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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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sich in gleicher Münze zu revanchieren. Dann ließ ihm jedoch Duun diesen Sieg und streckte sich vor dem Feuer rücklings auf dem Sand aus. Sein Bauch zuckte vor Lachen, einem Lachen, das nicht nur reflexhaft war wie das Dorns. An Hals oder Bauch berührt zu werden, verstieß gegen seine Instinkte. Eine Ahnung von Gefahr lag in solcher Selbstvergessenheit.
    Aber ein Kind mußte manchmal gewinnen. Und manchmal verlieren. In beidem lag Kraft.
     
    »Folge mir, folge mir!« drängte er das Kind und blickte bergabwärts. Der Abhang stellte die kleinen Beine auf eine harte Probe, und Duuns Schritte waren lang. Dorn stand breitbeinig da, die Arme herabhängend, und stolperte dann mit wackligen Knien ein paar Schritte weit. »Klettere weiter!« sagte Duun. »Du kannst es.«
    Wieder ein paar Schritte. Dorn fiel hin und heulte, ein schwaches, atemloses Schluchzen. »Ich kann nicht!«
    »Du hast noch genug Luft, um zu heulen, also reicht sie auch noch, um aufzustehen. Komm schon! Auf! Soll ich mich denn schämen?«
    »Ich hab mir am Knie weh getan!« Dorn setzte sich auf, umklammerte das Knie und wiegte es hin und her.
    »Ich habe mir einmal die Hand weh getan. Steh auf und komm weiter! Jemand verfolgt uns!«
    Dorn holte tief Luft und blickte den Weg zurück, hickste dabei immer noch.
    »Vielleicht frißt er uns«, überlegte Duun. »Steh auf und komm!«
    Dorn ließ das gerötete Knie los. Er kämpfte sich hoch und tapste verzweifelt weiter.
    »Ich habe gelogen«, gestand Duun. »Aber du auch. Du konntest nämlich doch wieder aufstehen. Und jetzt komm!«
    Dorn schluchzte und schniefte. Heulte vor Wut. Aber er ging weiter. Duun machte jetzt kürzere Schritte, als käme auch ihm der Weg jetzt steiler vor.
     
    »Noch einmal.« Duun reichte Dorn einen weiteren kleinen Stein. Dorn warf. Er traf einen Felsen, nicht mehr so hoch an den Klippen wie vorher. »Nicht sonderlich gut. Noch mal!«
    »Mach du es!«
    Duun warf. Der Stein stieg hoch in die Luft und traf dicht am oberen Rand der steilen Felsflanke auf. Das Kind riß bestürzt den Mund auf.
    »Da siehst du, was ich schaffe«, sagte Duun. »Mach es mir nach!«
    »Das kann ich nicht!«
    »Ich höre schlecht. Jemand sagte, er könne nicht!«
    Dorn hob einen Stein auf. Tränen stiegen ihm in die Augen. Er warf. Der Stein beschrieb eine schmählich schiefe Bahn und verlor sich zwischen den Felsen am Fuß der Klippe.
    »Ah, ich habe dir Angst gemacht. Dorn hat Angst! Ich höre wieder kann nicht! «
    »Ich hasse dich!«
    »Dann wirf nach mir! Ich stehe näher. Vielleicht kannst du mich treffen.« Duun reichte Dorn wieder einen Stein.
    Dorns Gesicht war gerötet. Die Augen tränten und die Lippen bebten. Er schleuderte den Stein aber an die Klippe.
    So, so.
    »Das war deine bislang höchste Marke«, stellte Duun fest.

DRITTES KAPITEL
    Die Meds kamen wieder zu Besuch. Ellud begleitete sie.
    »Ellud«, begrüßte ihn Duun.
    »Du siehst gut aus«, meinte Ellud, nachdem er ihn forschend betrachtet hatte. Er warf einen verstohlenen Blick auf Dorn, der im Hauptsaal des Hauses stand und nicht von der Stelle wich, dort, wo die verhaßten Meds ihre unangenehmen Maßnahmen vorbereiteten. Dorn machte ein finsteres Gesicht. Die Sonne hatte seine nackte Haut in ein goldenes Braun verwandelt. Sein Haar, das Duun auf eine Länge schnitt, bei der es sich nicht in Zweigen verfing und Dorn bei der Arbeit nicht die Sicht behinderte, war sauber und von glänzender Erdfarbe. Dorns Augen zeigten ebensoviel Weiß wie Blau. Seine Nase stand jetzt weiter hervor, und die Zähne waren stark, wenn auch stumpf. Er stand reglos da. Seine kleinen rundlichen Ohren waren unbeweglich. Nur das regelmäßige Blähen der Nasenlöcher verriet seine Abneigung.
    »Dorn«, sagte Duun. »Komm her! Dies ist Ellud. Sei höflich, Dorn.«
    »Ist er ein Med?« erkundigte sich Dorn argwöhnisch.
    Elluds Ohren sanken herab. Ein Felsen, der ihn mit klaren Worten angesprochen hätte, hätte ihn nicht weniger schockiert. Er sah Duun an, sagte aber nichts.
    »Nein«, antwortete Duun. »Ein Freund. Vor vielen Jahren.« Dorn blickte auf und blinzelte. Ein Med kam, hob ihn hoch und traf Vorbereitungen, seinen Puls zu fühlen.
    »Komm zurück in die Stadt«, sagte Ellud. »Duun, komm zurück!«
    »Ist das eine Bitte oder ein Befehl?«
    »Duun ...«
    »Ich möchte dich daran erinnern, daß du mir alles versprochen hast. Nein, Ellud, ich komme jetzt noch nicht zurück.«
    An diesem Abend war Dorn schweigsam, bedrückt und nachdenklich. Er

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