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Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis (Hrsg)
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ihn jemand dabei beobachtete; er schien nur das Wissen zu genießen, daß nach ihm niemand Freude an dem Knochen haben würde. Saura begann ihn in diesem Augenblick zu hassen und fürchtete ihn zugleich mehr denn je. Sie nahm Kings Knochen für sich und gab Verie die anderen beiden. Das übriggebliebene Fleisch war kalt und roh, aber sie hatte seit dem Morgen nichts mehr gegessen, und es war besser als gar nichts.
    Wie kann ich King dazu bringen, sich für Verie zu interessieren? überlegte sie. Nachdem die Männer nun geschlafen und gegessen hatten, kamen sie, wenn sie sich nicht noch einmal schlafen legten, bestimmt bald auf andere Gedanken. Sie fragte sich, wie Verie damit fertig werden würde. Wenn sie sich wehrte, mochte es um so schlimmer für sie werden. Sie hoffte, daß die Bande sie nicht foltern würde. Ihr fielen die Gebete wieder ein, und für den Fall, daß es tatsächlich etwas nützte, sagte sie sich lautlos ein Gebet auf.
    »Jetzt Musik!« unterbrach King ihre Gedanken.
    Knifeson ließ den Knochen fallen, an dem er gerade nagte, und drückte ihn mit dem Absatz in den Boden. Dann wandte er sich zu Saura und Verie um. »Ja«, sag te er grinsend.
    »Sing uns etwas«, sagte King und deutete mit einem Rippenknochen auf Saura. »Du kennst sicher noch die alten Lieder. Ich mag die alten Lieder.«
    »Ich kenne nur eins«, sagte Saura. Verie sah sie an, und Saura sah, daß sie sich zu fürchten begann.
    »Dann sing’s uns!« befahl King.
    Das Lied hatte Saura verschiedentlich von ihrer Mutter gehört. Die Worte ergaben keinen Sinn, aber sie vermutete, daß sie in der guten alten Zeit etwas bedeu tet hatten. Sie begann zu singen: »Buu-pop, a-luu-pop, sa-buum-pop, a-luu-pop.« Und immer wieder dieselben Worte, wie ihre Mutter sie gesungen hatte.
    »Moment!« befahl King. »Das ist ein gutes Lied zum Tanzen!« Er deutete mit einem Rippenknochen auf Verie. »Du tanzt.«
    Verie sah ihre Mutter an. »Aber ich kann doch gar nicht tanzen.«
    »Du kannst nicht?« King verzog ungläubig das Gesicht. »Wir bringen’s dir bei«, sagte er. Die Männer lachten, und Sauras Hoffnung, Verie vor dem Kommenden zu bewahren, schwanden. King schien sich nicht besonders für Verie zu interessieren.
    »Steh auf«, sagte King.
    Wieder blickte Verie zu ihrer Mutter hinüber. Saura nickte und sah auf den Knochen in ihrer Hand hinab. Was konnte sie sagen? Verie würde es früh genug selbst erleben.
    Verie stand auf.
    »Heb den rechten Fuß.« Verie gehorchte. »Den rechten Fuß, den linken. Rechts, links, rechts. Sing!«
    Saura sang: »Buu-pop, a-luu-pop, sa-buum-pop, a-luu-pop.«
    Die Männer sangen im Chor: »Links, rechts, links, rechts!« Sie wurden dabei immer schneller.
    Plötzlich hielt Verie inne. »Ich kann nicht so schnell«, sagte sie störrisch.
    »Ich werd dich lehren!« knurrte Knifeson und sprang auf. King lächelte, während die anderen laut lachten.
    Saura erkannte, daß es keine Hoffnung mehr gab, Verie nur King zuzuspielen. Er interessierte sich nicht für das Mädchen. Sie mußte es trotzdem versuchen. »Wartet, sie hat noch nicht …«
    Knifeson versetzte ihr einen Tritt. »Halt’s Maul!« knurrte er.
    Saura versuchte dem Tritt auszuweichen, aber der Fuß streifte sie noch am Kopf und ließ sie zu Boden gehen. Sie lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken wieder zu ordnen.
    »Gut denn!« höhnte er. Er hob Verie auf die Herdplatte und sagte: »Los, weitertanzen!«
    »Rechts, links, rechts, links, rechts, links«, sangen die Männer und klatschten im Takt in die Hände. Saura verstand überhaupt nicht, warum die Männer das Mädchen quälen wollten. Mit der Ausnahme Knifesons schien keiner besonders bösartig veranlagt zu sein, und King war der Anführer. Warum ließ er sie gewähren? Was konnte sie nur tun?
    »Sing!« rief ihr Knifeson zu.
    »Buu-pop, a-luu-pop, sa-buum-pop, a-luu-pop«, sang Saura im Takt des Klatschens.
    »Lauter!« brüllte Knifeson.
    »Buu-pop, a-luu-pop, sa-buu-pop, a-luu-pop.«
    »Rechts, links, rechts, links!« Immer schneller wur de der Gesang. »Rechts, links, rechts, links, rechtslinksrechtslinks.«
    Saura sang weiter, aber die Worte gingen unter, und sie sah auch die Männer nicht mehr. Ein Dröhnen erfüllte ihren Kopf, das ihr zuzuschreien schien: Warum tun sie das, warum greift Gott nicht ein, warum hilft uns niemand? Und dann fiel ihr etwas auf den Kopf, und sie sank zu Boden.
    »Bringt ihn um!« hörte sie jemanden knurren, und alle Männer schienen auf sie

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