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Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Stockwerken drang dumpf Reggaemusik zu ihnen in den Kellerraum hinunter.
»Was ist das?«, fragte er verwundert.
»Das? Das ist unser Weckruf.«
Stern humpelte zur Tür des Kellerraumes. »Ich danke Ihnen sehr, dass Sie mir das entlastende Band gezeigt haben. Aber ich fürchte, Sie müssen sich jetzt die Schuhe ausziehen.«
»Warum das denn, um Himmels willen?« Brandmann sah aus, als hätte Stern ihm ein Glas Eiswasser in den Schritt gekippt.
Robert öffnete die Tür, und die karibischen Klänge wurden lauter.
»Weil jetzt der offi zielle Teil vorbei ist und ich ein Versprechen einlösen will.«
5.
D a bist du ja!«
Simon kam lachend durch die künstliche Strandlandschaft auf Robert zugestapft. Ein Dutzend Helfer einer Eventagentur hatte die ganze letzte Nacht dafür gebraucht, um den feinen Sand im gesamten Untergeschoss der Villa zu verteilen. Danach waren in Windeseile alle Wände und Fenster mit Südseemotiven abgeklebt und ein Heer an Kunstpalmen, Bananenblättern und Lichtfackeln in den Dünen verteilt worden. Sogar der mit Treibholz gefüllte Kamin wirkte jetzt wie eine Lagerfeuerstätte aus einem Robinson-CrusoeRoman.
Doch richtig perfekt wurde das Inselszenario erst durch die Strandbar aus echtem Bambusholz in der Mitte des ehemaligen Wohnzimmers, hinter der Borchert gerade alkoholfreie Cocktails mixte.
Stern verspürte auf einmal den Drang, fortzulaufen. In die Richtung, in die ihn seine dunklen Gedanken ziehen wollten. Irgendwohin, nur weg von diesem Ort, den er nicht mehr als seine Villa erkannte. Nicht wegen des Korallensandes und der Palmen, sondern weil sie von Klängen erfüllt war, die er in diesen Räumlichkeiten jahrelang nicht zugelassen hatte: Lachen. Musik. Freude. Er sah Simon, Carina, Borchert, Brandmann, Professor Müller und sogar seinen Vater. Alles bekannte Gesichter, alles Menschen, die er selbst eingeladen hatte, und dennoch waren sie ihm fremd. Dann, als Simon immer näher kam und der Drang zur Flucht unwiderstehlich wurde, geschah die schleichende Veränderung. Es war, als trage der Junge eine unsichtbare Fackel. Um ihn herum wurde es heller. Und Stern merkte erst jetzt,
wie sehr er den Jungen schon vermisst hatte. Als Simon schließlich vor ihm stand und ihn mit einer Ehrlichkeit anlächelte, zu der die meisten Erwachsenen gar nicht mehr fähig waren, verstand Robert zum ersten Mal, warum Carina ihn damals auf das Industriegelände bestellt hatte. Der Junge hatte nie seine Hilfe benötigt. Es war genau umgekehrt gewesen.
»Vielen Dank!«, lachte Simon, und für eine Sekunde verstummten die quälenden Fragen in Roberts Kopf. »Das ist toll, danke!«
Bei der Berührung seiner weichen Hand beschlich Stern die vage Vermutung, dass die Antworten, die er in den letzten Tagen gesucht hatte, womöglich gar nicht entscheidend waren. Und während er von dem Jungen zur Strandbar gezogen wurde, sah Robert zum ersten Mal, was seine geöffneten Augen bislang ignoriert hatten: Simon, Carina, die Zwillinge, er selbst. Sie alle hatten überlebt. Ein Kind an seiner Seite wurde nicht länger von unerklärlichen Mordphantasien gequält. Und konnte lachen, Eis essen, Lambada tanzen und sich für diesen Moment freuen, obwohl in seinem Kopf etwas viel Zerstörerischeres wütete als düstere Gedanken. Wenn er es kann, schaffe ich es vielleicht auch, hoffte Stern.
Nicht für immer. Nicht für lange Zeit. Aber vielleicht für heute. Für jetzt. Für diesen Moment.
Er lehnte sich an die Theke, nickte erst Borchert und dann Carina zu und freute sich, dass ihn seine Freunde auch ohne Worte verstanden – und ihm das Eis gaben, das er Simon versprochen hatte.
Die Feier dauerte über zwei Stunden, in denen erst das Lagerfeuer angezündet, dann ein Strand-Barbecue improvisiert und zuletzt getanzt wurde. Nachdem sich die größte Aufre gung wieder gelegt hatte, gesellte sich Stern zu Simon und Carina, die ihre Unterhaltung abrupt unterbrachen, als er sich neben sie in den Sand setzte.
»Na, worüber habt ihr gerade gelästert?«, fragte er. »Nichts«, antwortete Simon und grinste schelmisch. »Ich wollte nur nicht glauben, dass das wirklich dein Haus ist.« »Ja, da hat Carina ausnahmsweise einmal recht.« »Und hier wohnst du?«
»Wenn ich nicht gerade im Wohnwagen schlafen muss, dann ja.«
Stern warf Carina ein breites Lächeln zu, was sie ebenso großzügig erwiderte.
»Aber wo sind denn deine ganzen Möbel?«
»Ach, mach dir mal darum keine Gedanken«, lachte Carina, die nur zu gut wusste, dass Roberts Villa

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