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Das Landmädchen und der Lord

Das Landmädchen und der Lord

Titel: Das Landmädchen und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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So heiter hatte Susannah ihre Mutter nicht mehr gesehen, seit Papa vor sechs Monaten an einer Infektionskrankheit gestorben war.
    „Was ist geschehen, Mama?“, fragte sie neugierig.
    Mrs. Hampton schwenkte einen Bogen aus edlem Papier. „Heute bekam ich einen Brief von Amelia Royston. Erinnerst du dich an sie? Wir haben sie in Bath kennengelernt. Dort weilte sie mit ihrer Schwägerin Lady Royston, und sie tat mir leid, weil sie die Gesellschaft dieser Xanthippe ertragen musste. Natürlich ist ihr Bruder ein Gentleman. Aber ich bin nicht sicher, ob ich ihn mag.“ Nachdenklich runzelte sie die Stirn, denn ihre Freundin hatte nichts über ihre Lebensumstände erzählt. Trotzdem hatte sie in Bath gespürt, dass Amelia unglücklich war. „Wie du dich vielleicht entsinnst, lud ich sie sehr oft ein, und seither korrespondieren wir regelmäßig. Jetzt lebt sie bei einer älteren Tante, und es geht ihr viel besser.“
    „Was schreibt sie denn, Mama?“
    „Oh, es ist wie ein Traum! Ihre Tante, Lady Agatha Sawle, starb und hinterließ ihr ein Vermögen. Damit hatte Amelia gar nicht gerechnet, und sie wusste nicht einmal, wie reich die alte Dame war.“
    „Da siehst du es, Mama, es geschehen doch noch Wunder. Vielleicht werden wir eines Tages auch etwas erben.“
    „Amelia ist so großzügig.“ Gerührt betupfte Mrs. Hampton ihre Augen mit einem Spitzentaschentuch, und der Duft ihres Lavendelwassers wehte zu Susannah herüber. „Stell dir vor, Liebes, sie lädt dich zu einer Saison in London ein. Natürlich weiß sie Bescheid über Papas finanzielle Schwierigkeiten. Nun will sie uns helfen. Sie bezahlt alle unsere Kosten. Außerdem bekommst du eine Mitgift – fünftausend Pfund. Also hast du allerbeste Chancen auf eine gute Partie.“ Mit zitternden Fingern berührte sie den Arm ihrer Tochter. „Warum sie das für uns tut, verstehe ich nicht – wo wir doch nicht einmal mit ihr verwandt sind.“
    Ungläubig starrte Susannah ihre Mutter an. „Eine Saison in London … Wie gut Miss Royston ist! Aber – wieso hat sie an uns gedacht?“
    „In ihrem Brief erklärte sie, ich sei in Bath so nett zu ihr gewesen. Damals habe sie dringend eine Freundin gebraucht. Doch ich vermute, sie hat noch andere Gründe. Wahrscheinlich fühlt sie sich einsam. Ihre Familie behandelt sie ziemlich schlecht, wenn sie sich auch nie darüber beklagt. Jedenfalls weiß ich es … Wie auch immer, ihre Großmut ist erstaunlich. Gewiss, solche ungeheuren Wohltaten dürfte man nicht annehmen. Normalerweise würde ich es nicht tun. Aber ich habe um ein solches Wunder gebetet. Und du verdienst eine Chance auf eine glückliche Zukunft, mein Liebes. Vielleicht können wir Amelia ihre Großzügigkeit irgendwann vergelten … Oh, überleg doch, du wirst viele bedeutsame Leute kennenlernen. Amelia hat Kontakte zu den allerbesten Kreisen. Und wer weiß, was passieren wird, wenn alles gut geht …“
    Susannah nickte. Während sie das strahlende Gesicht ihrer Mutter betrachtete, ließ ihre Freude ein wenig nach. Offenbar hofft Mama auf einen schwerreichen Gatten für mich, dachte Susannah, der alle Probleme lösen wird. Das wünschte sie sich ebenfalls. Andererseits wollte sie ihre romantischen Träume von der großen, unsterblichen Liebe nicht aufgeben. Aus unerfindlichen Gründen erschien plötzlich das Bild des wütenden Gentleman in ihrer Fantasie, dessen Pferde sie beinahe niedergetrampelt hätten. Unfassbar – wieso dachte sie gerade jetzt an ihn? Wo er sich doch so abscheulich benommen hatte …
    Wie auch immer, sie freute sich auf die Saison in der Hauptstadt. In all den Monaten seit Papas Tod hatte sie sich danach gesehnt. Wenn sie Glück hatte, würde sie sich in einen passenden Gentleman verlieben, der ihr Herz höher schlagen ließ und Mamas Wohlgefallen erregte. Möglicherweise würde er wie jener ungehobelte Mann aussehen – und ihr viel höflicher begegnen.
    „Obwohl ich die Hintergründe von Amelias Entschluss nicht begreife, will ich ihr sofort schreiben, dass wir ihr generöses Angebot dankbar annehmen“, verkündete Mrs. Hampton. „Sie hat uns für nächste Woche in ihr Haus bei Huntington eingeladen. Da werden wir alles Nötige besprechen. Dann fahren wir zusammen nach London. Sie schickt uns ihre Kutsche.“
    „Wie freundlich von ihr!“ Susannah stockte der Atem, als ihr ein neuer Gedanke durch den Sinn ging. „Und … unsere Kleider, Mama?“
    „Dafür ist gesorgt. Amalia hat mir geschrieben, wir sollen in der Stadt zu ihrer

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