Das Kapital (Gesamtausgabe)
unentbehrlichen Lebensmittel herzustellen, so könnte überhaupt weder von Mehrprodukt noch von Mehrwert die Rede sein. Eine über das individuelle Bedürfnis des Arbeiters hinausgehende Produktivität der agrikolen Arbeit ist die Basis aller Gesellschaft und ist vor allem die Basis der kapitalistischen Produktion, die 1233
DAS KAPITAL
einen immer wachsenden Teil der Gesellschaft von der Produktion der unmittelbaren Lebensmittel loslöst und sie, wie Steuart sagt, in free hands verwandelt, sie zur Exploitation in andren Sphären disponibel macht.
Was soll man aber zu neuem ökonomischen Schriftstellern wie Daire, Passy etc. sagen, welche am Lebens-abend der ganzen klassischen Ökonomie, ja am Sterbebett derselben, die ursprünglichsten Vorstellungen über die Naturbedingungen der Mehrarbeit und daher des Mehrwerts überhaupt wiederholen und damit etwas Neues und Schlagendes über die Grundrente vorzubringen glauben, nachdem diese Grundrente längst als eine besondre Form und ein spezifischer Teil des Mehrwerts entwickelt ist? Es charakterisiert eben die Vulgärökonomie, daß sie das, was in einer bestimmten überlebten Entwicklungsstufe neu, originell, tief und berechtigt war, zu einer Zeit wiederholt, wo es platt, abgestanden und falsch ist. Sie bekennt damit, daß sie auch nicht einmal eine Ahnung über die Probleme besitzt, die die klassische Ökonomie beschäftigt haben. Sie verwechselt sie mit Fragen, wie sie nur auf einem niedrigem Standpunkt der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft gestellt werden konnten. Ebenso verhält es sich mit ihrem rastlosen und selbstgefälligen Wiederkäuen der physiokratischen Sätze über den Freihandel. Diese Sätze haben längst alles und jedes theoretische Interesse verloren, sosehr sie diesen oder jenen Staat praktisch interessieren mögen.
Bei der eigentlichen Naturalwirtschaft, wo gar kein oder nur ein sehr unbedeutender Teil des agrikolen Produkts in den Zirkulationsprozeß eintritt und selbst nur ein relativ unbedeutender Teil des Teils des Produkts, der die Revenue des Grundeigentümers darstellt, wie z.B. auf vielen altrömischen Latifundien, wie auf den Villen Karls des Großen, und wie (sieh Vinçard, "Histoire du travail") mehr oder weniger während des ganzen Mittelalters, besteht das Produkt und das Mehrprodukt der großen Güter keineswegs bloß aus den Produkten der agrikolen Arbeit. Es umfaßt ebensowohl die Produkte der industriellen Arbeit. Häusliche Handwerks- und <795> Manufakturarbeit, als Nebenbetrieb des Ackerbaus, der die Basis bildet, ist die Bedingung der Produktionsweise, worauf diese Naturalwirtschaft beruht, im europäischen Altertum und Mittelalter sowohl wie noch heutzutage in der indischen Gemeinde, wo deren traditionelle Organisation noch nicht zerstört ist. Die kapitalistische Produktionsweise hebt diesen Zusammenhang völlig auf; ein Prozeß, den man im großen namentlich während des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts in England studieren kann. Köpfe, die in mehr oder minder halb feudalen Gesellschaften aufgewachsen waren, Herrenschwand z.B., betrachten noch Ende des 18. Jahrhunderts diese Trennung von Ackerbau und Manufaktur als tollkühnes gesellschaftliches Wagstück, als eine unbegreiflich riskierte Existenzweise. Und selbst in den Ackerbauwirtschaften des Altertums, die die meiste Analogie mit der kapitalistischen Landwirtschaft zeigen, in Karthago und Rom, ist die Ähnlichkeit größer mit der Plantagenwirtschaft als mit der der wirklich kapitalistischen Exploitationsweise entsprechenden Form. Eine formelle Analogie, die aber auch in allen wesentlichen Punkten durchaus als Täuschung erscheint für den, der die kapitalistische Produktionsweise begriffen hat und der nicht etwa wie Herr Mommsen in jeder Geldwirtschaft auch schon kapitalistische Produktionsweise entdeckt - eine formelle Analogie findet sich im Altertum im kontinentalen Italien überhaupt nicht, sondern nur etwa in Sizilien, weil dies als agrikoles Tributland für Rom existierte, der Ackerbau daher wesentlich auf den Export gerichtet war.
Hier finden sich Pächter im modernen Sinn.
Eine unrichtige Auffassung der Natur der Rente basiert auf dem Umstand, daß aus der Naturalwirtschaft des Mittelalters her, und ganz den Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise widersprechend, die Rente in Naturalform zum Teil in den Zehnten der Kirche, zum Teil als Kuriosität, durch alte Kontrakte verewigt, sich
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