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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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den ich Euch hierher bringe, als Euren Gefangenen.«
    Die letzten Worte überhörend oder auf sie kein Gewicht legend, fragte Pater Eustachius: »Und wo befindet sich Halbert jetzt?«
    »Das kann Euch bloß der Teufel sagen,« versetzte Christie, »denn meiner Meinung nach muß die ganze Sippe seines Namens vom Teufel besessen sein. Der Junge ist über dies und das, was mein Herr gesagt hat, aus Rand und Band geraten, ist aus dem Schloß ausgebrochen, ist über den See geschwommen wie eine wilde Ente und ist nicht wieder aufgebracht worden, trotzdem ihm mehrere unsrer Reisigen auf Tod und Leben nachgesetzt sind.«
    »Und warum hat ihm Euer Herr nachsetzen lassen? hat er was verbrochen?«
    »Meines Wissens nicht. Aber der Ritter von Avenel ist seit einigen Tagen schier wie von der Tarantel gestochen,« sagte Christie, »und möchte jeden fressen, der ihm in den Weg tritt.«
    »Edward,« fragte der Mönch jetzt den jüngern Glendinning, »wohin so eilig?«
    »Nach Corinnan-Shian, Vater!« versetzte der Jüngling. »Martin, Dan, wenn Ihr Männer seid, so nehmt Hacke und Spaten und folgt mir!«
    »Recht so,« sagte der Mönch, »und findet Ihr was, setzt uns sofort in Kenntnis.«
    »Ungesalzen will ich fressen, was Ihr findet,« rief Christie, »wenn Ihr was findet, das mit Halbert Aehnlichkeit hat! ... Aber da bringen meine Reisigen Euren Gefangnen. Von ihm hätt ich schon lange reden sollen, aber Euer Krakehl hat mich noch nicht zu Worte kommen lassen.«
    Zwei Avenel'sche Reisige ritten in den Hof, in der Mitte ein Klepper, auf dem der reformierte Prediger Heinrich Warden saß. »Mein Herr schickt Euch und Eurem Abt, um sich von böser Verleumdung zu reinigen, die ihn als Ketzer brandmarken möchte, den Mann, der mit seinen Predigten die Welt von oben zu unterst gekehrt hat. Ihr sollt mit ihm verfahren, wie es die heilige Kirche gebeut, und wie es Eure Ehrwürden und Seine Ehrwürden der Abt für recht und billig befinden werden.«
    Die Augen des Unterpriors leuchteten bei dieser Kunde, denn für das Kloster war es eine Sache von hoher Wichtigkeit, einen Mann in Haft zu nehmen, der von so hohem Eifer für den neuen Glauben beseelt war, daß er die römische Kirche nicht allein aufs tiefste geschädigt hatte, sondern seit langem und noch immer in Schrecken hielt.
    Für das Verständnis der in diese Erzählung verwobenen Charaktere ist es hier notwendig, zu erwähnen, daß die römische Kirche in dem Königreiche Schottland in ihren letzten Zügen lag, daß in vielen Städten die Klöster schon durch den Pöbel niedergerissen worden waren und die reformierten Barone sich allerorten im Lande an klösterlichem Gut zu bereichern liebten. Das Kloster Kennaqhueir erfreute sich nun aber des besonderen Schutzes der mächtigen Grafen von Northumberland und Westmoreland, und war zufolgedessen noch immer im stande gewesen, all seine Gerechtsame aufrecht zu erhalten und für das Ansehen seiner Kirche als streitende Macht aufzutreten.
    Zu den eifrigsten Predigern der Gegenkirche hatte nun Heinrich Warden, seitdem er aus dem Kloster geflohen war, in das er seinerzeit zusammen mit dem Prior Eustachius als Novize eingetreten war, gegolten, und nun lieferte der Zufall ihn als Gefangenen in dasselbe Kloster, zu einer Zeit, da sein einstiger Schulkamerad dort die Stelle eines Unterpriors bekleidete und in allem als die rechte Hand, in nicht wenigem als die eigentliche Seele seines Abtes galt. Heinrich Warden hatte in dem Feuereifer, der ihn beseelte, die Grenzen seiner Glaubenspartei eingeräumten Rechte überschritten und sich mit dem Staate und dem Gerichte in Konflikt gesetzt. Zufolgedessen war er aus Edinburg geflohen, hatte aber von Lord James Stuart, nachmals als Graf von Murray berühmt, Empfehlungen an verschiedne Grenzhäuptlinge, darunter an Julian von Avenel, mit auf den Weg bekommen, und diese hatten sich heimlich verschworen, ihn sicher nach England hinüber zu schaffen. Julian von Avenel hatte sich ohne Bedenken mit beiden Parteien eingelassen, würde sich aber, so schlimmen Sinnes er sonst war, nichts gegen einen ihm von so hoher Seite empfohlenen Gast herausgenommen haben, hätte derselbe sich nicht in solcher, wie ihm es schien, maßlos zudringlichen Weise in seine häuslichen Verhältnisse gemischt. Anstatt nun aber gegen Warden in seinem eignen Schlosse Gewalt zu üben, hatte er, mit der ihm eigenen Arglist, den Plan geschmiedet, ihn an das Liebfrauenkloster auszuliefern, um nicht allein ihm die Befriedigung seiner

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