Rettungskreuzer Ikarus Band 018 - Präludium
1.
Mein Name ist Roderick Sentenza – und ich bin ein Mörder.
Die Buchstaben auf dem Holodisplay funkelten violett und stellten die einzige
Lichtquelle des abgedunkelten Raumes dar. Eine Hand huschte über die Bedienelemente
des Zeichencomputers und veränderte die Anordnung. Wie von unsichtbarer
Hand bewegt formierten sich die Buchstaben neu.
Mein Name ist Roderick Sentenza – und ich bin ein Schwein!, war jetzt zu
lesen.
Ein leises Lachen erfüllte den Raum. Gehässig.
Die Schrift blieb für einige Minuten in der Luft hängen. Ihr Glanz
tauchte den Raum in ein gespenstisches Dämmerlicht. Hin und wieder war
ein leises Murren zu vernehmen. Dann machten sich die Hände abermals an
dem Paneel zu schaffen und positionierten die Buchstaben neu. Die neue Anordnung
war kein Satz mehr, sondern bestand nur noch aus einzelnen Wörtern.
Sentenza.
Feind.
Antagonist .
Ein Schrei klang auf. Die Hand an der Kontrolltafel des Holodisplays ballte
sich zur Faust, schoss durch die Lichtdarstellung, als könne sie die projizierten
Wörter so zerschlagen. Dann packten die Hände die Tafel und schleuderten
sie quer durch das Zimmer. Ein martialisches Brüllen begleitete das Scheppern
des Aufschlags. Das Licht erlosch. Nur noch die Laute des Schreis erfüllten
den Raum, flüchteten sich jedoch alsbald in ein leises Wimmern. Der Türsummer
riss die Gestalt aus ihrer zusammen gekrümmten Haltung.
»Ich will nicht gestört werden, habe ich gesagt!«
»Ist bei Euch alles in Ordnung, Majestät?«
Kronprinz Joran antwortete nicht. Obwohl die holografische Darstellung längst
verblasst war, flimmerte der Name seines Intimfeindes noch vor seinen Augen.
Die Buchstaben hatten sich unauslöschlich in sein Bewusstsein eingebrannt.
Scheinbar eine halbe Ewigkeit später erhob sich Joran und aktivierte durch
seine Bewegung den Lichtsensor. Gedimmtes Orange glomm auf und durchsetzte sein
Quartier an Bord der Praetorianer mit einem warmen Ton, der eigentlich
beruhigend wirken sollte. Doch ganz gleich welches Licht, in welcher Farbe und
welcher Intensität, Seine Majestät fühlte sich momentan im Dunkeln
am wohlsten.
Dunkelheit! Schwärze in mir, auf meiner Seele, o dunkle Mächte
der Galaxis. Ich werde ihn kriegen. Sentenza wird für alles bezahlen, das
er mir angetan hat.
Endlich lösten sich seine zu Fäusten verkrampften Finger wieder.
Er spürte nicht einmal den dumpfen Schmerz, der sich in die Glieder seiner
Hände gesetzt hatte. Joran blinzelte, als das Orange unangenehm seine Augen
berührte und durch seine Netzhäute stach. Seit dem Zwischenfall in
der Pronth-Hegemonie und der Schlappe, die er dort einstecken musste, litt er
unter starken Migräneanfällen. Der Kopfschmerz war so bohrend wie
niemals zuvor in seinem Leben. Selbst der schreckliche Unfall beim Flottenmanöver
vor einigen Jahren, der ihn die Hälfte seines menschlichen Körpers
gekostet hatte, schien momentan unbedeutend gegen die Pein zu sein, die ihn
im Augenblick heimsuchte. Joran ging es nicht um den Verlust der Seezunge im Garillon-System, auch wenn hier das Freie Raumcorps ebenso beteiligt war,
wie bei Pronth. Ihm ging es nicht einmal um die zerschossenen Toiletten und
den getöteten Freiherrn Olivier von Jaunocks, den es beim Angriff auf die Admiral Heinzerling erwischt hatte. Was ihn wurmte war, dass es wieder
einmal Sentenza gewesen war, der ihm eine Niederlage eingebracht hatte. Erst
hatte der Corpscaptain das Outsider-Vorauskommando in der Seer'Tak Anomalie
aufgerieben, danach war es einem Mitglied aus Sentenzas Crew gelungen, die schlafenden
Outsider in der Nähe Garillons zu vernichten und zu guter Letzt hatte die Ikarus zusammen mit ihren Bündnispartnern die Übernahme der
Pronth-Hegemonie vereitelt.
Immer und immer wieder ist Roderick Sentenza zur Stelle, wenn ich ihn am
wenigsten erwarte.
Joran schrie erneut auf. Diesmal zögerten die Wachtposten vor der Tür
nicht mehr. In Sorge, Seiner Majestät könne etwas zugestoßen
sein, überbrückten sie die Sicherheitsverriegelung des Eingangs und
öffneten das Schott. Ihre Waffen steckten noch in den Holstern, doch sie
waren bereit, sie jederzeit zu ziehen. Verdutzt blickten sich die beiden Mannschaftsmitglieder
an, als sie den Kronprinzen völlig unversehrt vor sich sahen. Im Gegenteil
schien er über ihre Störung äußerst verärgert zu sein.
»Ich sagte, unter keinen Umständen stören! Welchen Teil
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