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Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis (Hrsg)
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zuzustürzen. Da schrillte ihr etwas in den Ohren, und die Szene erstarrte. Saura machte sich klar, daß Verie von der Herdplatte gefallen war und jetzt auf ihr lag.
    »Halt!« rief jemand.
    Saura sah sich um und versuchte festzustellen, was geschehen war. King lag vor ihr auf dem Boden, und ein dunkler Fleck breitete sich auf seinem Rücken aus, während die anderen stumm und starr hinter ihm standen.
    »Wessen Haus ist das?« fragte jemand hinter ihr.
    Saura drehte sich um und sah den Fragenden an. Er war ein völlig Fremder. Abgesehen von seinem kurzgeschnittenen Haar unterschied er sich kaum von den anderen; er war nur etwas sauberer. Er hatte einen ge spannten Bogen in der Hand, dessen Pfeil auf die Ban de gerichtet war. »Es gehört uns«, sagte sie. »Diese Män ner sind heute morgen gekommen und haben unser Schwein getötet und Weed, Veries Vater.«
    Der Mann sah die anderen an und sagte nach kur zem Schweigen: »Dann verschwindet hier. Ich will heute nacht im Trockenen schlafen, ohne daß ich um mein Leben fürchten muß.«
    Die Männer knurrten und machten Anstalten, Kings Messer aufzuheben.
    »Die Warfen bleiben hier«, befahl der Mann. »Und da ihr gerade dabei seid, zieht ihr ihn noch gleich aus und laßt seine Kleider hier.«
    Saura beobachtete die Männer, in deren Gesichtern der Haß stand und auch ein Anflug von Furcht. Der Aufenthalt im Freien in einer kalten, regnerischen Nacht ohne Messer, mit dem sich Feuerholz schneiden ließ, war unangenehm und gefährlich. Saura bemerkte auch die Überlegenheit und Ruhe des Mannes, der das Kommando an sich gerissen hatte. Sie fürchtete sich ein wenig vor ihm. Er hatte King getötet und jagte jetzt die Bande ganz allein davon. Sie hatte die Männer nicht in den Griff bekommen können; wie konnte sie dann hoffen, ihn zu lenken? Sie drückte Verie an sich und wandte sich an den Fremden: »Darf ich sie in den Schlafraum bringen?«
    Er nickte und gab ihr den Weg frei. Saura richtete sich auf, legte den Arm um Verie und ging mit ihr in die Schlafkammer im Schuppen. In der Mitte des Raumes stand ein großes Bett mit schweren Wolldecken. Saura legte Verie auf das Bett und schlug die Decken zurück. Dann untersuchte sie die Füße ihrer Tochter. Sauras Hände zitterten ein wenig, als ihre Finger über das rohe Fleisch strichen. Sie beugte sich vor, küßte die Fußsohlen und kniff die Augen zusammen, um ihre Tränen zurückzuhalten. Mein armes Kind! klagte sie lautlos. Sie schob die Füße unter ihre Bluse und drückte sie sich zum Kühlen an die Brust. Mein armes Kleines! Die Füße fühlten sich rauh und heiß an auf ihrer Haut.
    »Wenn ich euch morgen noch hier erwische, bringe ich euch um«, hörte sie den Mann im anderen Raum sagen. Dann war das öffnen der Tür zu hören und das Knarren der Bodendielen, als die Männer hinausgingen.
    »Aber wir holen uns doch den Tod«, hörte sie Jay flehen.
    »Dann marschiert«, erwiderte der Mann.
    Schließlich hörte sie Knifeson vom Rande des Ho fes rufen: »Wir kommen wieder!«, und die Angst lag ihr wie ein Klumpen im Magen. Sie legte Veries Füße auf das Bett und deckte sie zu. Saura beugte sich über das Gesicht ihrer Tochter und küßte sie auf die Lippen. Dann wandte sie sich um und ging in den anderen Raum zurück.
    Aber der Mann war nicht da. Sie trat in die Tür. Es hatte zu schneien begonnen, und eine dünne Schnee schicht bedeckte den Boden. Der Mann band sein Pferd im geschützten Winkel zwischen Schuppen und Haus fest. Saura fragte sich, warum er es nicht mit herein brachte. Wußte er denn nicht, daß die Wölfe das Blut des Toten im Hofe wittern und bestimmt auch sein Pferd anfallen würden? Sie sah zu, wie er den Sattel abnahm und ihn dicht an der Hauswand absetzte, wo er vor dem Schnee geschützt war. Er nahm die Satteldec ke und seinen Köcher, brachte sie ins Haus und setzte sie auf dem Regal neben der Tür ab. Dann wandte er sich Saura zu.
    »Ich heiße Saura«, sagte sie, ehe er etwas sagen konnte, »und das Mädchen heißt Verie und ist meine Tochter. Vielen Dank, daß Sie die Bande verjagt ha ben. Sie ist noch nie mit einem Mann zusammengewesen.«
    Er runzelte die Stirn. Sie fragte sich, ob er vielleicht Interesse hatte. Sie hatte schon zu überlegen begonnen, wie sie ihn zum Bleiben bringen konnte, aber sie war sich noch nicht im klaren darüber, ob er auch der richtige Mann war. Sie wollte niemanden im Haus haben, der in einem zu langen Winter entweder sie oder Verie als Nahrung mißbrauchte.
    »Ich

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