Das Kind der Priesterin
denn bei dem ‚kleinen Projekt’, in das Sie mich verwickeln wollen? Wenn Sie mir die Frage gestatten.“
„Wir brauchen Ihre Hilfe, um an den Schlüssel eines bestimmten Computersystems heranzukommen“, erwiderte Ntebe.
„Mehr nicht?“ Ich sah von einem zum anderen. „Das ist alles, was Sie brauchen?“
„,Mehr nicht’, sagte er.“ Kraus blickte zum Himmel auf.
Und wahrhaftig, da oben war ein Regenbogen; ein zerbrechliches Banner der Schönheit entfaltete sich hinter dem von Wolken umschwebten Gipfel des Olympus Mons. Ich seufzte. „Kinderspiel.“ Ich sah Hana an und war schon im Begriff, ihr alles zu verzeihen. „Um welches System geht es?“
„Um das, das Khorram Kabirs internationale Kartellaktivitäten auf der Erde kontrolliert.“
„Von diesem Khorram Kabir hier?“ Ich deutete auf die parabolische Großartigkeit des Xanadu. „Kublai Khan?“
Sie nickte. „Ich glaube nicht, daß es mehr als einen gibt.“
„Liegt das nicht ein bißchen außerhalb Ihrer Linie? Das Anzapfen von Computern ist ein Verbrechen, wie man es auch ansieht. Ich dachte immer, die Spitzel-AG sei lediglich eine Ideenbank und würde sich zumindest technisch an die Gesetze halten.“
„Es gibt keine weißen Pferde, nur hellgraue.“ Sie verzog ironisch den Mund. „Sie könnten natürlich sagen, daß wir drei Doppelverdiener sind. Wir versuchen, für einen Kunden ein Problem zu lösen. Wie Sie vermutlich wissen, war Kabirs Vater einer der erfolgreichsten neureichen Industriellen in den arabischen Staaten der Vorkriegszeit. Im Chaos nach dem Dritten Weltkrieg kaufte er die Regierungen einer ganzen Reihe ‚unterentwickelter Länder’ auf, in denen es abbauwürdige Bodenschätze gab. Khorram hat sein Leben damit verbracht, das Weltreich seines Vaters zu konsolidieren; und mit den polizeistaatlichen Überwachungsmethoden, die seine Computernetze möglich machen, hat keines dieser Länder eine Chance, sich seiner Kontrolle zu entziehen, bevor die Bodenschätze ausgebeutet sind.“
„Doch wenn die Opposition in einem dieser Länder den Operationsschlüssel besäße, könnte sie buchstäblich innerhalb des Systems’ arbeiten, um eine Veränderung zu bewirken?“ Ich nickte, denn ich fing an zu begreifen, und sie nickten mit mir. „Aber wenn es Kabir ist, den Sie überlisten wollen, dann wüßte ich nicht, wie ich Ihnen helfen könnte.“
Ntebe beugte sich vor. „Das ist genau die faschistische Einstellung, die ich von einem Dolchstoßer erwartet hatte!“
Womit er mich zum dritten oder vierten Mal an diesem Nachmittag völlig verdutzte. Nicht, daß man mich früher noch nie als Dolchstoßer bezeichnet hätte – seit Rußland und China sich im Dritten Weltkrieg gegenseitig in radioaktive Asche verwandelt hatten und die Vereinigten Staaten daraus irgendwie unbeschädigt hervorgegangen waren, waren viele Leute vom „Yankee“ abgekommen und dazu übergegangen. Ich weiß nicht, ob diese Bezeichnung besser ist als die meisten Schimpfwörter, sah aber nicht ganz ein, was ich persönlich dazu getan hatte, um sie zu verdienen. „Sie sind ziemlich empfindlich, was, Ntebe? Ich meinte nur, daß alle zugänglichen Anschlüsse von Kabirs System sich auf der Erde befinden, und ich kann den Mars nicht verlassen … Ich weiß, Kabir lebt Gerüchten zufolge schon fast mein halbes Leben lang als Einsiedler hier auf dem Mars, und es wird auch behauptet, daß er sein Imperium immer noch persönlich leitet – ich nehme daher an, daß es da, wo er sich aufhält, zumindest einen Computeranschluß gibt. Aber kein Mensch weiß, wo er sich aufhält. Deshalb kann ich Ihnen nicht helfen.“
„Tut mir leid.“ Ntebe lehnte sich zurück und wischte seinen Helm ab, um den Eisfilm davon zu entfernen.
„Cephas hat Gründe, ein bißchen empfindlich zu sein“, meinte Hana leise. „Es handelt sich um sein Land. Er arbeitet nicht nur für FTI, er ist gleichzeitig unser Kunde … Und wir wissen, daß Khorram Kabir hier auf dem Mars einen Anschluß unterhält. Da dem so ist, spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß beide, Kabir und der Anschluß, sich hier in seinem geliebten Xanadu befinden.“
„Deshalb sind Sie also hier, um das herauszufinden, und dabei haben Sie mich bei meiner kleinen Vorstellung entdeckt.“
„Das muß Schicksal gewesen sein – Sie waren ein Geschenk der Götter.“ Sie lächelte.
„Das wage ich sehr zu bezweifeln.“ Schon eher ein Menschenopfer.
„He, laß uns tanzen!“ Ein lachendes Mädchen in einem
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