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Das laesst sich aendern

Das laesst sich aendern

Titel: Das laesst sich aendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Vanderbeke
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erwähnte, dass sie inzwischen sogar Psychotherapeutin geworden war, einwandfrei approbiert mit Zulassung und mit Stempel, aber nun hatte meine Mutter gelesen, dass bei den Psychologen alle Ehen auseinanderkrachen, jedenfalls mehr als bei anderen Leuten.
    Ich sagte, wer im Glashaus sitzt. Deine Ehe war, soweit ich mich erinnere, auch nicht gerade das Gelbe vom Ei; aber meine Mutter erinnerte sich inzwischen nicht mehr daran, dass ihre Ehe keineswegs das Gelbe vom Ei gewesen war; nachdem ich ausgezogen war, schleppte sie sich noch ein paar Jahre hin, mein Vater kam immer später nach Hause, gelegentlich klingelte abends das Telefon, und wenn meine Mutter den Hörer abnahm, blieb es am anderen Ende stumm; meine Mutter fing an, in den Jacken- und Manteltaschen meines Vaters nach Spuren zu suchen, Restaurantrechnungen für zwei, Opern- oder Kinokarten, was weiß ich, mein Vater hatte niemanden mehr im Hause, vor dem er den Big Boss spielen konnte, und in der Firma kursierten die ersten Übernahmegerüchte.
    Euer Vater gönnt sich eine gediegene Midlife- Crisis, sagte meine Mutter, wenn ich fragte, wie geht’s euch. Sie war die meiste Zeit nur noch gereizt, und mein Vater sagte abfällig, wenn sie nicht bald ihre Hormone in den Griff kriegt.
    Was dann, sagte sie.
    In diesen letzten Jahren ihrer Ehe tat mir mein Vater manchmal leid, und ich dachte, sie treibt ihn förmlich aus dem Haus, aber mein Vater würde schon wieder jemanden finden. Meine Mutter wohl kaum. Inzwischen hatte sie das alles vergessen und offenbar vom ersten bis zum letzten Tag eine Bilderbuchehe geführt, die ihr so leicht niemand nachmachen würde.
    Eine Bilderbuchehe, sagte sie, um die uns alle Bekannten und Kollegen übrigens beneidet haben.
    Ich konnte mich an keine Bekannten erinnern und überlegte, ob ich sie danach fragen sollte, außerdem interessierte mich, wie sie es sich erklärte, warum ihr Mann aus dieser Bilderbuchehe abgehauen war, aber ich hatte keine Lust, mit meiner Mutter in die Wolle zu geraten, also sagte ich, dass Fritzi nicht verheiratet sei und also keine Gefahr bestünde, dass ihre Ehe in absehbarer Zeit auseinanderkrachen würde.
    Du musst es wissen, sagte meine Mutter schließlich. Sie war endgültig eingeschnappt und beleidigt.
    Nicht unbedingt, sagte ich, aber wir werden es ja dann sehen.
    Meine Mutter sagte, die armen Kinder können einem leidtun.
     
    Als die Mauer fiel, waren wir schon jottwehdeh in Ilmenstett.
    Hör mal kurz auf mit dem Krach, sagte Fritzi, als sie es in der Tagesschau sah. Sie hatte einen winzigen Fernseher mit Zimmerantenne, Adam stellte die Bohrmaschine ab, und dann starrten wir alle drei auf diesen Minikasten von einem Fernsehapparat und überlegten, ob wir das eben wirklich gehört hatten, wir sahen den Mann, der gerade mit einem lächerlichen Gestammel die Mauer weggeräumt hatte; er war offensichtlich verwirrt. Fritzi sagte, der überlegt auch, ob er das wirklich gesagt hat, aber jetzt hatte er es gesagt, wir hatten es gehört, und Adam war der Erste, der es begriff.
    Das war das, sagte er.
    Was soll das denn heißen, sagte Fritzi, und Adam sagte, ab jetzt wird Monopoly gespielt.
    Scheißspiel.
     
    Ich weiß nicht, ob es mit Ilmenstett zu tun hatte oder mit dem Mauerfall und Adams Feststellung, ab jetzt wird Monopoly gespielt; sicher ist aber, dass wir Ende Oktober in Mysteryland angekommen waren und ein einziges großes Abenteuer begann.
     
    Deine Sehnsucht hat jetzt Sinn, nimm sie mit, du weißt, wohin.
    Natürlich dauerte es eine ganze Weile, bis ich das begriff; Fritzi wohnte provisorisch im ersten Stock ihres Hauses, wir wohnten im Parterre, und bei Fritzi oben regnete es durchs Dach.
    Adam sagte, du kannst es dir aussuchen: Entweder wir schleifen erst die Böden ab, restaurieren den Stuck und bauen dir eine Küche ein, oder ich schau mir zuerst mal das Dach und das Mauerwerk an und dann als Nächstes die Leitungen.
    Schon gut, sagte Fritzi. Und als mit großem Tamtam und pathetischem Drum und Dran sehr geschichtlich die Neunzigerjahre anfingen, lebten wir alle im herrlichsten Chaos, weil Adam Fritzis Haus derart auf den Kopf stellte, dass man nicht mehr wusste, wo oben und unten war; wenn du vorgestern noch dachtest, da und da ist eine Wand, und dahinter kommt ein Zimmer, dann war die Wand heute plötzlich weg und der Raum von eben auf jetzt völlig verändert. Anatol glühte vor Begeisterung, wenn es darum ging, Wände einzureißen. Adam lobte ihn für seine Hilfe. Daudau. Hinterm Haus

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