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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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    I ch glaube, da vorn ist der Abfallhaufen, Illaun«, sagte Mahon.
    Wir beide gingen über einen windgepeitschten Kiesstrand in der Shannon-Mündung. Links von uns endete das Küstenweideland abrupt an einer nackten Uferböschung aus sandiger, mit Steinen durchsetzter Erde. Zu unserer Rechten erstreckte sich kabbeliges, graues Wasser bis zur Küste von Kerry, die als verschwommenes Grün in der Ferne erkennbar war. Über uns drohte sich eine gewaltige Regenwolke zu entladen, während wir über die losen Steine stolperten, die mit allerlei Unrat übersät waren, den die Flut herangetragen hatte: Plastikwasserflaschen, rostige Sprühdosen, ein Stück blaues Nylonseil, das an einer Boje befestigt war, die Ringe von einer Sechserpackung Getränke, eine rosa Kinderbadelatsche. Ich musste über die Ironie lächeln – wir bahnten uns einen Weg über einen neuzeitlichen Abfallhaufen, um zu einem prähistorischen zu gelangen.
    Einige Kilometer weiter westlich krachten haushohe Atlantikwellen entlang der Halbinsel Loop Head gegen Klippen und brandeten in kleine Buchten und Meereshöhlen. Was bedeutete, dass das Schiffswrack, nach dem Mahon tauchen sollte, im Moment nicht zugänglich war.
    Theo Mahon war Meereshistoriker und sah auch aus wie einer. Er trug eine Seemannsmütze und eine marineblaue, zweireihige Jacke, die sich mit Mühe über einen grauen Rollkragenpullover
mit Zopfmuster spannte. Der kratzige weiße Bart, der aus seinen wohl gefütterten Backen spross, erinnerte an eine Scheuerbürste, ein Eindruck, der durch das Fehlen eines Schnurrbarts noch unterstrichen wurde. »Ich rasiere mir den Schnauzer ab, wenn ich tauche«, hatte er erklärt. »Sonst sickert immer Wasser in meine Maske.«
    Es war Mahon gewesen, der vorgeschlagen hatte, dass wir zur Flussmündung hinausfahren sollten, um Berichte zu überprüfen, ein Muschelhaufen sei infolge eines Zusammenspiels von hohen Gezeiten und rauer See freigelegt worden. Es war September, und der Vollmond war in einer Linie mit Erde und Sonne. Das allein verursachte bereits besonders hohe – und niedrige – Gezeitenstände. Aber wenn man die bevorstehende Tagundnachtgleiche sowie den Umstand, dass der Mond näher zur Erde stand und irgendwie geneigt war, mit berücksichtigte, wurde es noch komplizierter. Ich versuchte schon lange nicht mehr, diese Wissenschaft zu verstehen, aber alles in allem war es offenbar ein Rezept für extreme Gezeiten.
    Regen setzte ein und prasselte auf meine Windjacke. Ich zog die Kapuze über den Kopf, doch ehe ich sie festbinden konnte, erfasste der Wind das Zugband und ließ den Knebel gegen mein Gesicht schlagen. Es brannte, obwohl meine Wangen taub waren von der Kälte. Die Witterung war eher wie Ende Januar als wie Frühherbst.
    »Da ist er«, sagte Mahon. Der Erdwall, an dem wir entlanggegangen waren, erhob sich etwa drei Meter hoch und lag genauso viel über der normalen Hochwassermarke. Doch da, wo wir beide jetzt standen, war die Fassade der Böschung auf den Strand abgerutscht, und man sah einen Haufen weggeworfener Schalen von Meeresweichtieren, Stücke von Tierknochen, verbrannte Steine und Sand, der mit Spuren von Holzkohle durchsetzt war.

    »Es ist tatsächlich ein Muschelhaufen«, sagte ich und fragte mich, welchen Umfang er wohl haben mochte. An solchen Orten waren regelmäßig prähistorische Grillabende veranstaltet worden, die im gesellschaftlichen Leben der nomadischen Jäger und Sammler offenbar eine große Rolle gespielt hatten. Als Folge davon konnten die über Generationen angehäuften Abfallberge eine erstaunliche Größe erreichen.
    »Was halten Sie davon, wenn Sie weitergehen und schauen, wie weit der Abbruch reicht?«, sagte ich. Ich hatte bemerkt, dass die Kiesel in der unmittelbaren Umgebung von verwitterter Erde zusammengebacken worden waren, was es leichter machte, einen Halt für die Füße zu finden.
    Mahon ging ein kleines Stück, blieb stehen und drehte sich um. »Hier endet er. Und der Muschelhaufen ebenfalls.«
    »Dann ist unter der Uferböschung wahrscheinlich noch mehr davon. Wie weit sind Sie von mir entfernt? Fünf Meter?«
    Er nickte.
    »Vielleicht sollten wir weitergehen und schauen, ob es noch mehr abgetragene Stellen gibt.«
    Eine in die Flussmündung drückende Flutwelle lief über die Kiesel zu uns herauf.
    Mahon schüttelte den Kopf. »Die Flut kommt. Wir sollten besser kein Risiko eingehen.«
    Kiesel klickten und klapperten, als das Wasser zwischen ihnen zurückströmte.
    Ich holte meine

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