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025 - Die Treppe ins Jenseits

025 - Die Treppe ins Jenseits

Titel: 025 - Die Treppe ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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    Das Entsetzen in ihren Augen wollte nicht
weichen. Sie stand auf der obersten der 172 Stufen, die steil in die Tiefe
führten. Die untersten waren so weit von ihr entfernt, dass sie diese kaum mehr
wahrnehmen konnte. Sie sah nur die schäumende Gischt, die diese untersten
umspülte. Kahl und schwarz ragten die steilen, spitzen Felsen aus dem Meer.
    Der Wind, der zwischen den Kreidefelsen
hindurchpfiff, zerrte an ihrem dünnen Gewand, das sie sich umgeworfen hatte.
Sie griff in das durchsichtige, seidige Gewebe und zog es fröstelnd über ihre
Schultern und ihren Kopf.
    Sie war allein, sie fühlte die Einsamkeit und
wollte sich umwenden, um in das dunkle Haus zurückzukehren, das wie eine
Festung hinter ihr aus dem Felsenboden emporwuchs. Doch sie fand nicht die
Kraft dazu. Die grünlich schimmernden Stufen und die gähnende Tiefe zogen sie
mit beinahe hypnotischer Gewalt an. Ihre nackten Füße berührten die kalten
Platten, doch sie fühlte die Kälte nicht.
    Ihre langen blonden Haare flatterten wie eine
Fahne an ihrem Kopf. Der Wind wurde stärker, pfiff heulend über das Meer hinweg
und jagte über die Terrasse, auf der sie stand, und die sie jetzt verließ.
Schritt für Schritt.
    Sie ging die schmalen, steilen Stufen hinab.
Die erste, die zweite – Angst ergriff sie. Die vierzehnte Stufe war es, sie
wusste genau, was sie dort erwartete, und doch ging sie weiter. Ihre blauen
Augen waren dabei weit geöffnet und starrten über das dunkle Meer, das sich wie
ein endloser Teppich vor ihr ausbreitete.
    172 Tritte in die Tiefe – niemand konnte die
Stufen alle gehen. Bei der vierzehnten würde es zu Ende sein; wie genau sie es
wusste! Die unheimlichen Treppen, die zum Meer hinunterführten, waren ihr Weg
in den Tod!
    Sie wusste darum, und sie konnte nicht
ausweichen. Mit magischer Gewalt zog es sie nach unten, Stufe für Stufe, es war
ihr, als ob eine lautlose Stimme sie rief, sie leite, sie verführe.
    »Komm«, raunte es in ihr. »Komm zu uns!«
    Die vierzehnte Stufe – noch zwei Schritte.
Ihr Blick senkte sich. Sie sah das große schwarze Kreuz, das auf die vierzehnte
Stufe gemalt war, und sie wusste, was es bedeutete. Sie wussten es alle, aber
niemand glaubte daran.
    Ihre Brust hob und senkte sich unter einem
tiefen Atemzug. Ein Schritt weiter – und noch ein Schritt! Ihre Füße berührten
die vierzehnte Treppenstufe nicht, es war, als ob eine unsichtbare Kraft sie im
selben Augenblick abstoße.
    Der Windstoß ergriff sie, wirbelte sie herum.
Sie verlor den Boden unter den Füßen. Das schwarze Meer, die schäumende Gischt,
die spitzen, kahlen Felsen kamen blitzschnell auf sie zu.
    Als das dünne Gewand um ihren hellen,
makellosen, mädchenhaften Körper zerriss, gellte ihr Schrei verloren durch die
rätselhafte Nacht.
    Die vierzehnte Stufe hatte ihr Opfer!
     

 
 
      Schweißgebadet richtete sie sich
auf.
    Ihre langen blonden Haare fielen wie flüssiges Gold auf ihre schlanken
Schultern.
    Eve Baynes griff mit zitternder Hand nach dem Schalter der Nachttischlampe.
Gedämpftes Licht leuchtete auf und riss die gewohnte Umgebung aus der stillen
Düsternis.
    Da war der Bücherschrank, die Sitzgruppe – neben ihrem Bett der Rollstuhl.
Auf dem Nachttisch lag aufgeschlagen ein Buch Erzählungen von Gerhart Hauptmann.
    Eve wischte ihre feuchten Hände an der Bettdecke ab.
    Sie hatte geträumt. Von der vierzehnten Stufe! Sie hatte sich selbst darauf
gesehen.
    Zitternd schlossen sich ihre Augenlider, und es dauerte eine geraume Weile,
ehe sich ihre Sinne von dem Traumgeschehen gelöst hatten, ehe sie die
Wirklichkeit wieder erfasste und sie sich beruhigte.
    Aber es war eine verhaltene, eine vorgetäuschte Ruhe. Immer wieder musste
sie an die Dinge denken, die sie eben noch im Traum gesehen hatte. Ein
unheimlicher, ein schaurig-schöner Traum.
    Das Kreuz auf der vierzehnten Stufe, wie oft hatte sie es schon in der
Wirklichkeit gesehen. Der Treppenaufgang zum Meer befand sich auf ihrem
Anwesen, auf dem fernen Landhaus an der Küste Englands. Sie war auf dieser
vierzehnten Stufe, deren Betreten man Unheil und Tod zuschrieb, schon gewesen.
Die Stufe hatte ihr nicht den Tod gebracht, aber das Unheil.
    Unwillkürlich gingen ihre Blicke über das blinkende Rohrgestell des
Rollstuhles. Nicht den Tod, aber Leid und Schmerz.
    Eve merkte, wie plötzlich eine unerklärliche Angst in ihr aufstieg, wie die
im Halbdunkel liegenden Wände ihres Zimmers langsam auf sie zuzurücken
schienen. Knarrte da nicht eine Tür?
    Ihre

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