Das Leben ist kein Spiel -kleine Bilder
zum Tennis-Heros emporstieg, waren die Westdeutschen gerade dabei, ihr Selbstverständnis markant zu revidieren. Das › Lernziel Solidarität ‹ aus den siebziger Jahren war passé. Es entstanden die neuen Ich-Menschen. Kämpferische Selbstbehauptung rückte in den Vordergrund. Im repräsentativen Gießen-Test wandelten sich die Selbstbilder signifikant in folgende
Richtung:
• Ich bin stark daran interessiert, andere zu übertreffen.
• Ich bin im Vergleich zu anderen eher eigensinnig.
• Ich gerate häufig in Auseinandersetzungen.
• Ich neige dazu, meinen Ärger abzureagieren.
• Ich mache mir nur selten Selbstvorwürfe.
• Ich mache mir verhältnismäßig selten Sorgen um andere Menschen.
Boris, wie er leibt und lebt. Keiner machte wie er mit diesen Eigenschaften vor aller Augen eine einzigartige Star-Karriere. Nicht dass er auf dem Tenniscourt oft die Beherrschung verlor, seinen Ärger ungestüm abreagierte und mit den Schiedsrichtern haderte! Gerade weil er seinen Emotionen derart freien Lauf ließ, eroberte er die Herzen der Massen. « [»Becker-Debatte: Bum-Bum-Boris, der Letzte seiner Zeit«, Spiegel online, 12.02. 2001]
Liest man gerne so etwas über sich? Eher weniger! Aber einiges, was dieser kluge Mann geschrieben hat, trifft ohne Weiteres zu, ja, es gehört meiner Meinung nach zum Rüstzeug eines jeden erfolgreichen Sportsmannes. Klar, ich wollte als Tennisspieler meine Gegner übertreffen. Wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte ich gar nicht erst auf den Platz gehen müssen. Klar, ich bin eigensinnig. Bestimmt eigensinniger als das Gros der Menschen, denn nur so kann man – mal abgesehen von Physis und Training – eine Siegermentalität entwickeln. Man muss an sich glauben. Und wenn das Eigensinn ist, nun gut, dann akzeptiere ich das als eine meiner Charaktereigenschaften. Auseinandersetzungen suchen, Ärger abreagieren, Selbstvorwürfe vermeiden – auch das gehört zur DNA eines Sportlers. Selbstvorwürfe – oder schlimmer noch: Selbstzweifel – sind auf dem Platz ein schlechter Ratgeber. Im Leben hingegen sind sie manches Mal sehr hilfreich. Sie zwingen dich, deinen Standort zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu bestimmen. Und das ist, wenn man erwachsen werden will, gut! Womit ich natürlich überhaupt nicht einverstanden bin, ist die letzte Aussage, nämlich dass ich mir verhältnismäßig selten Sorgen um andere Menschen mache. Seit Noah auf der Welt ist, seit ich Kinder habe, mache ich mir ständig Sorgen um sie. Sich Sorgen zu machen um Familie und Freunde ist eine permanente Befindlichkeit, ein innerer Dauerzustand. Aber natürlich gehörte zum Sportler, der ich war, auch eine gewisse Rücksichtslosigkeit. Ich wollte gewinnen, das konnte ich nicht an andere delegieren. In der Formel 1 gilt der Satz: » Wer bremst, verliert. « Zumindest der, der zu früh bremst. Unter anderen Vorzeichen ist ein solch gesunder Egoismus aber auch in der Geschäftswelt vonnöten. Dass man im Leben manchmal die Ebenen verwechselt und Regeln aus der Sportwelt ins Private überträgt, das ist mir manches Mal passiert, und dafür musste ich viel Lehrgeld zahlen.
Deswegen ist Boris Becker 2013 auch ein ganz anderer als Boris Becker 2000. Der Sportler ist Vergangenheit, ein wichtiger Teil meiner Vergangenheit. Aber heute steht der Familienvater und Geschäftsmann im Vordergrund. Der Erstgenannte will Glück und Sicherheit für die Familie, noch weitere Kinder mit Lilly; der Geschäftsmann will durch die Entwicklung von Sportstätten und den Einstieg ins Immobilien- und Ölbusiness die zweite Karriere vorantreiben. Und diese hoffentlich so erfolgreich gestalten wie seine erste als Sportsmann.
ANHANG
Danksagung Boris Becker
Mein Dank für viele unvergessliche Erlebnisse, für Rat und Tat und Freundschaft, auch in schweren Stunden, gilt den folgenden Menschen. Und jenen, die ich vergessen haben sollte, sage ich: »Seid mir nicht gram. War keine Absicht!«
Cindy Alambwa, Franziska van Almsick, Franz Beckenbauer, Elisabeth Beier, Willi Beier, Stefan Blöcher, Nick Bollettieri, Bernd Bönte, Günter Bosch, Boris Breskvar, Bob Brett, Michael Caudera, Sabine Christiansen, Dr. Hans-Dieter Cleven, Alfred Draxler, Thomas Deissenberger, Dr. Peter Duvange, Bernie Ecclestone, Klaus Eder, Manfred Ferber, Detlef Fischer, Melanie Fischer, Thomas Gottschalk, Olaf Göttgens, Karl-Heinz Grasser, Jürgen B. Harder, Rolf Hauschild, Biggi Heinz, Werner Heinz, Marcus Höfl, Eric Jelen, Michael Käfer, Oliver
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