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Das letzte Experiment

Das letzte Experiment

Titel: Das letzte Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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«Überhaupt nichts.»
    Ich wuchtete meine Tasche auf den langen Tisch und war im Begriff, die Schnallen zu öffnen, als ein Mann die Gangway unseres Schiffes hinaufgeeilt kam. Er rief etwas auf Spanisch und dann auf Deutsch: «Alles in Ordnung. Es tut mir leid, dass ich mich verspätet habe. Lassen Sie die Herren bitte durch. Es hat ein Missverständnis gegeben. Ihre Papiere sind einwandfrei. Ich habe sie schließlich selbst vorbereitet.»
    Er sagte noch irgendetwas auf Spanisch über uns drei, unter anderem, dass wir bedeutende Herrschaften aus Deutschland seien, und das Verhalten der beiden Beamten änderte sich augenblicklich. Beide schlugen die Hacken zusammen. Der Passbeamte gab Eichmann seinen Pass zurück und bedachte den meistgesuchten Mann Europas mit einem gereckten Arm, begleitet von einem lauten «Heil Hitler!», das jeder auf Deck gehört haben muss.
    Eichmann lief dunkelrot an und zog den Kopf ein wie eine Riesenschildkröte, als würde er am liebsten unsichtbar sein. Kuhlmannund ich lachten lauthals über Eichmanns Verlegenheit, während dieser seinen Pass an sich riss, sich abwandte und die Gangway hinunter und auf den Kai stürmte. Wir lachten immer noch, als wir neben ihm auf der Rückbank einer schwarzen amerikanischen Limousine saßen. Auf einem Schild an der Windschutzscheibe stand: VIANORD.
    «Ich finde das überhaupt nicht lustig!», sagte Eichmann.
    «Das denke ich mir», erwiderte ich. «Gerade das macht es ja für uns so witzig.»
    «Sie hätten Ihr Gesicht sehen sollen, Riccardo», sagte Kuhlmann. «Was um alles in der Welt mag in diesen Kerl gefahren sein, dass er Sie mit dem Hitlergruß begrüßt? Ausgerechnet Sie!» Kuhlmann prustete erneut los. «Heil Hitler, du meine Güte!»
    «Ich fand, dass er das ziemlich gut hingekriegt hat», warf ich ein. «Für einen Amateur.»
    Unser Gastgeber, der auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte, wandte sich nun um und schüttelte uns reihum die Hand. «Bitte entschuldigen Sie diesen Zwischenfall», sagte er zu Eichmann. «Einige dieser Beamten zeichnen sich nicht durch übermäßige Intelligenz aus. Tatsächlich haben wir sogar ein und dasselbe Wort für Schweine und öffentliche Bedienstete:
chanchos
. Wir nennen beide
chanchos
. Es würde mich überhaupt nicht überraschen, wenn dieser Idiot glaubt, dass Hitler immer noch der deutsche Führer ist.»
    «Mein Gott, ich wünschte, es wäre so!», murmelte Eichmann und verdrehte die Augen zum Wagenhimmel. «Ich wünschte sehr, er wäre es noch.»
    «Mein Name ist Horst Fuldner», stellte sich unser Gastgeber vor. «Meine Freunde in Argentinien nennen mich Carlos.»
    «Wie klein doch die Welt ist», bemerkte ich. «Genauso nennen mich meine Freunde in Argentinien auch. Alle beide.»
    Ein paar Leute kamen die Gangway hinunter und spähten neugierig durch das Beifahrerfenster, um einen Blick auf Eichmann zu werfen.
    «Können wir von hier verschwinden?», fragte er. «Bitte.»
    «Wir tun besser, was er sagt, Carlos», sagte ich. «Bevor jemand unseren Riccardo hier erkennt und David Ben Gurion alarmiert.»
    «Sie würden bestimmt keine Witze darüber machen, wenn Sie in meiner Haut steckten!», schimpfte Eichmann. «Die würden alles geben, um mich in die Finger zu kriegen, und dann hat mein letztes Stündlein geschlagen!»
    Fuldner ließ den Motor an, und Eichmann entspannte sich merklich, als wir langsam davonfuhren.
    «Da Sie gerade davon sprechen – wir sollten vielleicht kurz darüber reden, was Sie tun, falls jemand Sie erkennt», sagte Fuldner.
    «Niemand wird mich erkennen», sagte Kuhlmann. «Abgesehen davon sind es die Kanadier, die mich suchen, nicht die Juden.»
    «Ist kein Unterschied», sagte Fuldner. «Ich sage es trotzdem. Nach den Spaniern und den Italienern sind die Juden die größte ethnische Gruppe im Land. Nur, dass wir sie
los Russos
nennen, weil die meisten von ihnen vor dem Pogrom des russischen Zaren hierher geflüchtet sind.»
    «Welchem Pogrom?», fragte Eichmann.
    «Wie meinen Sie das?»
    «Es gab drei Pogrome», erläuterte Eichmann. «Das erste 1821, dann eins zwischen 1881 und 1884 und schließlich das dritte, das 1903 anfing. Das Kischinew-Pogrom.»
    «Riccardo weiß alles über die Juden», sagte ich. «Außer, wie man sie freundlich behandelt.»
    «Ich denke, das letztere Pogrom», sagte Fuldner.
    «Würde passen», sagte Eichmann, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. «Das Kischinew-Pogrom war das radikalste.»
    «Da kamen die meisten Juden nach Argentinien. Allein

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