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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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neben mir auf einem Diwan hockt, singt. Ich versuche, sein Gesicht zu erkennen, aber es liegt im Schatten der Säulen.
    Diese Stimme – ich kenne sie!
    Ich blinzele in das düstere Licht. Verwirrt halte ich den Atem an und schließe wieder die Augen.
    Der Gesang verstummt. Mein Bett schwankt.
    »Auferstanden von den Toten. Hast du geträumt? Du warst in den letzten Stunden so unruhig. Ich habe so sehr gehofft, dass du die Musik hören kannst, damit du ruhiger wirst.«
    Erschrocken zucke ich zusammen. Es ist Gils Stimme. Er redet Kastilisch. Er spricht langsam und ruhig, doch er wirkt angespannt, denn seine Stimme klingt gepresst.
    Ein Gedanke durchzuckt mich schmerzhaft: Was ist geschehen? Wo sind die anderen – Adrian und Lionel?
    Panisch bewege ich meine rechte Hand und kann grobes Leinen unter meinen Fingern spüren. Darunter pikst das Stroh der Matratze. Ich versuche den Arm zu heben, aber etwas hindert mich. Eine Bettdecke? Ich strecke die Beine aus. Auch dort habe ich das Gefühl von kühlem Leinen auf meiner Haut. Neben meinem Bett knackt und prasselt ein Feuer in einem Marmorkamin. Über mir erkenne ich ein weiß verputztes Tonnengewölbe, die groben Steinwände sind leicht nach innen geneigt. Die Stimmung in diesem Raum ist erdrückend, als ob das Gewölbe gleich auf mich herabstürzen und mich unter den Trümmern begraben würde.
    »Wo bin ich?«, krächze ich. Ist das wirklich meine Stimme? Sie klingt so fremd in meinen Ohren. Wegen des Kastilischen? Wegen des weichen Akzents, mit dem ich spreche – ist er arabisch oder italienisch? Oder wegen des panischen Zitterns?
    »Im Bett.« Gil streicht mir eine Strähne aus der Stirn und beobachtet mich aufmerksam. »Wie geht’s dir?«
    »Ich lebe noch«, presse ich hervor, irgendwie erleichtert, dass er mich endlich hören kann.
    »¡Gracias a Dios!«, seufzt er, bekreuzigt sich und küsst seine Fingerspitzen. Dann nimmt er einen Zinnbecher vom Nachttisch und hält ihn mir an die Lippen, damit ich trinken kann. »Du warst drei Tage lang wie tot. Und trotzdem scheinst du Träume oder Visionen gehabt zu haben, Erinnerungen, die dich zutiefst aufgewühlt haben. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.« Er atmet tief durch. »Heute bist du zum ersten Mal aufgewacht.«
    Ein kalter Lichtstrahl dringt durch einen Spalt des hölzernen Fensterladens und fällt auf sein Gesicht. Wieso wendet er es ab?
    Ich trinke. Das Wasser ist kühl und frisch wie geschmolzener Schnee.
    »Danke«, murmele ich.
    »Schon gut.« Was geht in ihm vor?
    Er ist mir viel zu nah!, denke ich plötzlich. Wie soll ich mich gegen ihn wehren? Ich bewege meine Hand unter der Decke. Aber da ist nicht wie sonst ein Dolch …
    Woher ich das weiß? Vielleicht, weil ich mich ohne Waffe nackt und hilflos fühle.
    Aber wenn ich das weiß, denke ich, und mein Herz beginnt zu pochen, dann muss ich auch noch andere Dinge von mir wissen. Ich muss mich nur daran erinnern.
    »Bleib still liegen, du musst dich ausruhen«, ermahnt er mich. Wieso spricht er so leise, dass ich seine Stimme kaum hören kann? »Du bist schwer verletzt.«
    Ich zögere einen Augenblick, dem Todfeind meine Schwäche einzugestehen, aber dann frage ich doch: »Was ist geschehen?«
    Langsam dreht er sich zu mir um und wendet mir sein Gesicht zu. Kurz geschnittene Haare, gestutzter Bart, blaue Augen, sinnlich geschwungene Lippen. So wie ich ihn mir vorgestellt habe – nur dass der Mann, an den ich mich erinnere, einen anderen Namen hatte.
    Gil trägt eine schwarze Jacke und enge Hosen in hohen Reitstiefeln, die seine schlanken Beine gut zur Geltung bringen. Seine Kleidung ist schlicht, aber sehr elegant. Und sie sieht neu aus, als habe er sie erst gestern gekauft. Kein Haar, kein Fussel, kein Staub hängt im schimmernden Samt. Das einzige Schmuckstück ist eine lange Kette mit einem gläsernen Anhänger, in dem ein winziger Holzsplitter steckt. In das Glas eingraviert ist das Gotteslamm. Der Holzsplitter scheint ein Stück vom Heiligen Kreuz zu sein.
    »Erinnerst du dich nicht?«, fragt er leise.
    Ich schüttele den Kopf.
    Eine steile Falte bildet sich zwischen seinen Augenbrauen. Trotz seiner Anspannung wirkt er erleichtert. »Schlaf noch ein bisschen. Du bist erschöpft. Und du zitterst.«
    »Sag mir erst, was geschehen ist.«
    Er sieht mich lange an. »Das weiß ich nicht«, gesteht er, und ich glaube, er sagt die Wahrheit. »Im blutigen Schnee habe ich dich gefunden. Du warst verletzt, und ich dachte, du wärst tot, so wie Gal …« Er

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