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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sich zu Mittag der südliche Horizont nur mit etwas helleren Farbentönen. Das ganze Gebiet machte vollkommen den Eindruck tiefster Trauer, als es die Schatten so allseitig umrahmten.
    Einige Tage verbrachte man in der gemeinschaftlichen Wohnung. Wegen eines Ueberfalls durch wilde Thiere war Jasper Hobson beruhigter, seitdem die Außenseite der Umplankung von Schnee gereinigt war. Ein Glück war es auch zu nennen, denn oft ließ sich bis in das Haus hinein ein dumpfes Brummen vernehmen, über dessen Natur man gar nicht in Zweifel sein konnte. Ein unwillkommener Besuch indianischer oder canadischer Jäger war zu dieser Jahreszeit nicht zu erwarten.
    Da trug sich ein Ereigniß zu, eine Unterbrechung der langen und langweiligen Durchwinterung, welches bewies, daß diese Einöden selbst im tiefsten Winter von Menschen nicht ganz verlassen sind. Auf der Jagd nach Walrossen und sich mit Lagerstätten unter dem Schnee begnügend, durchstreiften menschliche Wesen diesen Küstenstrich.
     

    Ein Polarbär aus der Rennthierfalle. (S. 182.)
     
    Sie gehörten zur Race der »rohen Fisch-Esser« 1 , welche sich im ganzen Norden Amerikas auf sehr verschiedenen Punkten vorfinden, wenigstens in der ganzen Breite von der Bassins-Bai bis nach der Behrings-Straße, während der Sklaven-See etwa ihre Grenze im Süden darstellt.
    Am Morgen des 14. Decembers, oder vielmehr um neun Uhr Vormittags, als Sergeant Long von einem Ausflug nach der Küste heimkam, schloß er seinen dem Lieutenant abgestatteten Bericht mit den Worten, daß, wenn seine Augen ihn nicht getäuscht haben sollten, ein nomadisirender Stamm etwa vier Meilen von dem Fort entfernt, nahe einem kleinen Cap, welches die Küste dort bildete, sein Lager aufgeschlagen haben müsse.
    »Und was für Nomaden sind es? fragte Jasper Hobson.
    – Entweder Menschen oder – Walrosse, antwortete der Sergeant, denn ein Mittelglied dazwischen giebt es doch nicht.«
    Der wackere Sergeant würde wohl nicht wenig erstaunt gewesen sein, hätte man ihm mitgetheilt, daß gewisse Naturforscher allerdings jenes ihm unbekannte »Mittelglied« angenommen haben. Denn wirklich betrachten einige Gelehrte, mehr oder weniger im Scherz, die Eskimos »als eine zwischen dem Menschen und dem Seekalbe rangirende Race.«
    Lieutenant Hobson, Mrs. Paulina Barnett, Madge und einige Andere machten sich sofort auf, die Anwesenheit dieser Besucher sicherer zu ergründen. In warmer Verhüllung, und gegen plötzlich eintretenden härteren Frost wohl geschützt, mit Flinten und Aexten bewaffnet und mit Pelzstiefeln versehen, da sie damit bequem über die Eiskruste des Schnees gehen konnten, verließen sie das äußere Thor und folgten dem Ufer, dessen Linie jetzt durch angeschobene Schollen nicht überall klar erkennbar war.
     

    Wie Eskimos aus ihrem Hause treten. (S. 186.)
     
    Der Mond, welcher zur Zeit im letzten Viertel stand, warf durch die Dünste am Himmel nur ein unsicheres Licht über das Eisfeld. Nach einer Stunde Wegs glaubte der Lieutenant schon annehmen zu müssen, daß sein Sergeant sich getäuscht, oder wirklich nur Walrosse gesehen habe, die durch die Oeffnungen, welche sie sich im Eise stets offen zu erhalten wissen, schon wieder in ihr Element zurückgekehrt seien.
    Der Sergeant wies aber auf einen graublauen aus einer conischen Erhöhung noch einige hundert Schritte von ihnen aufsteigenden Rauch und sagte ganz gelassen:
    »Da ist auch Rauch von den Walrossen!«
    In demselben Augenblicke verließen einige lebende Wesen auf dem Schnee kriechend die Hütte. Es waren Eskimos; ob aber Männer oder Frauen, das hätte nur ein Stammesgenosse sagen können, so wenig unterschieden sie sich in der Kleidung.
    Und in Wahrheit glaubte man, ohne damit im Geringsten der Anschauung oben erwähnter Naturforscher beizutreten, zottige, behaarte Amphibien vor sich zu haben. Jene waren ihrer sechs, vier größere und zwei kleine, breitschulterig, aber von geringer Größe, mit platter Nase, die Augen unter buschigen Brauen versteckt, mit großem Munde, dicken Lippen, langem, schwarzem, ungeordnetem Haare und bartlosem Gesicht. Als Kleidung trugen sie einen runden Ueberrock aus Walroßsell, Kapuzen, Stiefeln und Fausthandschuhe aus dem nämlichen Stoffe. Diese halbwilden Wesen näherten sich den Europäern und sahen sie schweigend an.
    »Versteht Niemand die Sprache der Eskimos?« fragte Jasper Hobson seine Begleiter.
    Niemand kannte dieses Idiom, aber plötzlich ließ sich eine Stimme vernehmen, welche eine Begrüßung

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