Das Jesuskomplott. Thriller (German Edition)
des Schädels das Phantombild erstellt, das genauso aussieht wie der Mann auf diesem verflixten Grabtuch. Das kann doch nicht alles eine Fälschung sein?»
Engel entschloss sich spontan, schon jetzt einen weiteren Trumpf aus der Tasche zu ziehen. «Ich glaube, das Turiner Grabtuch ist echt. Zumindest stammt es aus dem 1. Jahrhundert und aus Israel. Darin eingewickelt war der Leichnam eines gekreuzigten Mannes. Natürlich wissen wir nicht, ob es Jesus war, aber auf jeden Fall ist es keine mittelalterliche Fälschung.»
Die anderen sahen ihn an, als hätte er ihnen enthüllt, an den Weihnachtsmann zu glauben. Latour klopfte mit dem Knöchel auf die Tischplatte, als wolle er applaudieren.
«Ich bin Wolframs Meinung. Die Probenentnahme für die C-14-Untersuchung war eine Farce. Den Instituten wurden bewusst falsche Fasern aus dem Mittelalter untergeschoben, weil die Kirche eine aufgeregte öffentliche Debatte darüber fürchtete, dass der Mann noch gelebt haben muss, als man ihn in das Tuch wickelte. Anders lassen sich die Blutmengen kaum erklären, mit denen der Stoff getränkt ist. Aber was hat das mit unseren Funden und ihrer angeblichen Fälschung durch Henderson zu tun?»
Engel lächelte den Franzosen an.
«Nun, unser Freund Harold hat sich im Prinzip genau diese Praxis der Kirche zu eigen gemacht. Der Vatikan hat damals vorgeführt, wie einfach man die Öffentlichkeit und die Wissenschaft mit falschen Proben täuschen kann.»
Theresia Stone war immer noch nicht überzeugt.
«Wie konnte er bitteschön ein Skelett finden, das als Lebender genau so ausgesehen hat wie der Mann auf dem Leichentuch?»
Bevor Deary etwas sagen konnte, fragte ihn Engel, ob er sicher sei, einen echten Schädel untersucht zu haben.
«Ich bin Polizist, kein Pathologe. Ihr habt mir gesagt, es sei ein alter Schädel, warum sollte ich daran zweifeln?»
Jetzt mischte sich Hawley ein, der sich bisher zurückgehalten hatte.
«Erinnert ihr euch noch an das Theater, das Hawley mit dem Schädel veranstaltet hat, bevor er ihn Peter zur Gesichtsrekonstruktion übergeben hat? Er legte ihn erst mit großem Tamtam in einen blickdichten Kasten ...»
«Diese Aktion kam mir damals schon irgendwie seltsam vor», sagte Stone jetzt deutlich kleinlauter. Mit einem Blick entschuldigte sie sich bei Hawley für die Unterbrechung, der daraufhin fortfuhr:
«Genau, Tess. Im Prinzip hat er exakt das Gleiche gemacht wie dieser Purpurträger bei der Probeentnahme aus dem Grabtuch. Er hat den Schädel unseren Blicken entzogen, ehe er ihn weitergegeben hat. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn auszutauschen. Genau darauf wollte Sanika uns übrigens hinweisen, als sie kurz vor ihrem Tod diese Notiz schrieb.»
Hawley hielt den Zettel mit der Aufschrift «Kopfreliquiar» in die Höhe.
«Du meinst ... », sagte Deary entgeistert.
«Wir meinen nicht nur, wir können es sogar beweisen.»
Sarah reichte fotokopierte Blätter in die Runde.
«Sanika fand unter Hendersons Papieren diese Rechnung. Sie wurde vor zwei Monaten ausgestellt von der Firma ‹MediMod - anatomische Modelle› in Sheffield. Es geht - ich zitiere - um ‹einen menschlichen Schädel, Sonderanfertigung nach vorgelegter Fotografie›.»
Sarah und Hawley schauten in die Runde. Alle saßen bewegungslos und starrten auf die Fotokopien. Nur Deary, der Scotland-Yard-Mann, nickte mit dem Kopf.
«Genial, dieser Mann. Er fertigt eine Fotografie an, die das Porträt eines Menschen zeigt, der dem Antlitz auf dem Turiner Grabtuch ähnlich sieht wie ein Zwilling. Mit heutigen Bildbearbeitungsprogrammen stellt das keine große Herausforderung dar. Nach diesem Foto lässt er von einem auf die Herstellung von täuschend echt aussehenden Knochen und Skeletten spezialisierten Unternehmen einen Schädel formen. Ich glaube, es handelt sich um den Schädel dieses Jesus und rekonstruiere mit hoch komplexen Computerprogrammen das Gesicht. Und wem sieht es ähnlich? Natürlich dem Ausgangsfoto, es ist also dem Mann auf dem Turiner Tuch wie aus dem Gesicht geschnitten. Auf der Basis meiner Rekonstruktion formt unser Meisterskulpteur in diesen Stunden den Kopf, welcher der Höhepunkt von Hendersons Show sein soll.»
Hawleys Bass füllte den gesamten Raum:
«Chapeau, Mister Henderson. Das war ganz große Illusionskunst! So sauber bin ich glaube ich noch nie hinters Licht geführt worden.»
«Und warum das ganze Theater?, fragte Matin fast ohne jede Modulation der Stimme. «Nur um der Kirche eins auszuwischen?»
Sarah
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