Das Leben und das Schreiben
JACK THE RIPPER) , GORGO und KONGA herausgab. Aber ich würde dieses Meisterwerk nicht einfach nur schreiben, ich würde es auf der Walzenpresse in unserem Keller drucken und in der Schule verkaufen! Zapp! Kawumm!
Gesagt, getan. Mit der mir eigenen überlegten Sorgfalt, für die ich später von der Kritik gerühmt werden sollte, schuf ich meine Romanversion von Das Pendel des Todes innerhalb von zwei Tagen, wobei ich direkt auf die Matrizen schrieb, mit denen ich hinterher druckte. Obwohl meines Wissens keine Exemplare dieses Meisterwerks überlebt haben, meine ich, dass es acht Seiten lang war, jede Seite in einzeiligem Abstand beschrieben, und Absätze auf ein absolutes Minimum beschränkt waren (nicht vergessen: Jede Matrize kostete 19 Cents!). Ich bedruckte die Blätter beidseitig, wie in einem richtigen Buch, und fügte eine Titelseite hinzu, auf die ich ein grob stilisiertes Pendel mit heruntertropfenden kleinen schwarzen Klecksen gemalt hatte, die, so hoffte ich, wie Blut aussahen. Im letzten Moment fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, den Verlag anzugeben. Nach einer halben Stunde heiteren Grübelns tippte ich die Wörter Ein V. I. B.-Buch in die obere rechte Ecke der Titelseite. V. I. B. stand für Very Important Book.
In seliger Ahnungslosigkeit, dass ich jedes Plagiats- und Urheberrechtsgesetz der Weltgeschichte verletzte, druckte ich rund vierzig Exemplare von Das Pendel des Todes . Ich konzentrierte mich voll und ganz auf die Berechnung, wie viel Geld ich verdienen könnte, sollte sich meine Geschichte in der Schule zu einem Hit entwickeln. Die Matrizen hatten mich 1,71 Dollar gekostet (eine ganze Matrize für die Titelseite zu verbrauchen, schien mir zuerst unglaubliche Geldverschwendung, aber es musste etwas hermachen, entschied ich schließlich widerstrebend. Wenn man unter die Leute ging, musste man anständig aussehen). Das Papier hatte noch mal ungefähr 25 Cents gekostet, die Heftklammern waren umsonst, die hatte ich meinem Bruder abgeluchst (Geschichten, die man an Zeitschriften schickte, konnte man möglicherweise mit Büroklammern zusammenhalten, aber das hier war ein Buch, das war eine große Sache). Nach weiteren Überlegungen legte ich den Preis für V. I. B. Nr. 1, Das Pendel des Todes von Steve King, auf einen Vierteldollar fest. Ich hoffte, vielleicht zehn davon verkaufen zu können (meine Mutter würde ein Exemplar kaufen, damit die Sache ins Rollen kam; auf sie konnte ich mich immer verlassen), dann hätte ich insgesamt 2,50 Dollar eingenommen. Das wäre ein Gewinn von etwa 50 Cents, was mehr als genug wäre, um eine weitere lehrreiche Reise ins Ritz zu finanzieren. Wenn ich noch zwei mehr verkaufte, konnte ich mir sogar eine große Tüte Popcorn und eine Cola leisten.
Das Pendel des Todes wurde mein erster Bestseller. Ich nahm die gesamte Auflage im Ranzen mit in die Schule (1961 muss ich in der achten Klasse der neu gebauten Volksschule von Durham gewesen sein, die über vier Räume verfügte), und bis zum Mittag hatte ich zwei Dutzend Exemplare verkauft. Am Ende der Mittagspause, als sich die Geschichte von der eingemauerten Frau herumgesprochen hatte (»Voller Entsetzen starrten sie auf ihre Fingerkuppen, aus denen die Knochen hervorschauten, und ihnen wurde klar, dass sie bei dem verzweifelten Versuch gestorben war, sich kratzend aus ihrem Gefängnis zu befreien«), waren es drei Dutzend. Neun Dollar in Münzen lagen schwer auf dem Boden meines Ranzens (auf den Durhams Antwort auf Daddy Cool sorgfältig fast den gesamten Text des Liedes »The Lion Sleeps Tonight« geschrieben hatte). Ich lief herum wie in einem Traum, ich konnte meinen plötzlichen Aufstieg in die ungeahnte Welt des Reichtums gar nicht begreifen. Das schien zu schön, um wahr zu sein.
War es auch. Als der Unterricht um zwei Uhr endete, wurde ich in das Büro des Rektors gerufen. Miss Hisler sagte mir, dass ich die Schule nicht zu einem Marktplatz machen könne … und schon gar nicht, um solchen Schund wie Das Pendel des Todes zu verkaufen. Ihre Meinung überraschte mich nicht sonderlich. Miss Hisler war schon Lehrerin an meiner alten Schule in Methodist Corners gewesen, wo es nur ein Klassenzimmer gab. Ich hatte dort die fünfte und sechste Klasse besucht. Damals hatte sie mich erwischt, als ich einen ziemlich reißerischen Roman über eine Jugendgang las ( The Amboy Dukes von Irving Shulman), und ihn mir weggenommen. Das war nun wieder das Gleiche, und ich ärgerte mich über mich selbst, dass ich diese
Weitere Kostenlose Bücher