Das Jobinterviewknackerbuch
nicht zu haben. Das Thema Kleidung in Vorstellungsgesprächen ist eine ziemlich knifflige Sache und hat mit »möchten« nicht so viel zu tun.
Es ist nämlich tatsächlich nicht o.k., wenn Sie ein T-Shirt mit einem besonders lustigen Spruch zu Ihrem Vorstellungsgespräch bei der Deutschen Bank anziehen, nur weil Sie das möchten. Aber wenn Sie sich bei Google bewerben, dann ist es eben doch o.k., auch wenn Sie hier lieber im Frack aufgetreten wären, was wieder nicht o.k. gewesen wäre. Es kommt eben immer drauf an.
Es gibt keinen einheitlichen Dresscode
Die genau richtigen Klamotten zu erwischen ist offenbar eine der härtesten Knacknüsse für Bewerber überhaupt. »Unangemessenes Outfit« gaben jedenfalls 57 Prozent der über 2 700 von
CareerBuilder
befragten Personaler als häufigsten Fehler an, der Bewerbern im Interview unterläuft. Dieser Fauxpas steht an erster Stelle! Noch vor »desinteressiertem Auftreten« (55 Prozent) und »negativen Äußerungen über den früheren Arbeitgeber« (52 Prozent) und »arrogantem Benehmen« |137| (51 Prozent) – und, aufgepasst: »Annahme von Telefonaten und Schreiben von SMS während des Interviews« (46 Prozent)!
In jedem Unternehmen gibt es einen anderen Dresscode. Dieser Dresscode kann sogar von Abteilung zu Abteilung variieren. Die Damen aus der Marketingabteilung geben sich eben auf eine ganz andere Art als die Herren aus der IT-Sicherheit, und die Vertriebsmannschaft folgt wieder ganz eigenen Gesetzen. Das haben Sie sicherlich auch schon erlebt. Deshalb brauchen Sie die Bekleidungstipps, die man überall im Internet finden kann, gar nicht so ernst zu nehmen. Aus diesem Grund schreiben wir hier auch nicht schon wieder das ab, was in zig anderen Büchern schon steht. Wir wollen Ihnen aber ein paar Hintergrund-Informationen mit auf den Weg geben. Sozusagen das Meta-Programm, das hinter den Dresscodes läuft. Dann können Sie Ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen.
Individualität: Nur in den Schranken der Konformität
Wenn Sie regelmäßig Modezeitschriften lesen und an Schaufenstern vorbeibummeln, dann wissen Sie: Es ist total aufwendig, irgendwie gut und individuell auszusehen. Und nachdem man den Aufwand getrieben und jede Menge Geld ausgegeben hat, sieht man doch so aus wie alle anderen.
Im Vorstellungsgespräch ist so viel Individualität im Sinne von »dekorativer Diversität« (Manfred Prisching) gar nicht gefragt. Weil es sich um ein recht geregeltes, wenn nicht sogar rituelles Prozedere handelt, sind die Grenzen ähnlich eng gesteckt wie bei einer Konfirmation in der evangelischen Kirche. Nicht umsonst lästern ja Stilberater gerne über Job-Interview-Kandidaten, die von der Mama in ihren alten Konfirmationsanzug gesteckt worden seien. So falsch ist der Ansatz gar nicht. Sie brauchen nur etwas in Ihrer aktuellen Größe, das Ihrem Körper irgendwie »steht« und zur Firma passt, in die Sie hineinwollen. Wenn Sie das schaffen, verstehen die Personaler Ihr |138| Outfit bereits als Zeichen Ihrer Individualität. Sie sind originell, weil Sie angepasst sind. Wie paradox! Aber so läuft das Spiel.
Fazit
Ihr individuelles Outfit strahlt idealerweise viel Konformität aus.
Gemütlichkeit: Leider nicht im Interview
Jetzt zu einem etwas ungewöhnlichen Punkt – Ihrer Gemütlichkeit. Zu einem Vorstellungsgespräch gehen Sie normalerweise in Kleidung, die relativ steif und ungemütlich ist. Also nicht in Jogginghose, Sneakern und ohne BH, sondern in Anzug oder Kostüm, mit Hemd und Kragen, gebügelt und gestärkt. Warum eigentlich?
Das hat historische Gründe: Sehen Sie sich mal Darstellungen der englischen Königin Elisabeth I. an (sie lebte von 1533 bis 1603). Sie war durch ihre prachtvolle Kleidung, ihre riesigen Kragen und komplizierten Frisuren praktisch bewegungsunfähig. Man hätte sie auch gleich eingipsen können. So zeigte die Queen einerseits ihre Erhabenheit und andererseits, dass sie eben nicht in ollen Hosen auf dem Acker arbeitete. Nun, vom Korsett hat uns Coco Chanel schon Anfang des 20. Jahrhunderts befreit, Hemden mit Vatermörderkragen trägt heute nur noch Karl Lagerfeld, und wir bewerben uns zumeist nicht auf Jobs, in denen wir dann überhaupt nicht arbeiten wollen. Aber ein wenig ist von der Vorstellung darüber, was »vornehm« ist und was nicht, noch übrig geblieben.
Sichtbar wird das heute vor allem beim Thema Hemdkragen für Herren: Ein ungemütlicher Umlege- oder Haifischkragen gilt als angemessen. Ein Hemd mit angeknöpften
Weitere Kostenlose Bücher