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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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Rachsucht zu überlassen, sondern sich dort auch einen Anspruch auf Belohnung zu sichern, sei es in Geld, sei es in Abtretung von Klosterland gegen geringen Erbzins, der damals üblichen Weise, die Klöster ihres weltlichen Besitzes zu entkleiden.
    Als nun der Unterprior so unerwartet den unbeugsamen Feind der Kirche seinen Händen überantwortet sah, war seine erste Regung, die Erwartung aller Freunde der Kirche, die sich mit solchem Vorgange verknüpften, dadurch zu erfüllen, daß er die Ketzerei in dem Blute eines ihrer tätigsten Bekenner erstickte.
    »Räumt das Gemach,« befahl er den Anwesenden,»bloß die zur Bewachung des Gefangenen notwendigen Leute sollen hier bleiben – und dann bringt mir den Mann Herein!«
    Außer Christie von Clinthill, der selbst die Wache zu übernehmen erklärte, verließen alle den Raum. Antlitz in Antlitz standen sich nun die beiden Nebenbuhler gegenüber: der Mönch im Begriff, mit äußerster Gefahr für sich und seine Brüderschaft ein Werk zu tun, das er in seiner Unwissenheit für seine Pflicht erachtete; der Prediger, von besserer Einsicht erfüllt, sich für die Sache des Herrn jeglicher Strafe zu unterziehen, nötigenfalls seine Sendung mit seinem Blute zu besiegeln. Also gerüstet zu dem geistigen Kampfe, einer den andern mit den Blicken durchdringend, in der Hoffnung, einen Riß oder Mangel in der Rüstung des Gegners zu entdecken, näherten sie sich einander. Aber während sie sich mit den Blicken maßen, fingen doch langsam alte Erinnerungen an, sich in ihren Herzen zu regen. Von der Stirn, des Mönches wich langsam die Strenge und Unversöhnlichkeit, und von Wardens Antlitz der verhaltene Trotz, und auf einen Moment streiften sie die düstre Feierlichkeit des Wesens von sich. Sie hatten zusammen eine Universität im Auslande besucht, waren dort treue Freunde gewesen, hatten sich geholfen in mancher Zeit der Bedrängnis. Dann hatten sie sich auf lange Zeit trennen müssen. Warden hatte um seiner Sicherheit willen, der Mönch der gemeinen Klostersitte gemäß, den bürgerlichen Namen abgelegt, und so war es gekommen, daß sie sich in den feindlichen Rollen in dem großen politischen Drama, das sich zu ihrer Lebenszeit in Schottland abspielte nicht wiedererkannt hatten. Allein jetzt rief der Mönch: »Henry Wellwood!« und der Prediger: »William Allan!« und ergriffen von den alten vertrauten Klängen, ergriffen von den unvergeßlichen Erinnerungen gemeinsamer Jugenderlebnisse, gemeinsamer Studien, reichten sie sich auf einen Augenblick die Hände und blickten einander ins Herz.
    »Nehmt ihm die Fesseln ab!« sprach der Mönch und half dem Reisigen eigenhändig bei dieser Arbeit.
    Aber als sie im andern Augenblick zum Bewußtsein der Rollen, die ihnen vom Schicksal zuerteilt worden waren, kamen, da ließ jeder die Hand des andern los und trat von dem andern hinweg. Und jeder maß wieder den andern mit den kalten Blicken des Widersachers.
    »Ist dies die Grenze von Wellwoods Laufbahn?« hub der Unterprior an, »ist dies das Ende der rastlosen Tätigkeit, der unerschrocknen Wahrheitsliebe, die die Forschung bis auf die Spitze trieb? die den Himmel stürmen zu wollen schien? Mußten wir uns darum in den besten Jahren der Jugend kennen und lieben, um uns im Alter als Richter und Beklagter gegenüberzustehen?«
    »Nicht so, William Allan, begegnen wir uns wieder,« versetzte Warden, »sondern als irregeführter Tyrann und als demütiges Schlachtopfer. Auch ich frage nun: sind dies die Früchte jener herrlichen Hoffnungen auf William Allans klassische Bildung, scharfe Verstandeskräfte und unschätzbare Kenntnisse, daß er sich erniedrigen mußte zum nutzlosen Einsiedler, vor dem Pöbel beehrt mit dem hohen Auftrage, Roms Bosheit an Roms Widersachern zu üben?«
    »Nicht Dir,« wiederholte der Mönch, »noch sonst einem Sterblichen, des sei versichert, will ich Rechenschaft geben von der Gewalt, mit der die heilige Kirche mich bekleidet hat, die mir verliehen von ihr wurde als ein Pfand zu ihrem Heile. Und zu ihrem Heile soll diese Gewalt jeder Gefahr zum Trotz angewendet werden, ohne Furcht und ohne Nachsicht!«
    »Von Deinem mißleiteten Eifer habe ich Geringeres nicht erwartet,« antwortete der Prediger, »und in mir habt Ihr jemand gefunden, gegen den Ihr Euer Ansehen furchtlos geltend machen könnt, mit der Sicherheit, daß wenigstens sein Geist Eurem Einfluß Trotz bieten wird, gleich dem Schnee auf dem Mont-Blanc, der auch nicht schmilzt in der Hitze des Sommers, und

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