Das Joshua Gen (German Edition)
trug kaum dazu bei, die Stimmung seines Auftraggebers zu verbessern. Doch das war dem Mann mit den Handschuhen aus schwarzem Ziegenleder egal. Denn was bedeuteten drei Tote, wenn man hunderte Leben genommen hatte.
»Mikrofone und Kameras zur Überwachung sollten Sie in der Wohnung hinterlassen – nicht drei Leichen!«
»Ich wollte mich in Ruhe dort umsehen. Die drei störten diese Ruhe.«
»Na großartig! Und jetzt sieht sich die verdammte Polizei in Ruhe dort um!«
»Die Polizei wird nichts finden«, erklärte der Mann mit den Handschuhen.
»Wer waren die drei Toten?«
»Ich weiß es nicht.«
»Waren die auch hinter ihr her?«
»Ich weiß es nicht.«
»Verdammt, was wissen Sie überhaupt?! Was haben Sie über die junge Frau herausgefunden?!«
»Sie macht schöne Fotos.«
»Fotos?«
»Die Wände ihrer Wohnung sind voll damit. Sie fotografiert Kinder hinter Zäunen.«
»Ach, wie rührend! Verflucht noch mal, ihre Fotos sind mir scheißegal – worüber sie redet, will ich wissen!«
»Oh, sie sagt sehr viel durch diese Bilder.«
»Und mit wem sie redet, will ich wissen!«
Der Mann mit den Handschuhen sah lächelnd zu dem alten, heruntergekommenen Taxi vor dem luxuriösen Haus. »Gleich wird sie mit einem kleinen Jungen reden, einem Jungen mit zwei bunten Luftballons.«
»Ein kleiner Junge? Verdammt, wovon sprechen Sie?!«
»Vom Sohn des Taxifahrers, der sie fährt. Sein Taxi gehört zu einem Projekt zur Resozialisierung von Straftätern. Soll ich mich um ihn kümmern?«
»Nein, Sie kümmern sich nur um die junge Frau! Bringen Sie sie her! Und keine einzige Leiche mehr, verstanden?!«
Immer noch lächelnd steckte der Mann mit den schwarzen Handschuhen das Handy weg. Er schaute die Straße hinunter. Schicke Einfamilienhäuser, gesprengte Auffahrten, geschnittener grüner Rasen unter der milden Vorfrühlingssonne. Ein wirklich friedliches Bild.
Vince starrte in den Lauf der Waffe.
»Was ... was soll das? Warum sind Sie noch hier?«
»Familienzusammenführung«, erklärte sie knapp. »Los jetzt, einsteigen, alle beide!«
»Hören Sie, das bringt doch nichts, Sie reiten sich nur immer tiefer rein – und außerdem ist das meine Waffe!«
»Dann sollten Sie sie besser nicht hier drinnen liegen lassen, wir beide wissen ja, was man mit solch einem Ding anrichten kann, Mr. Taxi.« Sie hielt die Waffe ruhig auf ihn gerichtet. Nicht das kleinste Zittern war zu sehen.
»Dad ...?«
Max stand halb hinter seinem Vater. Er war ihm wegen des Geschenks bis zum Taxi nachgelaufen. Jetzt bereute der Elfjährige seine Neugier.
»Ist okay, ist alles okay, mein Junge. Tu, was die Frau im Trenchcoat sagt. Rutsch durch auf den Beifahrersitz.«
Vince folgte seinem Sohn in den Wagen.
»Damit kommen Sie nicht davon«, zischte er der jungen Frau auf dem Rücksitz zu.
Sie ignorierte die Drohung. »Hallo, Max«, begrüßte sie seinen Sohn. »Ich bin deine Geburtstagsüberraschung. Ziemlich gelungen, was?«
Der Junge starrte auf die Waffe. »Ist die echt?«
»Na, das will ich doch hoffen.« Die junge Frau lachte. »Los, fahren wir!«
»Und wo wollen Sie hin?«, fragte Vince mit kalter Stimme.
Die junge Frau schien kurz nachzudenken. »Nun, ich habe mich wirklich gründlich in diesem Taxi umgesehen, aber ich konnte einfach kein Geschenk für Max finden. Also entführe ich euch jetzt in ein großes Spielzeuggeschäft!«
»Sie sind völlig verrückt, wissen Sie das?«
»Ich find die Idee gut, Dad.«
Vince’ Augen fanden ihre im Rückspiegel. Warum das alles?, fragte er ohne Worte.
»Sie ist Schauspielerin, stimmt’s, Dad?«
Sie blickte Vince immer noch an und hob die Waffe, damit er sehen konnte, dass sie sie nicht entsichert hatte. »Manchmal, da bin ich eine, ja.«
»Dafür macht sie das aber echt gut, nicht wahr, Dad?«
»Ja ... etwas zu gut«, murmelte Vince. In seinem Kopf ging alles durcheinander. Die junge Frau hatte seine Waffe aus dem Handschuhfach genommen und bedrohte ihn und seinen Sohn damit. Warum? Weil er ein Geburtstagsgeschenk vergessen hatte? Blödsinn! Ich ... ich brauche Hilfe. Bitte helfen Sie mir. Sie hatte es leise gesprochen, vorhin. Was für Hilfe meinte sie? Und warum bat sie ihn – gerade ihn?! Verdammt! Vince wusste nur eins: Sie tat ihm nicht gut. Das alles tat ihm nicht gut. Er würde heute mehr Pillen –
»Wir sollten jetzt langsam losfahren«, unterbrach sie seine Gedanken. »Der Junge hier hat Geburtstag. Er braucht ein Geschenk, Mr. Taxi.«
»Mein Vater heißt
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