Das Land der Pelze
Eingeborene die Reisende ein, sie in ihrer Schneehütte zu besuchen. Mrs. Paulina Barnett versprach, wenn die Witterung nicht zu ungünstig wäre, am folgenden Tage zu kommen.
Wirklich begab sich am anderen Tage Mrs. Paulina in Begleitung von Madge, dem Lieutenant Hobson und einigen – nicht wegen jener armen Leute, aber für den Fall, daß etwa Bären an der Küste herumlungern sollten, – bewaffneten Soldaten nach dem Cap Eskimo, welchen Namen man der Stelle, an der sich das Lager der Eingeborenen befand, zugetheilt hatte.
Kalumah lief ihrer Freundin vom Tage vorher entgegen und wies ihr mit einer gewissen Selbstbefriedigung ihre Hütte. Diese bestand aus einem umfangreichen Kegel aus Schnee, hatte am obersten Punkte eine enge Oeffnung, die zum Austritte des Rauches diente, und in diesem Schneehaufen hatten die Eskimos ihre vorübergehende Wohnung ausgehöhlt. Die »Snowhouses«, welche sie mit großer Geschwindigkeit herzustellen verstehen, heißen in der Landessprache »Igloo«. Dem Klima sind sie ganz vorzüglich angepaßt und ihre Bewohner ertragen darin, selbst ohne Feuer und ohne zu viel davon zu leiden, eine Kälte von 40° unter Null. Den Sommer über lagern die Eskimos unter Zelten aus Rennthier-oder Robbenfellen, welche den Namen »Tubic« führen.
In diese Hütte einzudringen, war keine so leichte Arbeit. Einen Eingang besaß sie nur dicht am Erdboden, durch welchen man, wie durch einen drei bis vier Fuß langen Gang, dessen Länge die Dicke der Wände darstellte, kriechend schlüpfen mußte. Doch eine Reisende von Profession, die ein Diplom der Königlichen Geographischen Gesellschaft besaß, konnte das nicht aufhalten. Gefolgt von Madge schob sich Mrs. Paulina Barnett hinter der jungen Eingeborenen her in den engen Schlauch. Lieutenant Hobson und seine Leute verzichteten auf diesen Besuch.
Auch Mrs. Paulina Barnett kam bald zu dem Einsehen, daß es noch nicht die schwierigste Aufgabe war, in diese Schneehütte zu gelangen, sondern erst, darin zu verweilen. Die Atmosphäre, welche durch einen offenen Herd, auf dem Walroßtheile verbrannt wurden, erwärmt, und von den Ausdünstungen einer rußenden Thranlampe ebenso, wie durch die der Kleider und des die Hauptnahrungsmittel bildenden Amphibienfleisches erfüllt wurde, – diese Atmosphäre war wirklich erstickend. Madge konnte sich nicht darin aufhalten und kroch sogleich wieder hinaus. Mrs. Paulina Barnett bewies, um die junge Eingeborene nicht zu kränken, einen ganz übermenschlichen Muth und verlängerte ihren Besuch bis auf fünf Minuten, – fünf Ewigkeiten für sie! Anwesend waren die beiden Kinder und deren Mutter, während die Männer vier bis fünf Meilen weit zur Walroßjagd ausgezogen waren.
Als Mrs. Paulina Barnett einmal aus der Hütte wieder heraus war, sog sie die kalte Außenluft, welche ihr erst wieder Farbe gab, mit einer wahren Wollust ein.
»Nun, Madame, fragte sie der Lieutenant, was sagen Sie von diesen Eskimo-Wohnungen?
– Daß der Luftwechsel darin Etwas zu wünschen läßt«, erwiderte einfach die Reisende.
Acht Tage lang blieb jene interessante Familie an der nämlichen Stelle wohnen. Von je vierundzwanzig Stunden verbrachten die beiden Eskimos zwölf mit der Jagd auf Walrosse. Sie lauerten jenen Amphibien mit einer ihnen ganz eigenthümlichen Geduld am Rande der Oeffnungen, durch welche jene öfters auftauchen, um Athem zu schöpfen, auf. Zeigte sich nun ein Walroß, so wurde ihm eine Schlinge um die Brustflossen geworfen, mittels welcher die beiden Eingeborenen das Thier mit großer Mühe auf das Eis herausbugsirten und es mit Axthieben tödteten. Eigentlich war das Verfahren mehr ein Fischfang, als eine Jagd zu nennen. Das größte Vergnügen bestand dann darin, das Blut dieser Amphibien zu trinken, was die Eskimos mit größter Vorliebe thun.
Trotz der Kälte kam Kalumah tagtäglich nach Fort-Esperance. Sie fand ein großes Vergnügen daran, die einzelnen Räume zu durchlaufen, oder sah der Nadelarbeit zu und folgte Mrs. Joliffe’s Thätigkeit in der Küche bis in’s Einzelnste. Von jedem Gegenstande wollte sie den englischen Namen wissen und plauderte ganze Stunden lang mit Mrs. Paulina Barnett, wenn man »plaudern« einen Gedankenaustausch nennen kann, für den die Worte auf beiden Seiten nur mühsam gefunden wurden. Wenn die Reisende laut vorlas, hörte ihr Kalumah mit größter Aufmerksamkeit zu, obwohl sie gewiß kaum eine Sylbe davon verstand.
Kalumah sang auch mit weicher Stimme Lieder mit
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