Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02
es ihm zu. Ich hatte kaum Zeit, das andere Messer zu suchen, ehe der glatzköpfige Hisaf mit dem schwarzen Bart wieder erschien, fünfzehn Schritte von uns entfernt. Sonnenlicht, das vom Schnee zurückgeworfen wurde, glitzerte auf seinem Messer.
Tom stürzte sich auf den dritten Hisaf. Er war jünger, größer, stärker und hatte Talent im Kämpfen. Tom schaffte es, dem Mann die Klinge aus der Hand zu schlagen. Sofort verschwand der Hisaf, gerade als der erste genau neben ihm wieder erschien.
Tom duckte sich. Das Messer des Hisafs glitt über seine linke Seite, aber Tom schien es nicht zu bemerken. Er konzentrierte sich vollkommen auf seinen Gegner. Sogar der Hisaf musste den Zorn in diesem riesigen, kräftigen Körper gespürt haben, denn statt wieder anzugreifen, verschwand er.
Der Hisaf mit dem schwarzen Bart lief durch den Schnee auf mich zu.
Tom war schneller; er kam zuerst bei mir an und stürzte sich auf den Mann. Sie rangen kurz miteinander, und dann zerschmolz der Hisaf in Toms Griff und war fort.
»Was sind sie?«, schrie er mich an.
»Hisafs! Wie ich!«
Tom stöhnte. »Stell dich Rücken an Rücken mit mir!«, brüllte er über den Wind zu mir zurück. Ich fasste sein anderes Messer fester, obwohl ich wusste, dass ich zu ungeschickt war, um es zu benutzen– Peter Einhand –, aber ich hatte keine Wahl. Wir alle hatten keine Wahl. Diese Hisafs konnten nun körperlich den Pfad der Seelen betreten und zurückkehren, wie ich es getan hatte. Wir mussten sie töten und sie im Ruhezustand ins Land der Toten versetzen, oder wir würden alle vier selbst dorthin gehen. Nein, alle drei, denn meine Schwester hätte dann Stephanie, und ich glaubte nicht, dass ihre Helfer Stephanie die geistlose Ruhe einer Toten gewähren wollten, wenn sie sie stattdessen gebrauchen konnten.
Jee und Stephanie lagen zu unseren Füßen zwischen uns. Der dritte Hisaf verschwand, ohne anzugreifen– weshalb? Wir warteten darauf, dass die Männer wieder erschienen. Der Wind heulte und ließ mein Gesicht gefrieren. Die Hisafs kamen nicht. Minuten zogen sich hin. Was, wenn sie uns hier erfrieren ließen, bis…
Zwei von ihnen erschienen zu meinen Seiten, nahe genug, dass ich ihre Körperwärme spüren konnte, und der dritte ein Stück abseits. Dann hatte mich einer am Nacken gefasst, sein Messer saß mir an der Kehle. Tom wirbelte herum und stand vor uns.
»Greif an, und Roger stirbt!«, rief der Mann über den Wind hinweg.
Tom zögerte.
In diesem Augenblick des Zögerns sprang der zweite Hisaf vor. Sein Messer blitzte auf. Ein Windstoß blies mir Schnee in die Augen, der mich blendete, und ich konnte nicht sehen, was sich abspielte, bis die Böe vorüber war und der Hisaf hinfiel, Jees Hand an seinem Knöchel. Jee hatte ihn zum Stolpern gebracht. Tom fiel auf die Knie und stieß dem Mann das Messer in die Brust. Blut sprudelte in einer Fontäne hervor, ließ den weißen Schnee rot werden.
Aber Tom war auf die Knie gefallen, hatte sich nicht auf den Hisaf gestürzt, sondern vielmehr…
Und dann hörte ich die Stimme meiner Schwester im Kopf– und ich schlief nicht und träumte nicht. »Tötet Roger nicht! Bringt ihn her! Bringt ihn her!«
Der Hisaf, der mich am Nacken hielt, schlug mit der anderen Hand auf mein Handgelenk. Mein Messer fiel in den Schnee. Der verbleibende Hisaf, der Glatzköpfige mit dem schwarzen Bart, kam gemächlich auf uns zu. Zu meinen Füßen hob Tom den Blick zu dem näher kommenden Mann. Toms Augen schauten in die Ferne, beinahe verträumt. Plötzlich wurde sein Blick schärfer, und er versuchte, auf die Beine zu kommen. Der Mann mit dem schwarzen Bart hielt ein paar Fuß entfernt an, lächelte und hob ein Gewehr.
Dann schrie meine Schwester wieder. »Nein!«, brüllte sie, ihr Zorn eine brodelnde rote Wolke in meinem Verstand. »Er ist nicht der eine! Roger ist nicht der eine!« Sie kreischte, und ich hob meine heile Hand, um sie mir aufs Ohr zu legen, als ob ich sie hätte aussperren können.
Nicht der eine.
Der Hisaf, der mich festhielt, zögerte. Hörte auch er die Stimme? Ich hatte gespürt, wie er sich bereit machte, wieder den Pfad der Seelen zu betreten, hatte gespürt, wie sich sein Körper an meinen angepasst hatte, während er mich festhielt, wie er seine Atmung veränderte. Er wollte mich mit sich nehmen. Aber er hatte gezögert, als meine Schwester in meinem Kopf aufgeschrien hatte– und in seinem?–, und in diesem Augenblick fielen die Gestalten aus dem Himmel.
Es waren zwei, die mit
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