Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
Vom Netzwerk:
einem nur noch der Glaube etwas.
    Einen Moment lang blieben sie sitzen, ohne sich zu rühren. Was gab es sonst schon noch zu sagen? Als Ezra schließlich die Dose mit dem heiligen Lehm zurück in den Rucksack stopfte und diesen verschloss, wurde es für beide offensichtlich, dass das der einzige Plan war, den sie im Augenblick hatten. Carter ging in die Küche und wühlte in den Schubladen herum, bis er eine gelbe Taschenlampe ausgegraben hatte. Er probierte sie aus und stellte überrascht fest, dass die Batterien noch in Ordnung waren.
    Dann fiel sein Blick auf den Messerblock mit dem Satz aus schwarzgriffigen Messern, die sie von seiner Tante Lorraine zur Hochzeit bekommen hatten. Er nahm eines mit einer mittelgroßen gezackten Klinge und schob es in seine Gürtelschlaufe.
    Ezra wartete bereits neben der Tür, als er zurückkam. Er entdeckte das Messer, sagte jedoch nichts. Carter zog seine Lederjacke an, und als er die Messerklinge an seiner Seite ausrichtete, war sie vollkommen verborgen. Er schob sein Handy und die Taschenlampe in die Außentaschen und schloss ab. Sie gingen die Treppe hinunter.
    Draußen hatte Ezra die Limousine seines Vaters mit den Vorderreifen halb im Halteverbot geparkt. »Du hast mir gar nicht gesagt, dass du ein Auto hast«, sagte Carter und fühlte sich plötzlich wieder wie ein Teenager.
    »Steig ein«, sagte Ezra und drückte auf den Schlüsselanhänger, um die Türen zu öffnen.
    Carter schob das
Daily Racing Form
beiseite und setzte sich auf den Beifahrersitz. Ezra fuhr genauso, wie Carter es sich vorgestellt hatte – miserabel, mit abrupten Bremsmanövern und ohne jemals den Blinker zu betätigen. Obwohl es fast neun Uhr abends war, waren die meisten Schaufenster, an denen sie vorbeikamen, noch hell erleuchtet, die Läden waren geöffnet und mit Weihnachtsschmuck dekoriert. Auf den Gehwegen drängten sich gutgelaunte Menschen.
    Sie folgten keiner bestimmten Route, sondern hielten einfach nur die Augen offen und näherten sich langsam, aber sicher dem Krankenhaus. Carter suchte die Gesichter der vorbeiziehenden Menschenmenge ab, aber nicht eine Minute lang glaubte er, Arius tatsächlich unter ihnen zu entdecken. So einfach würde es nicht sein. Ab und zu deutete Ezra irgendwohin und hielt an, so dass Carter einen Blick in ein düsteres Treppenhaus werfen oder eine enge Gasse untersuchen konnte. Doch die schlimmste Bedrohung, mit der sie konfrontiert wurden, war ein Obdachloser, der an einer Ampel darauf bestand, ihre Windschutzscheibe zu putzen.
    Als sie das Village mit seinem Dickicht aus Läden und Restaurants verließen und sich dem Krankenhausbezirk näherten, leerten sich die Gehsteige, und es gab weniger Stellen, von denen Carter sich vorstellen konnte, dass diese Kreatur sich dort verstecken würde. Aber wenn er ihn je finden wollte, musste er das tun, was all die Thriller ständig empfahlen: Fang an, wie der Kriminelle zu denken, den du verfolgst, versetze dich in ihn und seine Art zu denken hinein und sieh die Welt mit seinen Augen. Doch selbst wenn das etwas nützte, solange es um Serienmörder und Psychopathen ging – würde das auch funktionieren, wenn es galt, einen gefallenen Engel aufzuspüren? Wie
dachte
man als gefallener Engel?
    Als sie die Ecke gegenüber dem Krankenhaus erreichten, konnte Carter es sich nicht verkneifen, nach oben zu schauen. Unwillkürlich wurde sein Blick vom sechsten Stock angezogen, wo Joes Zimmer gewesen war. Selbst vom Wagen aus konnte er die dicke Plastikfolie erkennen, die sich spannte und leicht wölbte und die klaffende Wunde in der Mauer verdeckte. Wer würde das nächste Opfer sein? Er wusste, dass er sich gerade mitten in die Schusslinie begab oder es zumindest versuchte. Doch das beunruhigte ihn weit weniger als die Vorstellung, dass Arius es irgendwie auf Beth abgesehen haben könnte. Dass es womöglich Beth gewesen war, den der Engel verfolgt hatte, als sie ihm eines Abends in der Lobby begegnet war.
    Eine Windbö wehte durch die Straße, wirbelte den Müll auf und brachte das Holzschild neben dem Auto hörbar zum Quietschen. Carter blickte hinüber und musste beinahe lachen. Das hatte er fast vergessen. Es war die Anschlagtafel für die Villager-Genossenschaft, die demnächst auf diesem Grundstück bauen würde, mit niemand anderem als dem Bauunternehmen Metzger. Der rostige Maschendrahtzaun, versehen mit Schildern, die das unbefugte Betreten verboten, umgab immer noch das verdammte Lager für medizinisches Zubehör. Er wollte

Weitere Kostenlose Bücher