Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)
Engel, ich würde mich gerne noch mit Ihnen unterhalten. Mein Name ist John di Lucca, und ich habe wichtige Neuigkeiten für Sie.»
Engel nickte, und di Lucca führte ihn am Arm in einen kleinen, angrenzenden Raum mit zwei Sesseln und einem winzigen, niedrigen Tisch. Die Männer nahmen Platz, und di Lucca kam ohne Umschweife zur Sache.
«Wir kennen den genauen Aufenthaltsort Ihrer Frau und Ihrer Tochter, Mr. Engel. Es war zwar ein kluger Schachzug, nach Santorin zu gehen, aber uns entgeht nichts. Ihr Freund Jannis hat sie in eine abgelegene Bucht gebracht, und dort sitzen sie jetzt in der Falle. Es gibt nur einen Zugang, und der wird von unseren Leuten bewacht. Wir sind jederzeit in der Lage, Ihre Frau und Ihre Tochter in unsere Gewalt zu bringen. Wir wollen das nicht, aber wenn man uns keine Wahl lässt ...»
Hatte Jannis tatsächlich einen derart läppischen Fehler begangen? Engel zweifelte daran, schließlich hatte der Grieche Monate im Untergrund des Widerstands überlebt. Aber solange er keine Nachrichten aus Griechenland hatte, musste er di Lucca glauben, selbst wenn er, wie er hoffte, nur bluffte.
«Was wollen Sie?»
«Den genauen Ort, an dem sich das sogenannte Jesusskelett befindet.»
«Ich kenne ihn nicht.»
Di Lucca sprang auf.
«Sie wollen mir weismachen, dass der wissenschaftliche Leiter des gesamten Unternehmens nicht über das entscheidende Detail informiert ist? Sie sind nicht in der Position, zu pokern, Engel. Wo beabsichtigt Henderson, seine Ergebnisse zu präsentieren?»
«Ich weiß selbst, dass es unglaubwürdig klingt, aber Henderson macht daraus ein großes Geheimnis. Soweit ich das einschätzen kann, weiß niemand im Team, wo sich die Grabfunde jetzt befinden.»
Engel fragte sich, ob er di Lucca von dem Rätsel erzählen sollte, mit dem der Brite den Ort der Präsentation verschlüsselt hatte, unterließ es aber. Er musste selbst darauf kommen, nur so konnte er Angelas und Hannahs Freilassung erreichen.
Di Lucca unterbrach diese Überlegung brüsk:
«Dann finden Sie es raus, Engel - und zwar schnell. Wenn auch nur die winzigste Information oder Spekulation über den Fund an die Öffentlichkeit gerät, werden wir uns nicht scheuen, alle Mittel einzusetzen.»
Er warf eine Visitenkarte auf den Tisch, ging zur Tür und verließ den Raum, ohne sich noch einmal umzudrehen.
***
«Und jetzt?» Theresia Stone klang gehetzt. «Nach diesem Auftritt wird uns der Vatikan um den halben Erdball jagen, wenn es sein muss. Warum konnte sich Henderson auch nicht zusammenreißen.»
«Das würde ich ihn gerne selber fragen», antwortete Engel. Er hatte mehrfach versucht, den Engländer auf seinem Mobiltelefon zu erreichen, jedes Mal sprang aber nur die Mailbox an. Auf seine dringenden Rückrufbitten hatte er nicht reagiert. In seinem Zimmer war er nicht, der Portier hatte gesehen, wie er mit seinem Reisekoffer das Hotel verlassen hatte und ein Taxi bestieg. Ziel unbekannt.
«Hendersons Reaktion war die einzig richtige», warf Latour ein. «Ich habe ja von Anfang an gesagt, dass es ein Fehler war, überhaupt diesem Treffen zustimmen. Am besten fliegen wir zurück nach London und unterstützen Sarah und Hawley bei ihrer Arbeit. Am Sonntag müssen wir alles hieb- und stichfest haben. Und selbst dann werden sie versuchen, uns lächerlich zu machen. So wie heute!»
Er winkte ärgerlich mit der Hand ab. Weil niemand wusste, was er entgegnen sollte, trat Schweigen ein, das vom Piepen eines Handys unterbrochen wurde. Engel brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, dass es sich um das Signal seines neuen Prepaid-Handys handelte, das den Eingang einer SMS anzeigte.
«Auftrag erledigt. Ankomme Rom mit BA 779. Rätsel noch nicht gelöst. Sarah.»
Engel blickte sich in der Runde um.
«Die Reise nach London können wir uns im Moment sparen. Sarah und Hawley sind auf dem Weg zu uns.»
***
Engels Gespräch mit Sarah und Hawley hatte nur vierzig Minuten gedauert. Die Unterlagen, die sie ihm vorgelegt hatten, räumten alle Zweifel aus. Jetzt kam es nur noch darauf an, die anderen zu überzeugen. Aus Sicherheitsgründen - er wollte auf keinen Fall, dass Henderson zu schnell von diesem Treffen erfuhr - trafen sie sich in einem kleinen Restaurant in Trastevere. Während im Vorraum Arbeiter und Angestellte aus der nahegelegenen Schuhfabrik ihren Feierabend-Aperitivo tranken, saßen sie in einem rückwärtigen Zimmer, abgetrennt von der lärmenden Kulisse einer römischen Trattoria. Vor ihnen auf
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