Das Land der lebenden Toten
können.
Nein, dachte Howard, es ist schon besser, wenn dieser Mann Gilgamesch wäre, nicht Conan, um Himmels willen! Also fand er sich damit ab.
Aber diese andere Geschichte – dieses plötzliche bestürzende zwanghafte Bedürfnis, vor dem Riesen niederzuknien, von seinen Armen emporgerissen und in einer glühenden Umarmung an seine Brust gedrückt zu werden…
Was sollte denn das? Woher kam das denn? Beim flammenden Herzen Ahrimans, was konnte das bedeuten?
Er erinnerte sich an einen Tag aus seinem früheren Leben, an dem er zum Cisco-Damm gefahren war und zugesehen hatte, wie die Bauarbeiter sich auszogen und hineintauchten: Gutgebaute Männer, selbstsicher, anmutig, im Einklang mit ihrem Körper. Einige Zeitlang hatte er ihnen zugesehen und ihre körperliche Vollkommenheit bewundert. Sie hatten nackte griechische Statuen sein können, die zum Leben erwacht waren, ein ganzer Trupp von kräftigen saftstrotzenden Apolls und Zeusen. Und dann, als er hörte, wie sie sich ihre üblen zotigen Witze zubrüllten, wurde er zornig und sah in ihnen nur denkunfähige hirnlose Tiere, die die natürlichen Feinde von Träumern sind, wie er es war. Er haßte sie, wie Schwache stets die Starken verabscheuen müssen, diese glanzumstrahlten Schweine, die einen Träumer und seine Träume jederzeit in den Boden stampfen konnten, wenn sie wollten. Und dann war ihm eingefallen, daß er selbst ja auch nicht gerade ein Schwächling sei, daß er – der früher spillerig und kränklich gewesen war – sich durch harte Mühe und Training zu einem großen, breiten beeindruckenden Kerl gemacht hatte. Nicht so körperlich schön und perfekt, wie diese Männer es waren – dafür war er zu untersetzt, zu grob, zu ungeschlacht –, aber trotzdem, sagte er sich, unter diesen ganzen Männern war keiner, dem er nicht die Rippen zerquetschen konnte, wenn es zu einer Auseinandersetzung kam. Und er war damals dort weggegangen, erfüllt von Wut und rasenden Vorstellungen blutrünstiger Gewalttätigkeit.
Was steckte hinter dem allem? Diese kaum zu bändigende Wut – war das eine versteckte dunkle Lust, ein zutiefst bestialisches Verlangen nach Sünde? Sollte die in ihm aufgestiegene Wut nur jene andere kaschieren, die er gegen sich selbst hatte richten müssen, weil er diese nackten Männer heimlich beobachtete und weil ihm das Vergnügen bereitete?
Nein. Nein, Nein. Er war schließlich kein Abartiger. Dessen war er sich ganz sicher.
Er war überzeugt davon, daß es ein Anzeichen von Dekadenz sei, des Niedergangs der Zivilisation, wenn Männer nach Männern verlangten. Er selbst war ein Pionier und kein schwächlicher, gezierter Sodomit, der sich in Schmutz und eitler Sünde suhlt. Und wenn er in seinem kurzen Leben auch nie die Liebe einer Frau gekannt hatte, dann aus Mangel an Gelegenheit, und nicht etwa, weil er jene andere schändliche Form der Liebe bevorzugte. Er lebte bis ans Ende seiner Tage in dieser kleinen abgeschiedenen Präriestadt, ganz der Sorge für seine Mutter und seiner Schriftstellerei hingegeben, er hatte es vorgezogen, sich nicht mit Prostituierten und leichten Weibern abzugeben, aber er war sicher, wenn er ein paar Jahre länger gelebt hätte und die Frau, die ihm die wahre Gefährtin hatte sein können, sich ihm eröffnet hätte, dann hätte er gewißlich leidenschaftlich und hingebungsvoll zugegriffen.
Und doch – und trotzdem –, als er diesen Prachtriesen Gilgamesch erspäht hatte und ihn für Conan hielt…
Dieser elektrische Stoß, der ihm durch den ganzen Leib fuhr, ganz besonders in seinen Lenden – was sonst hatte es sein können als Verlangen, urplötzlich und heftig und überwältigend? Sexuelle Sehnsucht nach einem Mann? Es war undenkbar! Nicht einmal bei diesem von Ruhm umstrahlten Helden – diesem grandiosen königlichen Geschöpf…
Nein. Nein und nein und nein!
Ich befinde mich in der Nachwelt, und das ist möglicherweise so eine Abart der Hölle, und wenn hier die Hölle ist, dann ist dies meine Strafe, dachte Howard.
Zornig stapfte er am Landrover auf und ab. Verzweifelt wehrte er sich gegen die dunkle Angst, die ihn nun zu überschatten drohte, wie dies schon so oft in diesem Leben nach dem Leben geschehen war. Diese plötzlichen verderbten und lasterhaften Gefühle, dachte Howard, sie sind nichts weiter als die teuflische Verdrehung meiner natürlichen Seele und sollen mich in Verzweiflung und Selbsthaß stürzen! Bei Crom, ich will mich dagegen wehren! Bei den Brüsten der Ischtar, ich will
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