Das Leben ist kein Spiel -kleine Bilder
Elvira Becker im Herbst 2012
© Michael Wilfing
Dieses Buch ist mir eine Herzensangelegenheit. Im Lauf der letzten zwölf Jahre ist sehr viel Unsinn über mich und meine Lieben verzapft worden. Da brauchte es eine andere Sicht auf die Dinge – meine. Und keine falsche Bescheidenheit, für die ich sowieso nicht gerade bekannt bin: Dieses Buch ist ein Durchbruch in der »Becker-Geschichtsschreibung«, Richtigstellung und Zwischenbilanz zugleich. Und dies hoffentlich auch für meine Frau Lilly, meine Kinder Noah, Elias, Anna, Amadeus, meine Mutter Elvira und die ganze Becker-Familie.
Es ist mir ein Bedürfnis zu erklären, wo ich stehe und wer ich heute bin. Es geht längst nicht mehr um das umjubelte Tennis-Wunderkind, den 17-jährigen Leimener, den Helden von Wimbledon, das Idol einer ganzen Generation. Sondern um den Ehemann, Vater und Unternehmer. Ja, ich habe nach meiner Tenniskarriere privat und beruflich Fehler gemacht und musste so einige Nackenschläge einstecken. Aber ich habe immer wieder nach vorne geschaut und gekämpft. Denn mein Motto ist bis heute: »Abgerechnet wird zum Schluss!« Und in Wimbledon, »meinem Wohnzimmer«, wo ich mit Lilly, Amadeus und neuerdings auch mit Noah lebe, schließt sich für mich ein Kreis. Hier hat 1985 meine Karriere begonnen, hier bin ich heute wieder angekommen. Es war gewiss kein leichter Weg, und ich bin stolz darauf, dass ich die Kurve bekommen habe.
Zu guter Letzt: Ein Leisetreter war ich nie und werde es auch niemals sein. In diesem Buch attackiere ich so vehement wie früher auf dem Tennisplatz. Serve and volley! Immer volles Risiko, auch für mich! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen und hoffe, Sie verstehen nach der Lektüre, was ich meine, wenn ich Ihnen sage: Alles, was Sie in puncto Boris Becker bisher zu wissen glaubten, entspricht nur zur Hälfte der Wahrheit. Die andere Hälfte steht in diesem Buch!
London, im Sommer 2013
I. PLÖTZLICH PRINZESSIN
Wie aus Barbara Feltus Frau Becker wurde. Gesetzt als Herzdame, Ehefrau und Mutter. Im Nebenberuf: Society-Lady, XXL-Shopperin, Partyqueen. Schließlich Scheidungskrimi vor einem Millionenpublikum
Scheidungskrimi – das hört sich spannend an. Nach Entertainment, Hitchcock-Thrill. Aber für diejenigen, die in dem Rosenkrieg drinstecken, geht der Unterhaltungswert gegen null.
Die Sonne schien, der Himmel über Miami makellos blau, so wie fast immer. Aber für Florida war es eisig kalt, hoher »wind chill factor«, für später war sogar Schnee angekündigt. Die Scharen von deutschen Journalisten, die sich vor dem Gerichtsgebäude des Miami Dade Courthouse versammelt hatten, froren. Der Scheidungs- und Sorgerechtsstreit mit meiner Noch-Ehefrau Barbara sollte, obwohl wir in München lebten und einen deutschen Ehevertrag hatten, in Amerika stattfinden. Und nicht, wie man vielleicht annehmen konnte, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nein, das Ganze wurde live im Fernsehen übertragen, sehr zum Vergnügen eines Millionenpublikums, das solchen schamlosen Veranstaltungen entgegenfieberte. Der Tennisheld auf der Anklagebank! Das Scheidungsdebakel Becker vs. Becker live und in Farbe. Super, schmutzige Wäsche waschen vor aller Augen!
Der Zeremonienmeister dieses Gerichtskrimis war Barbaras Anwalt Samuel I. Burstyn, ein Mann, der später aufgrund von Drogendelikten für Jahre in den Knast wanderte und damit sogar seine Anwaltslizenz gefährdete. Auf diesen feinen Herrn traf ich im Gericht von Miami, und zwar heftig! Zwei Stunden lang versuchte er, mich nach allen Regeln der Kunst auseinanderzunehmen und mich in Widersprüche zu verwickeln. Ja, er nannte mich sogar einen Lügner, wie meine Anwälte bezeugen können. Burstyn wollte den deutschen Tennishelden vor Gericht und vor der gesamten Weltöffentlichkeit in die Knie zwingen, erniedrigen und zerstören. Das war sein ganz großer Auftritt, seine Bühne, sein Moment, frei nach Andy Warhol: »berühmt für 15 Minuten« … Mich widerte sein Gebaren an. Selten zuvor habe ich mich so gedemütigt gefühlt, stand ich so unter Druck und Anklage. Es war wie in einem schlechten Film, aber bedauerlicherweise lief der vor einem Millionenpublikum auf der ganzen Welt.
Spulen wir zurück. Wie war es überhaupt dazu gekommen, dass ich mich vor einem amerikanischen Gericht zu verantworten hatte? Der Lebensmittelpunkt der Familie Becker war, wie bereits erwähnt, damals München, nicht Miami. Doch wer hat Barbara eigentlich zu diesem Schritt, dieser
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