt wie Jerusalem und keine Stadt ist Gott näher als Jerusalem. Ich kann sehr gut verstehen, warum Gott Jerusalem sein Eden nennt.
Ich wünschte, ich könnte so unbefangen wie Joshua die Menschen sehen, aber das tue ich nicht. Unerträgliche Sorgen treiben mich. Joshua hat Blinde sehend gemacht, Krüppel gehend, Aussätzige gesund und gar
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