Das Lächeln der Sterne
Mit ihm habe ich geweint. Und ich habe viele Wochen lang jeden Tag mit ihm geweint. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn getan hätte.«
»Aber…«, begann Amanda, doch sie sprach nicht weiter, sodass Adrienne den Satz für sie beendete: »Aber er konnte doch nicht sprechen?« Adrienne machte eine kleine Pause.
»Das brauchte er auch nicht. Er hat zugehört, und das war es, was mir half. Außerdem war mir klar, dass er, selbst wenn er dazu fähig gewesen wäre, nichts hätte sagen können, was meinen Schmerz gemindert hätte.« Sie hob den Blick. »Das weißt du ebenso gut wie ich.«
Amanda presste die Lippen zusammen.
»Ich wünschte, du hättest mir das alles eher erzählt«, sagte sie.
»Wegen Brent?« Amanda nickte.
»Nun, ich glaube, du wärst nicht bereit gewesen zuzuhören. Du brauchtest Zeit, um deine Trauer auf deine eigene Art zu bewältigen.«
Eine Weile lang sagte Amanda nichts.
»Es ist nicht fair. Du und Paul, ich und Brent…«, flüsterte sie.
»Nein, es ist nicht fair.«
»Wie konntest du weiterleben, nachdem du von seinem Tod erfahren hattest?«
Adrienne lächelte zaghaft.
»Ich habe mir einen Tag nach dem anderen vorgenommen. Das raten die Fachleute einem doch immer, oder? Ich weiß, es klingt banal, aber ich bin morgens aufgewacht und habe mir gesagt, dass ich nur diesen Tag lang stark sein musste. Nur diesen einzigen Tag. Und dann habe ich immer weiter so gemacht.«
»Du tust, als wäre das sehr einfach«, sagte Amanda leise.
»Es war überhaupt nicht einfach. Es war schwieriger als alles andere, was ich je zu bewältigen hatte.«
»Schwieriger noch als die Trennung von Daddy?«
»Das war auch schwer, aber es war anders.« Adrienne lächelte kurz. »Du warst diejenige, die mir das gesagt hat, weißt du noch?«
Amanda wandte den Blick ab. Ja, dachte sie, ich weiß. »Ich wünschte, ich hätte die Möglichkeit gehabt, ihn kennen zu lernen.«
»Du hättest ihn gemocht. Nach einer Weile wenigstens. Am Anfang vielleicht nicht. Damals hast du noch gehofft, dass dein Dad und ich wieder zusammenfinden würden.«
Amanda griff reflexartig nach ihrem Ehering, den sie immer noch trug, und drehte ihn um den Ringfinger. Ihr Gesicht war verschlossen.
»Du hast in deinem Leben viel verloren.«
»Das stimmt.«
»Aber du wirkst so glücklich.«
»Das bin ich auch.«
»Wie ist das möglich?«
Adrienne legte die Hände zusammen. »Wenn ich daran denke, dass Paul tot ist, oder an die Jahre, die wir zusammen hätten verbringen können, dann bin ich natürlich traurig. Damals wie heute. Aber es gibt noch etwas anderes, das du verstehen musst: So schwer es auch war, so furchtbar und ungerecht der Lauf der Dinge war, ich hätte die wenigen Tage, die wir zusammen waren, gegen nichts eintauschen mögen.«
Sie hielt inne und versicherte sich, dass ihre Tochter genau zuhörte. »Mark schreibt in seinem Brief, dass ich Paul vor sich selbst gerettet habe. Aber wenn Mark mich gefragt hätte, hätte ich geantwortet, dass wir uns gegenseitig gerettet haben. Oder dass Paul mich gerettet hat. Wenn ich ihm nicht begegnet wäre – ich glaube nicht, dass ich Jack jemals hätte verzeihen können, und ich hätte niemals die Mutter und die Großmutter sein können, die ich jetzt bin. Weil es ihn gab, konnte ich in der Gewissheit nach Rocky Mount zurückkehren, dass sich alles zum Guten wenden würde, dass ich es schaffen würde, ganz gleich, was geschah. Und in dem Jahr, in dem wir uns schrieben, habe ich die Kraft gewonnen, die ich brauchte, als ich erfuhr, was ihm zugestoßen war. Natürlich, ich war am Boden zerstört, als ich von seinem Tod erfuhr. Aber wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte – wohl wissend, was geschehen würde –, würde ich trotzdem wollen, dass er abreist, und zwar seines Sohnes wegen. Er musste die Sache mit Mark klären. Sein Sohn brauchte ihn – er hatte ihn immer gebraucht. Und es war nicht zu spät.«
Amanda sah Adrienne nicht an. Sie wusste, dass ihre Mutter mit dem, was sie sagte, auch Max und Greg meinte.
»Deswegen habe ich dir die Geschichte von Anfang an erzählt«, fuhr Adrienne fort. »Nicht nur, weil ich das Gleiche durchgemacht habe wie du jetzt, sondern auch, weil ich wollte, dass du verstehst, wie wichtig die Beziehung zu seinem Sohn war. Und was es für Mark bedeutete, zu erkennen, wie viel er seinem Vater wert war. Solche Verletzungen kann man nur schwer heilen, und ich will nicht, dass du noch mehr Verletzungen erfährst als bisher.«
Adrienne streckte die Hand
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