Das Leben und das Schreiben
hatte (inspiriert von einer Episode aus AUF DER FLUCHT (Originaltitel: THE FUGITIVE) , in der Dr. Richard Kimble als Tierpfleger in einem Zoo oder Zirkus die Käfige säubert). Algis Budrys schrieb: »Gute Geschichte. Nichts für uns, trotzdem gut. Sie haben Talent. Reichen Sie uns weiter Geschichten ein!«
Diese vier kurzen Sätze, hingeschmiert mit einem Füller, der unförmige Kleckse um seine Schriftzeichen verteilte, erhellten den trüben Winter meines sechzehnten Lebensjahrs. Zehn Jahre später, als ich schon ein paar Romane verkauft hatte, entdeckte ich »The Night of the Tiger« in einer Kiste mit alten Manuskripten und fand, dass es immer noch eine ganz ansehnliche Geschichte war … auch wenn offensichtlich von jemandem verfasst, der gerade erst angefangen hatte, sein Handwerk zu lernen. Ich schrieb sie um und reichte sie aus Spaß wieder bei F&SF ein. Diesmal wurde sie angenommen. Das gehört zu den Dingen, die ich gelernt habe: Wenn man bereits ein wenig Erfolg gehabt hat, kommen die Zeitschriften nicht so schnell mit ihrer Phrase: »Nichts für uns.«
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Obwohl mein großer Bruder ein Jahr jünger war als seine Klassenkameraden, langweilte er sich auf der Highschool. Das lag teilweise an seiner Intelligenz (bei einem Test wurde festgestellt, dass er einen IQ von 150 oder 160 hatte), doch meiner Meinung nach war der Hauptgrund sein rastloses Wesen. Für Dave war die Highschool einfach nicht super-duper genug – kein Peng, kein Knall, kein Spaß . Er schuf Abhilfe, zumindest vorübergehend, indem er eine Zeitung ins Leben rief, die er Dave’s Rag nannte.
Das Redaktionsbüro des Rag war ein Tisch in unserem spinnenverseuchten Keller mit Steinwänden und Lehmboden, der irgendwo nördlich vom Heizkeller und östlich vom Gemüsekeller stand, wo die ungezählten Pakete mit Konserven und eingemachtem Gemüse von Clayt und Ella lagerten. Der Rag war eine ungewöhnliche Kreuzung aus Familienpostille und vierzehntägiger Kleinstadtzeitung. Manchmal, wenn Dave vorübergehend Interesse an anderen Dingen fand wie der Herstellung von Ahornzucker oder Cider, dem Konstruieren von Raketen oder dem individuellen Tuning von Autos (um nur einige zu nennen), erschien das Blatt nur einmal im Monat. Dann wurden immer Witze gerissen, die ich nicht verstand: dass Daves Rag 3 in diesem Monat etwas spät dran sei oder dass wir Dave nicht stören sollten, weil er unten im Keller eine Nummer mache.
Witze hin oder her, die Auflage stieg langsam von ungefähr fünf Exemplaren pro Ausgabe (die an Familienangehörige in der Umgebung verkauft wurden) auf fünfzig oder sechzig Exemplare, und unsere Verwandten und die Verwandten unserer Nachbarn aus dem Dorf (1962 hatte Durham ungefähr 900 Einwohner) warteten ungeduldig auf jede neue Nummer. In einer typischen Ausgabe erfuhr man beispielsweise, wie sich das gebrochene Bein von Charley Harrington machte, welche Gastredner in der Methodistenkirche von West Durham möglicherweise sprechen würden, wie viel Wasser die King-Brüder von der städtischen Pumpe heranschleppten, damit der Brunnen hinter ihrem Haus nicht austrocknete (er trocknete natürlich jeden Scheißsommer aufs Neue aus, egal, wie viel Wasser wir aus der Stadtpumpe schöpften), wer die Browns oder die Halls auf der anderen Seite von Methodist Corners besuchte und wessen Verwandte sich im Sommer in der Stadt aufhalten würden. Dave brachte auch Sportnachrichten, Wortspiele und Wetterberichte (»Es ist ziemlich trocken gewesen, doch der ortsansässige Bauer Harold Davis sagt, er würde lächelnd sein Schwein knutschen, wenn wir im August nicht mindestens einen ordentlichen Regenschauer bekämen«). Außerdem Rezepte, einen Fortsetzungsroman (den schrieb ich) und Daves Witze und Humor, darunter Kleinode wie diese:
Stan: »Was sagt der Biber zur Eiche?«
Jan: »Wir sollten uns mal zum Essen treffen!«
Erster Beatnik: »Wie komme ich in die Carnegie Hall?«
Zweiter Beatnik: »Üben, Mann, üben!«
Im ersten Jahr hatte der Rag eine violette Schrift. Wir machten die Abzüge auf einer mit Gelatine beschichteten Druckplatte, die Hektograf hieß. Doch schon bald war mein Bruder der Ansicht, der Hektograf sei ein nerviges Scheißteil. Er war ihm zu langsam. Schon als kleiner Junge in kurzen Hosen ließ Dave sich höchst ungern aufhalten. Wenn Milt, der Freund unserer Mutter (»ganz süß, aber nicht besonders schlau«, sagte sie zu mir ein paar Monate, nachdem sie sich von ihm getrennt hatte), im Stau feststeckte oder
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