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Das Knistern in den Sternen: Roman (German Edition)

Das Knistern in den Sternen: Roman (German Edition)

Titel: Das Knistern in den Sternen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson
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kann.

Hättest du die Freundlichkeit, mich umzubringen?
    Nach diesen drei Wochen schwört Urgroßvater bei Gott, dem Andenken seiner Eltern und seines Bruders, den Guttemplern beizutreten und den Alkohol für den Rest seines Lebens zu verdammen. Und tatsächlich bemüht er sich, sein Gelübde zu halten. Ein ganzer Winter vergeht, ohne dass er einen Tropfen anrührt. Erst im darauffolgenden Sommer tragen ihn seine Füße erneut zum Hotel Island, und dort trifft er auf einen Engländer.
    Dieser Brite ist in nordischer Mythologie und den Isländersagas wohl bewandert. Auf der Suche nach heiterem Himmel wie in alten Zeiten und nach Heidentum ist er nach Island gekommen, einem Land, das von Recken und Walküren besiedelt wurde; doch stattdessen landete er an einem Ort, der weder Stadt noch Dorf war, weder Gegenwart noch Vergangenheit kannte und keineswegs von Recken bewohnt wurde, sondern von niedergedrückten, depressiven Menschen. Ein Ort, der solchermaßen vor Dreck starrte, dass er seinen ursprünglichen Plan, Pferde, Zelte und einen Führer zu mieten und mit ihm über Land zu reiten, die Berge und uralte Sagas in sich aufzunehmen, verwarf und sich lieber in der Kajüte des Hotels Island voll laufen ließ.
    Wir schreiben den Sommer des Jahres 1905, es ist ein warmer Tag, und Urgroßvater sagt zu sich selbst: »Es kann doch nicht schaden, sich mit einem Bierchen etwas Kühlung zu verschaffen.«
    Aus dem einen Bier wird ein viertägiges Whisky-Gelage mit diesem dicklichen Engländer im Tweedanzug, mit rot geschwollenem Gesicht, dünnem Haar und dickem Schnauzbart. Er redet viel, und Urgroßvater versteht vielleicht ein Drittel von dem, was er sagt, aber jedenfalls genug, um zu begreifen, dass der Mann von Adel ist, ein großes Gehöft oder gar ein Schloss auf dem Lande besitzt und eine weitläufige Stadtwohnung in London. Er ist mit einer Baronesse verheiratet, und sie haben vier erwachsene Kinder, doch er und seine Frau haben sich auseinander gelebt und er schämt sich seines Nachwuchses, ja verachtet ihn sogar. Über dem Leben dieses Mannes scheint eine dunkle Wolke zu hängen, er hat eine geringe Meinung von England und der Welt überhaupt, das Meer kommt ihm unbedeutend vor und der Mensch ebenfalls. Dagegen hält er enorm große
    Stücke auf die Njäls saga. Ihr Kosmos hat ihm über Jahrzehnte hinweg in einer ereignisarmen, grauen und tristen Welt Zuflucht geboten. Jetzt aber ist er es leid geworden, in ihr zu lesen. Das hat er an dem Tag festgestellt, an dem er in seinem Hotelzimmer beschlossen hat, den Ritt übers Land abzublasen. Es war ein ungeheurer Verlust, damit verlor er seine letzte Rückzugsmöglichkeit, die allerletzte, und jetzt sieht er keinen anderen Ausweg mehr als den endgültigen.
    »Den endgültigen«, wiederholt er und blickt Urgroßvater fest ins Auge. »Du weißt, was das bedeutet?«
    Sie sehen sich lange an, dann nickt Urgroßvater mit dem Kopf.
    Der Engländer: »Hättest du die Freundlichkeit, mich umzubringen?«
    Es ist am vierten Tag ihres Gelages. Vier ganze Tage mit wenig Schlaf und wenig Essen. So manches in ihren Schädeln ist ins Schwimmen gekommen. Die Naturgesetze sind ein wenig durcheinander geraten, überhaupt ist alles ziemlich verworren, oder mit anderen Worten: Urgroßvater hat wenig Einwände gegen das Ansinnen des Engländers. Ja, wenn er die Sache näher bedenkt, überrascht es ihn fast mehr, dass dieser Fremde überhaupt der Erste ist, der ihn darum bittet, sich von ihm töten zu lassen. Urgroßvater stimmt zu, sie besiegeln die Sache per Handschlag und setzen zusätzlich ein Dokument auf, das zwei weitere Gäste als Zeugen unterschreiben, dann machen sie sich auf den Weg. Auf der Suche nach einer Pistole stromern sie zwischen den Häusern umher, draußen ist es stürmisch, ziemlich kühl, und ein Schauer nach dem anderen geht nieder.

4
    Zu meiner großen Verwunderung kommen die Angehörigen der Frau am Morgen nicht aus dem Schlafzimmer meines Vaters, sondern hocken in einem kleinen Felsbrocken, den der Tag von sich gibt wie einen Ausruf des Erstaunens. Super, denke ich.
    Ich knie gerade auf dem Waschtisch, um besser aus dem Fenster gucken zu können, da entdecke ich den Felsbrocken auf dem Parkplatz, und mein Entzücken macht einen solchen Satz in mir, dass ich mich am Wasserhahn festhalten muss, um nicht abzustürzen. Super duper! Sie kommen als kleiner Gesteinsbrocken aus einer anderen Welt angerollt! Auch die Frau schaut aus dem Fenster, nur Papa sitzt gerade im

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