Das Land der MacKenzies
langsam, auch wenn sie das Geschehene nie vergessen würde.
Es gab also keinen Grund mehr, warum Mary nicht in ihr Haus zurückkehren sollte.
Und genau deshalb war sie in so grüblerischer Stimmung. In den ganzen vier Tagen hatte Wolf nicht ein Wort über ihre Zukunft verloren. Nie hatte er von Liebe gesprochen, selbst nicht in der leidenschaftlichen Nacht, nachdem er sie in Sicherheit gebracht hatte. Nicht eine einzige Silbe hatte er darüber verlauten lassen, wie es mit ihnen weitergehen sollte.
Es wurde Zeit für Mary, nach Hause zu gehen. Sie konnte nicht ewig bei ihm bleiben, nicht wenn es keine Bedrohung mehr für sie gab. Ihre Beziehung würde wahrscheinlich weitergehen, eine Weile zumindest noch. Doch der Gedanke, Wolfs Haus zu verlassen, deprimierte sie. Sie hatte jede Minute auf Mackenzie’s Mountain genossen, sie liebte es, die kleinen alltäglichen Dinge mit Wolf zu teilen. Ihr Leben bestand aus einer Aneinanderreihung von kleinen Dingen, gespickt mit den großen, intensiven Erlebnissen. Das alles wollte sie mit Wolf teilen.
Mary begann zu packen und verbot es sich zu weinen. Sie würde die Fassung wahren und keine Szene machen. Sie legte die Koffer in ihren Wagen und wartete darauf, dass Wolf zurück zum Haus kommen würde. Es wäre kindisch, sich ohne ein Wort davonzuschleichen. Sie würde ihm mitteilen, dass sie in ihr eigenes Haus zurückkehrte, sich bei ihm bedanken, dass er sie beschützt hatte, und abfahren. Alles sehr zivilisiert.
Es wurde später Nachmittag, als Wolf zurückkam. Er war verschwitzt, ein Staubfilm lag auf seiner Haut, und er humpelte, weil eine Kuh ihm auf den Fuß getreten war. Er war nicht gerade bester Laune.
Mary lächelte ihn an. „Ich habe beschlossen, dir nicht länger zur Last zu fallen. Es gibt ja keinen Grund mehr, warum ich Angst haben sollte, allein zu leben. Meine Sachen habe ich bereits gepackt und verstaut. Ich wollte nur warten, bis du zurück bist, um mich bei dir für alles, was du für mich getan hast, zu bedanken."
Wolf, der Wasser in langen Zügen trank, um seine staubtrockene Kehle zu spülen, hielt mitten in der Bewegung inne. Joe, der gerade die Treppe herunterkommen wollte, verharrte reglos. Sie brauchten ihn nicht zu sehen, aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Wolf Mary gehen lassen würde.
Wie in Zeitlupe drehte Wolf den Kopf, um Mary anzuschauen. Ein wilder Ausdruck lag in seinen Augen, aber Mary war zu sehr damit beschäftigt, Haltung zu wahren, als dass es ihr aufgefallen wäre. Sie lächelte erneut, dieses Mal fiel es ihr allerdings schon schwerer. Bisher hatte er kein Wort gesagt, nicht einmal ein: „Ich ruf dich an."
„Nun", sagte sie übertrieben fröhlich, „man sieht sich. Erinnere Joe an den Unterricht."
Mary ging zur Vordertür hinaus und die Verandastufen hinunter. Sie hatte ungefähr die halbe Strecke zu ihrem Wagen zurückgelegt, als eine schwere Hand mit eisernem Griff von hinten auf ihre Schulter niederfiel und sie mit einem Ruck umdrehte.
„Ich soll verdammt sein, bevor ich zulasse, dass du auch nur einen Fußbreit von diesem Berg weggehst."
Wolf stand drohend vor ihr. Zum ersten Mal empfand Mary es als Nachteil, dass sie ihm nur bis zur Schulter reichte. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn ansehen zu können, so nah war er an sie herangetreten. Die Wärme seines Körpers hüllte sie ein wie heißer Dampf. „Ich kann nicht ewig hierbleiben", begann sie sachlich, doch dann sah sie in seine Augen und erschauerte. „Ich bin eine Kleinstadtlehrerin, ich kann unmöglich so einfach mit dir Zusammenleben ..."
„Halt den Mund!", herrschte er sie an.
„Also, Moment mal!", setzte sie empört an, kam jedoch nicht weit.
„Ich sagte, halt den Mund. Du gehst nirgendwohin, und du wirst dich besser daran gewöhnen, den Rest deines Lebens mit mir zusammenzuleben. Heute ist es zu spät, aber morgen fahren wir als Erstes in die Stadt und bestellen das Aufgebot. Innerhalb einer Woche sind wir verheiratet. Und jetzt beweg deinen kleinen süßen Hintern zurück ins Haus, und bleibe dort! Ich hole deine Koffer."
Vor seiner Miene hätte so mancher kopflos die Flucht ergriffen. Mary jedoch verschränkte nur erbost die Arme. „Ich heirate niemanden, der mich nicht liebt!"
Wolf fluchte und riss sie an sich. „Dich nicht lieben?
Mary, du wickelst mich um den kleinen Finger, seit ich dir zum ersten Mal begegnet bin. Für dich hätte ich Bobby Lancaster, ohne mit der Wimper zu zucken, getötet! Also
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