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Das lässt sich ändern

Das lässt sich ändern

Titel: Das lässt sich ändern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Vanderbeke
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über Nacht, aber schließlich war nach dem Krieg auch von eben auf jetzt niemand mehr Nazi gewesen, und die Nazis waren nicht nur irgendwie Nazi gewesen, sondern ausgewiesene Nazis mit Parteibuch, wenn nicht sogar SA oder SS, während die Linken, die ich in den Achtzigerjahren gekannt hatte, meistens nur irgendwie links gewesen waren. Das war eben die Wende.
    Komischerweise war Adam nie irgendwie links gewesen. Nur gewohnt, draußen zu sein, als die meisten noch drinnen waren.
     
     
    Und diese Wende jetzt war der Moment, in dem er anfing, sich Sorgen zu machen. Abends kam uns die Welt durch Fritzis kleinen Fernseher in ihr Zimmer, oft vergaßen wir, den Fernseher anzustellen, aber wenn wir ihn anstellten, gefielen Adam die Welt und die Zukunft nicht, die ihm und seinen Kindern angeboten wurden.
    Ich fass’ es nicht, sagte er und haute sich gegen die Stirn, während er mit dem Finger auf den Bildschirm zeigte, auf dem die neuen Automodelle in Genf vorgestellt wurden. Ich fass’ es nicht, in zwanzig Jahren ist der Sprit alle, und die bauen munter V6-Motoren vor sich hin, 213 PS, wofür braucht der Mensch in Mitteleuropa einen Jeep mit V6-Motor,der den letzten Sprit in die Luft verballert, nicht mal Holzapfel braucht einen Jeep mit V6, da tut’s doch auch der alte Defender.
    Wirtschaftssanktionen bringen mal gar nichts, ihr Idioten, sagte er in den Fernseher hinein, nachdem der Golfkrieg vorüber war; gar nichts bringen die; der Saddam hat mehr als genug zu fressen, und dem ist es so was von egal, wenn ihm die eigenen Leute verrecken. Das kommt dabei raus, das ist Massenvernichtung.
    Mal im Ernst, sagte er zu mir: Wenn uns Magali oder Anatol wegen diesem Ami-Embargo verhungern würden, könntest du auf dem Arsch sitzen bleiben und Däumchen drehen? Ich bestimmt nicht.
    Shareholder-Value, schimpfte er den Kasten an, Stock Optionen, Downsizing, Outsourcing, sagt doch gleich, was das wird. Arbeitsvernichtung.
    Wenn der Sinn erst mal weg ist, kannst du den Verstand gleich hinterherschmeißen. Was für Wörter überhaupt, hör dir das bloß mal an: offshoren, Public Private Partnership. Immer raus damit. Müll ist das, warum sagt ihr nicht, dass ihr das Land ausblutet. Und nachher wundert ihr euch, dass keiner mehr irgendwas kann.
    Aber wahrscheinlich ist das sogar der Sinn, überlegte er dann. Erst verblöden, dann verbluten lassen.
    So wird’s kommen, sagte er, dass ihnen der Laden irgendwann auseinanderkracht und um die Ohren fliegt; ehe wir’s uns versehen, hält das nicht mehr fein säuberlich sortiert zusammen, oben, Mitte, unten.Dann geht’s ans Eingemachte. Drinnen oder draußen. Nur darum geht’s dann. Ein paar dürfen rein und malochen, der Rest bleibt draußen und muss vor den Glotzen nur hübsch komplett verblöden, sonst fliegen am Ende die Fetzen. Und das wollen wir doch nicht. Dass am Ende die Fetzen fliegen.
    Was habe ich euch gesagt, sagte er. Das klingt nur anders. Joint Venture, aber wenn du nachschaust, ist es nichts als die rasende Fusionitis. Demnächst haben sie alles in einer Hand. Die Staaten, das Öl und die Nahrung. Petrochemie plus agropharmazeutische Großkonzerne. Na, dann gute Nacht.
    Wer ist »sie«, sagte Fritzi.
    Keine Ahnung, sagte Adam. Die Rockefellers halt oder sonst wer. Die, die übrig bleiben und einmal laut über die Welt rülpsen, wenn sie alle andern gefressen haben.
    Ist da jemand womöglich ein bisschen paranoid, sagte Fritzi, und Adam sagte, das kannst du laut sagen.
    Manchmal drehte er sich zu mir um und sagte, das sollen unsere Kinder lernen?
    Das da, sagte er und zeigte auf das winzige Quadrat, das nach dem Börsengeschehen inzwischen längst beim Fußball war, das da geht mit Anlauf den Bach runter, das schaue ich mir nicht an.
    Fritzi sagte, und was willst du dagegen machen.
    Liebe und Widerstand, sagte Adam wie aus der Pistole geschossen.
    Klingt sexy, sagte Fritzi.
    Adam sagte, ich träum von süßen Düften, von Liebe und Widerstand.
    Ich hatte das Gefühl, dass ihm die Ton Steine Scherben fehlten, seit sie sich aufgelöst hatten und Rio Reiser allein weitermachen musste, und als dann Die Ärzte wieder zusammenfanden, klangen sie nicht mehr so richtig kampflustig, wie Adam sie gekannt hatte und jetzt hätte brauchen können; eher waren sie deprimiert, in welcher Zeit sie angekommen waren. Kopfüber in die Hölle. Sehnsucht weg.
     
     
    Zwei Jahre später fragten sie sich immer noch, wo krieg ich nur ein kleines bisschen Durchblick her, sie wunderten sich, wie

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