Das Leben ist kein Spiel -kleine Bilder
Nach einer ordentlichen Mütze Schlaf sieht die Welt meist besser aus, so dachte ich zumindest.
Aber in meinem Fall verdichteten sich am nächsten Tag die Zeichen der Krise. Von Vorteil war nur, dass ich ausgeschlafen keine unüberlegten Aktionen mehr unternahm. Ich wachte am nächsten Tag relativ früh auf, fuhr zur Fähre und dann auf direktem Weg zu Tariks Haus in Miami. Als ich ankam, öffnete er mir die Tür. Er war freundlich. Ich auch. »Tarik, hallo, wie geht es denn so? Wo sind meine Kinder?« Tarik: »Noah ist in der Schule.« – »Wie bitte? Wo ist der?« – »Ja, in der Schule, hier in Miami.« Ich, verwundert: »Das verstehe ich nicht, er geht doch eigentlich in München auf die Internationale Schule.« Tarik reagierte erstaunt: »Da hat mir deine Frau aber etwas anderes erzählt.«
»Tarik, ich komme gerade aus München. Wir leben dort. Noah ist dort in der ersten Klasse. Tarik, weißt du eigentlich, dass ich gerade mit meiner Frau eine Auszeit beschlossen habe?« Und dann erzählte ich ihm alles. Von meinem One-Night-Stand in London, meiner unehelichen Tochter Anna, meinem Steuerverfahren und all den Streitereien und Problemen, die ich mit meiner Frau im Lauf der letzten zwei Jahre gehabt hatte. Ich sagte ihm aber auch, dass ich alles versuchen würde, um unsere Ehe zu retten. Tarik war völlig von den Socken und sagte, dass Barbara ihm das alles ganz anders dargestellt habe. Nämlich dass sie ganz nach Miami gezogen sei, und dass Noah hier eine Schule brauche. Und das sei alles mit mir abgestimmt. Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Hier bestand Klärungsbedarf. Dringend! Doch zunächst ging ich hoch ins Schlafzimmer. Dort war Elias mit Aphrodite, seinem Kindermädchen, das Barbara begleitet hatte. Sie kam zu mir, umarmte mich und sagte, es sei schön, dass ich da sei. Alles sei so schlimm, und sie habe den Eindruck, Barbara drehe hier gerade durch. Sie erzählte mir, was in Miami bis dahin so alles passiert war, und da war mir klar: »Okay, das ist jetzt hier kein Missverständnis mehr, da steckt ein Plan dahinter.« Ich war entsetzt und fühlte mich fürchterlich hintergangen.
In der Hoffnung, diese verfahrene Situation noch einmal retten zu können, rief ich Barbara an. Nach über einer Stunde ging sie endlich an ihr Mobiltelefon. Sie war nervös und kurz angebunden, aber wir haben zum Glück nicht rumgeschrien. Ich sagte: »Barbara, wir müssen uns dringend sehen, hier laufen Dinge ab, die so nicht gehen! Noah besucht hier die Schule, und ich weiß nichts davon? Was soll das?« – Sie wiegelte zunächst ab und schlug ein Treffen im »Sports Café« um halb eins vor. Sie fragte mich noch, wo ich denn jetzt sei. »Ich bin bei Tarik und bleibe jetzt noch ein bisschen hier, verbringe etwas Zeit mit Elias und fahre dann los.« Als ich mich dann wenig später in den Wagen setzte, hatte ich bereits ein seltsames Gefühl. Und tatsächlich, ein Blick in den Rückspiegel bestätigte meinen Verdacht: Ich wurde verfolgt! »Das ist ja wie in einem James-Bond-Film?«, ging es mir durch den Kopf. Das Auto folgte mir durch die Straßen. Obwohl ich versuchte, schneller zu fahren, konnte ich den Verfolger nicht abhängen.
Ich parkte vor dem »Sports Café« in Miami Beach, und der ominöse Wagen parkte direkt hinter mir. Ich stieg aus und dachte: »Oh Gott! Was ist denn jetzt los? Hat der Typ vielleicht eine Waffe? Oder will der mir eine überziehen?« Zum Glück war es helllichter Tag. Der Fahrer entpuppte sich als ein relativ klein gewachsener Mann. Er kam auf mich zu, und ich dachte bei mir: »Na, den packe ich aber! Wenn der böse wird, muss ich keine Angst haben«. »Sind Sie Boris Becker?«, fragte mich der Verfolger. »Ja!« – Daraufhin hielt er mir einen Umschlag unter die Nase und sagte: »Okay, hier sind die Papiere. ›You are served!‹.« Was ich bis dahin nicht wusste: In Amerika muss eine Person, die angeklagt wird, die gerichtlichen Unterlagen persönlich in Empfang nehmen. Und genau das war just in diesem Augenblick geschehen. Ab sofort konnten mich also amerikanische Gerichte einbestellen.
Und ich hatte angenommen, wir treffen uns zum Mittagessen, um wie zwei vernünftige, ehemals in Liebe verbundene Menschen über uns und das Schicksal unserer gemeinsamen Söhne zu sprechen. Und jetzt hielt ich diese Unterlagen in der Hand. »Served.« Schöner Mist! Was stand überhaupt in diesen Papieren? Ich riss den Umschlag auf und las die Überschriften, kapierte aber erst einmal nichts. Deswegen
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