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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Silas.«
    »Silas! Sicher, ich erinnere mich an Sie«, log Douglas. »Vergeben Sie mir. Ja, natürlich, jetzt, wo ich mich Ihrer entsinne ...«
    »’türlich. Ich war damals noch viel jünger, und Sie waren immer fort – zur Schule und zur Universität und was weiß ich nicht alles, wohin.« Der Gastwirt wischte sich die Hände am Handtuch ab, das er sich um die Hüfte gebunden hatte, und strich es glatt, als ob er auf diese Weise die Angelegenheit zum Abschluss bringen könnte. »Das waren schöne Zeiten.«
    »Ja, ja«, stimmte Douglas ihm zu; er bemühte sich dabei um einen liebenswürdigen Tonfall. Ihm wurde bewusst, dass die anderen Gäste sie beide beobachteten. Und daher empfand er nun tatsächlich Erleichterung, dass der Pub nicht besser besucht war. »Wirklich schöne Zeiten.«
    »Entschuldigen Sie bitte meine Neugier, Sir«, sagte Cumberbatch und beugte sich noch weiter über den Tisch. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht – es gibt da etwas, das ich schon immer habe wissen wollen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn ich Ihnen eine Frage stellen dürfte.«
    »Ich würde mich freuen, wenn ich helfen könnte, Silas. Worum geht es?«
    »Hat man jemals den Menschen gefunden, der Ihren Vater ermordet hat?«
    Um sich selbst eine kurze Zeitspanne zum Nachdenken zu verschaffen, trank Douglas einen Schluck von seinem Ale und stellte das Glas bedächtig auf den Tisch zurück. Dann erst antwortete er: »Es tut mir leid, sagen zu müssen, dass sie den Täter niemals gefunden haben.«
    »Oje, oje.« Cumberbatch schüttelte seinen Kopf. »Das ist wirklich schade. Hatten sie denn niemals zumindest einen Verdächtigen?«
    »Verdächtige – das ja«, erwiderte Douglas. »Doch es gab niemals mehr als bloße Verdachtsmomente. Das Urteil des Untersuchungsrichters zum Zeitpunkt der Nachforschungen lautete: ›Ungesetzliche Tötung durch eine oder mehrere unbekannte Personen.‹ Ich befürchte, dass es wahrscheinlich ein unaufgeklärtes Geheimnis bleiben wird, nachdem nun so viel Zeit verstrichen ist.«
    »Ach du meine Güte«, seufzte Cumberbatch. »Das ist eine Schande – ja, das ist es. Er war so ein guter Mann, Euer Vater: ein sehr netter Bursche, wenn ich das so sagen darf. Ein verlässlicher und ehrenwerter Mann. Er hat mich stets gut behandelt; und das ist eine Tatsache ... ja wirklich.«
    »Ja, nun ... Wie Sie sagen, es ist alles vor langer Zeit passiert. Vielleicht vergisst man es am besten.«
    »Kein Zweifel, Sir. Ich stimme Ihnen darin zu.« Cumberbatchs Miene hellte sich ein weiteres Mal auf. »Aber es ist gut, Sie zu sehen, Mr. Flinders-Petrie. Darf ich Ihnen jetzt ein weiteres Glas bringen?«
    »Danke schön. Aber nein, ich –«
    »Das geht aufs Haus, Sir. Um der alten Zeiten willen. Es würde mich ungemein freuen.«
    »Also gut dann. Danke schön, Silas. Das würde mich auch freuen.«
    »Kommt sofort, Sir.«
    Der Gastwirt schwirrte ab, um das Bier zu zapfen. Douglas zog aus seiner Weste die Taschenuhr hervor und klappte sie auf. Es war halb zehn. Noch eine Stunde, und er würde sich auf den Weg machen. Bis dahin hatte er einen warmen Platz, um zu warten und zu beobachten. Der Gastwirt kehrte mit einem Bierglas zurück und ließ Douglas nach einer weiteren, diesmal kurzen Unterhaltung allein, sodass er nun in Ruhe das Ale trinken und sein Essen verzehren konnte.
    Es war schon nach halb elf, als er sich schließlich erhob. Dem Wirt versprach er, wieder hierherzukommen, wenn er das nächste Mal in der Gegend sein würde, bevor er seinen schwarzen Umhang vom Garderobenständer nahm und in den Nebel und Nieselregen hinausging. Das schlechte Wetter war perfekt für seine Absichten: Eine trübe Nacht bedeutete, dass weniger Leute umhergingen, die irgendein besonderes Kommen und Gehen bemerken konnten. Die Gaslampen zischten und flackerten – die bleichen Kugeln waren kaum in der Lage, Lichtschneisen in den alles durchdringenden Nebel zu schneiden. Perfekt.
    Er lächelte vor sich hin, während er bis zur nächsten Straßenecke spazierte. Dort bog er in die Montague Street ein und schritt weiter das Museum entlang auf die Stelle zu, wo der Weg für die Bediensteten und Lieferanten in die Straße an der Hinterseite des Gebäudes mündete. Als er diese Stelle erreicht hatte, verweilte er kurz, um ein letztes Mal die Straße zu beobachten. Eine einsame, nach vorne hin offene Kutsche, ein sogenanntes Hansom-Taxi, entfernte sich klappernd in die entgegengesetzte Richtung; und zwei Männer mit Zylinderhüten schwankten vorüber

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