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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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können. Sie hatte doch einen Panzer an, der für alle Keime oder Gifte undurchdringlich ist. Sogar für Strahlung. Sie
     war hermetisch abgeschirmt.«
    »Der Anzug war nicht völlig undurchdringlich«, erwiderte ich etwas leiser.
    Der Doktor sah mich ungläubig an.
    »Wieso das?«
    Ich antwortete nicht sofort. Ich schaute zu Hauptkommissar Milenković.
    »Das Visier.«
    »Das Visier?«, wiederholte der Doktor. »Aber was könnte fingerdickes Glas durchdringen?«
    »Das, was Fräulein Vidić gesehen hat.«
    Der Doktor schüttelte den Kopf.
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Was hat die Ärztin gesehen, als sie das Buch geöffnet hat?«
    »Na, den Text, denke ich mal. Was sonst?«
    »Genau. Den Text des Buches.«
    Er sah mich wortlos an.
    »Und?«
    Die Stille, die darauf folgte, unterbrach der Hauptkommissar als Erster. Auch seine Stimme war nun leiser.
    »Das Lesen des
letzten Buches
hat sie umgebracht?«
    »So wie die anderen auch«, antwortete ich. »Das Buch ist nicht vergiftet. Hier ahmt niemand ›Der Name der Rose‹ nach. Die
     Sache ist komplizierter. Tödlich ist das, was im
letzten Buch
geschrieben steht.«
    »Das ist … das ist …«, Doktor Dimitrijević bemühte sich, das rechte Wort zu finden, »… durch und durch Wodu!«
    |203| »Haben Sie eine andere Lösung, die nicht unbedingt Wodu wäre?«, fragte ihn der Hauptkommissar.
    »Nein, aber ich bin überzeugt davon, dass es eine natürliche Erklärung geben muss …«
    »Vielleicht ist sie gar nicht unnatürlich«, sagte ich. »Wir müssen nur die Definition der natürlichen Erklärung erweitern.«
    »Ich habe nicht erwartet, dass zwei gestandene Polizisten derart unvernünftig sein können …«
    »Es ist schwierig, sich an die Vernunft zu halten, wenn vor Ihren Augen ein Buch aus einer geschlossenen Kammer verschwindet.«
    Der Arzt schien etwas erwidern zu wollen, aber er schüttelte nur den Kopf.
    »Wie sind Sie auf diesen Gedanken gekommen?«, fragte mich der Hauptkommissar.
    »Im Traum«, sagte ich wahrheitsgemäß nach leichtem Zögern. »Das passiert mir manchmal. Ich habe aufregende Träume.«
    »Seien Sie froh. Ich merke mir meine nicht.« Er hielt kurz inne. »Was kann es sein, das da in dem
letzten Buch
steht und so tödlich wirkt?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Keine Ahnung«, log ich.

|204| 37.
    Hauptkommissar Milenković ging gleich fort, aber ich blieb in dem Raum mit der Kammer, bis die Sanitäter kamen und die Leiche
     der Ärztin abholten. Als sie sie in den »Kühlschrank« brachten, schien Doktor Dimitrijević zusammenzubrechen. Er versuchte
     gar nicht erst, seine Tränen zu verbergen. Ich sah in diesem Augenblick, dass da mehr sein musste als Trauer um eine zu Tode
     gekommene Kollegin.
    »Ich bin nicht imstande, die Autopsie durchzuführen«, sagte er mit gebrochener Stimme. »Ich werde einen Kollegen bitten …«
    »Weshalb ist das überhaupt nötig? Sie wissen doch, dass nichts festgestellt wird.«
    »Das Protokoll. Der Tod ist nicht natürlich. Wir werden das auch mit Fräulein Bogdanović durchführen müssen.«
    »Wie kam es dazu, dass Fräulein Doktor Vidić das Buch untersucht hat?«
    »Sie hat mich gedrängt, es ihr zu überlassen. Sie war schon immer ehrgeizig. Was für ein Fehler, ihr das zu erlauben! Ich
     hätte in der Kammer sein müssen.«
    »Hätten Sie anders gehandelt, wenn Sie an ihrer Stelle gewesen wären?«
    Er sah mich einige Sekunden wortlos an.
    »Ob ich auf Sie gehört hätte, das Buch nicht zu öffnen? Nein. Aber besser, ich wäre umgekommen, als sie. Sie war so jung …«
    |205| »Sie wäre noch am Leben, wenn sie auf mich gehört hätte.«
    »Sie war überzeugt, rundum geschützt zu sein. Wie konnte sie es wissen? Obwohl ich Augenzeuge war, kann ich selbst noch nicht
     glauben, was da geschehen ist. Alles ist völlig … unwissenschaftlich. Was ist das für ein schreckliches Buch?! Und wie konnte es verschwinden?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich werde alles geben, um es herauszufinden.« Ich schwieg kurz. »Wenn das überhaupt möglich ist«,
     fügte ich etwas leiser hinzu.
    Er wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
    »Und wenn es nun wieder irgendwo auftaucht?«
    »Jetzt wissen wir zumindest verlässlich, dass es ungefährlich ist, solange es nicht geöffnet wird.«
    »Ein paar Leute wissen es, aber die anderen nicht. Es könnte wieder im ›Papyrus‹ oder in irgendeiner anderen Buchhandlung
     auftauchen und auf ein neues Opfer lauern, das nichts ahnt.«
    »Es wird

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