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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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acht Stunden lang beschrieb die Sonne ihren Tagesbogen über dem Horizonte und durchblitzten ihre schrägen Strahlen mit hinreichendem Lichte die Massen des Eises.
    Nach kurzer Rast stiegen Lieutenant Hobson und seine Begleiter gegen neun Uhr den Abhang am Cap Michael hinab und schritten in südöstlicher Richtung über das Eisfeld. Von dieser Seite war die Eiswand etwa drei Meilen entfernt.
    Selbstverständlich ging es nur langsam vorwärts. Fortwährend mußte man entweder eine tiefe Spalte oder einen unübersteiglichen Spitzhügel umwandern. Auf dem unebenen Wege hätte ein Schlitten sich gar nicht verwenden lassen. Jener bestand nur aus einer chaotischen Anhäufung von Blöcken jeder Gestalt und Größe, von denen sich nicht wenige nur noch durch ein Wunder im Gleichgewicht hielten. Andere waren erst neuerdings zusammen gestürzt, wie man an ihren frischen, glatten Bruchstellen sah. Aber nirgends zeigte sich die Spur eines Menschen oder Thieres in diesem Gewirr! Kein lebendes Wesen athmete in diesen selbst von den Vögeln verlassenen Einöden!
    Verwundert fragte Mrs. Paulina Barnett, wie man bei einer Abfahrt im December wohl dieses durcheinander gewürfelte Eisfeld habe überschreiten wollen; doch machte sie Jasper Hobson darauf aufmerksam, daß jenes zur erwähnten Zeit ein ganz anderes Aussehen geboten hätte. Wegen des damals noch nicht wirksamen enormen Druckes durch das Packeis müßte die Oberfläche verhältnißmäßig eben gewesen sein, und lag das einzige Hinderniß der Reise nur in der mangelhaften Verbindung der Schollen, und nirgends anders.
    Inzwischen näherte man sich dem hohen Walle, wobei Kalumah der kleinen Truppe fast immer voraus war. Mit sicherem Schritte wandelte die lebhafte und leichtfüßige Eingeborene mitten durch die Eisblöcke. Ohne Zaudern und ohne Irrthum schlug sie, wie durch Instinct geleitet, immer den gangbarsten Weg in diesem Labyrinthe ein. Sie lief ab und zu, und ihren Weisungen konnte man vertrauensvoll nachgehen.
    Gegen Mittag war die ausgedehnte Basis der Packeiswand zwar erreicht, doch hatten die drei Meilen bis dahin nicht weniger als drei Stunden beansprucht.
    Welch’ imposante Masse bildete diese Eismauer, deren einzelne Gipfel über vierhundert Fuß hoch aufstiegen! Deutlich hoben sich die Schichten, aus denen sie bestand, von einander ab, und ihre Wände waren mit den zartesten Farbenschattirungen geschmückt. Bald irisirend, bald jaspisartig gestreift, erschien sie wie mit Arabesken bedeckt und mit einzelnen Glanzpunkten durchsetzt. Vergeblich würde der ein passendes Bild zur Vergleichung suchen, der die Eiswand jemals in ihrer Erhabenheit erblickte, wie sie auf einer Stelle trübe, auf der anderen durchscheinend durch wechselndes Licht und Schatten in den wunderbarsten Reflexen spielte.
    Wohl mußte man aber vorsichtig eine zu große Annäherung an diese lockenden Eismassen, deren Zusammenhalt sehr fraglich erschien, vermeiden. An dem fortwährenden Knistern und Krachen ihres Inneren erkannte man die geheime Arbeit des Thauwetters. Eingeschlossene und jetzt sich ausdehnende Luftblasen sprengten ihre Wände, und man ersah daraus den vergänglichen Charakter dieser Eisbauwerke, welche den arktischen Winter nicht überleben und den Strahlen der jungen Sonne unterliegen sollten, um die Quelle ganz ansehnlicher Ströme zu werden.
    Lieutenant Hobson hatte seine Begleiter ernsthaft vor der Gefahr der Eislawinen gewarnt, die jeden Augenblick von der Höhe der Schollenwand herabstürzten. Die kleine Gesellschaft zog deshalb auch nur in gemessener Entfernung von dem Fuße derselben hin. Wie weise diese Vorsicht war, sollten sie bald erfahren, als sich gegen zwei Uhr an dem Eingange eines Thales, das die Wanderer zu durchziehen beabsichtigten, ein ungeheurer Block von mehr als hundert Tonnen Gewicht loslöste und mit Donnerkrachen auf das Eisfeld herabstürzte. Zersplitternd brach es unter diesem Stoße, und thurmhoch spritzte das Wasser ringsum auf. Zum Glücke wurde Niemand von den abgesprengten Stücken des Blockes getroffen, als er wie eine Bombe zerplatzte.
    Von zwei bis fünf Uhr folgte man einem engen, gewundenen, weit in das Innere hinein verlaufenden Thale. Ob es die ganze Packeismauer durchsetzte, ließ sich zwar vorher nicht entscheiden, doch gestattete es einen belehrenden Einblick in die innere Structur derselben. Schollen und Blöcke erschienen hier mehr in Ordnung auf einander gelagert, als an der Außenseite. An manchen Stellen fand man Baumstämme im Eise

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