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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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betäubend, dazu stürzten an einander geworfene Eisberge mit donnerähnlichem Krachen zusammen, und ein unsichtbarer Druck häufte im Norden die Schollen an das Ufer der Küste. Es stand selbst zu befürchten, daß das Cap, – eigentlich doch auch eine Art mit Sand und Erde überdeckter Eisberg, niedergeworfen würde. Zum Glücke für die Factorei leistete es jedoch aushaltenden Widerstand und schützte die Baulichkeiten vor vollkommener Zerstörung.
    Man sieht leicht ein, wie höchst gefährlich sich die einstige Lage der Insel an der engen Meeresstraße gestalten mußte, vor welcher das Eis sich staute. Sie konnte dort von einer horizontalen Lawine, wenn man so sagen darf, zerdrückt, von den aus der offenen See herantreibenden Eisschollen zersprengt werden, bevor sie in den Abgrund zu versinken drohte. Hierin lag eine neue, zu den übrigen noch hinzutretende Gefahr. Als Mrs. Paulina Barnett die furchtbare Kraft des Eisdruckes und die unwiderstehliche Gewalt sah, die jene Berge über einander thürmte, wurde ihr klar, wie bedrohlich das erwartete Thauwetter für die Insel werden mußte. Sie sprach davon mehrmals gegen Lieutenant Hobson; doch dieser zuckte nur mit den Achseln, wie Jemand, der nicht antworten will oder es auch nicht kann.
    In den ersten Tagen des März legte sich der Sturm vollkommen und konnte man nun die an dem Eisfelde eingetretenen Veränderungen übersehen. In der That schien es, als ob die Packeismauer über die Oberfläche des Eises hinweg gleitend sich der Insel Victoria genähert habe. An manchen Stellen kaum noch zwei Meilen von letzterer entfernt, ähnelte sie in gewisser Hinsicht den Gletschern, nur mit dem Unterschiede, daß diese herabsinken, während jene nur vorwärts schritt.
    Der Boden, oder vielmehr das Eisfeld zwischen der hohen Mauer und der Küste mit seiner krampfhaften Umwälzung, den starrenden Spitzhügeln, zerbrochenen Eisnadeln, gestürzten Stämmen und eingesunkenen Pyramiden, dazu seiner wellenförmigen Grundfläche, – das Bild eines während des tollsten Sturmes verzauberten Meeres, – war gar nicht wieder zu erkennen. Man hätte die Ruinen einer zerstörten Stadt, in der kein Stein auf dem anderen geblieben war, zu sehen geglaubt. Nur die hohe, wunderbar geschnittene Packeismauer mit ihren himmelan strebenden Kegeln, Kuppeln und Kämmen und ihren spitzigen Pics erhielt sich unverändert, und umschloß das pittoreske Gewühl mit erhabenem Rahmen.
    Um diese Zeit kam das Fahrzeug zur Vollendung. Trotz ihrer etwas plumpen Form, bei der es indeß bewenden mußte, machte die Schaluppe ihrem Baumeister alle Ehre und versprach mit ihrem gallionenförmigen Vordertheile dem Stoße des Eises desto besser zu widerstehen. Sie ähnelte etwas jenen holländischen Barken, welche sich weit in die nördlichen Meere hinauf wagen. Ihre Takelage bestand, wie die eines Kutters, aus Fockmast und Klüverbaum, die Zeltleinwand der Factorei war zu den Segeln verwendet worden.
    Das Schiff vermochte die ganze Bewohnerschaft der Insel Victoria bequem aufzunehmen und voraussichtlich, wenn die Insel der Erwartung gemäß nach der Behrings-Enge zu trieb, auch die größte Entfernung bis zur amerikanischen Küste leicht zu durchschneiden. Nur mußte eben das Thauwetter abgewartet werden.
    Da kam dem Lieutenant Hobson der Gedanke, zum Zwecke der Recognoscirung des Eisfeldes eine ausgedehnte Expedition nach Südosten zu unternehmen, welche mit dazu dienen sollte, etwaige Vorzeichen der Auflösung zu finden, die eigentliche Schollenwand selbst zu beobachten und aus dem thatsächlichen Zustande des Meeres zu ersehen, ob noch jeder Weg nach dem amerikanischen Continente versperrt sei. Mancherlei Ereignisse und Unfälle konnten ja noch statt haben, bevor der Eisbruch das Meer wieder frei legte, und so erschien diese vorzunehmende Besichtigung als ein Gebot der Klugheit.
    Die Expedition wurde also beschlossen und auf den 7. März festgesetzt. Die Theilnehmer an derselben bestanden aus Lieutenant Hobson, der Reisenden, Kalumah nebst Marbre und Sabine. Wenn ein Weg ausfindig zu machen war, wollte man auch die Packeiswand überschreiten; jedenfalls sollte die Abwesenheit vom Fort nicht länger als achtundvierzig Stunden währen.
    Der nöthige Proviant wurde mitgenommen, und am Morgen des 7. verließ das für jeden Zufall wohl bewaffnete kleine Detachement Fort-Esperance in der Richtung nach dem Cap Michael.
    Das Thermometer stand auf dem Gefrierpunkte. Die Luft war etwas dunstig, aber ruhig. Sieben bis

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