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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Ordnung?«, fragte Carter und hob die Mütze auf.
    Ezra nickte und rang, die Hände auf die Knie gestützt, nach Atem. »Gib mir eine Sekunde.«
    Carter reichte ihm das Barett, ehe er sich der Rückseite des alten Sanatoriums zuwandte. Diese Seite war sogar noch düsterer und baufälliger als die Vorderfront. Schartige Löcher durchzogen das Mauerwerk, und aus leeren Fensterhöhlen ragten zerbrochene Balken hervor. Eine gefährlich wackelige schwarze Feuerleiter führte bis zum zweiten Stock. Dort, wo Carter jetzt stand, mochte sich einst der Lieferanteneingang befunden haben, die Umrisse einer halbrunden Auffahrt waren noch schwach zu erkennen. Zu der Zeit, als das Sanatorium errichtet worden war, waren hier wahrscheinlich den ganzen Tag Pferdekarren ein- und ausgefahren. Jetzt war die einzige Bewegung das gelegentliche Vorbeihuschen scheuer Ratten, die sich tief im Schatten verborgen hielten.
    Keine Straßenlaterne schickte ihren Schein bis hierher, aber der Mond war hell und tauchte die Ruine in ein fahles silbriges Licht. Carter fischte die Taschenlampe aus seiner Tasche und bahnte sich in ihrem Strahl seinen Weg über das heimtückische Terrain. Der Boden war bedeckt mit einer Mischung aus alten Trümmern aus Steinen und verrotteten Brettern und neuerem Müll wie Plastikreinigungsflaschen und hier und da einer verdreckten Matratze. Als er das Sanatorium erreichte, legte er eine Hand auf den Fuß der Feuerleiter, die am Gebäude baumelte wie ein verdrehter Kleiderbügel, und rüttelte ein paar Mal daran. Nichts bewegte sich oder gab nach. Vorsichtig setzte er einen Fuß auf die unterste Sprosse und probierte, ob sie sein Gewicht trug. Bis auf ein rostiges Quietschen schien das Bauteil noch stabil genug zu sein.
    Er drehte sich zu Ezra um, der zustimmend nickte.
    »Aber drängle nicht«, sagte Carter und senkte instinktiv seine Stimme. »Warte, bis ich von der Treppe runter bin, ehe du raufkommst.«
    Er kletterte ein paar Stufen höher. Das Quietschen wurde lauter, und als er den ersten Stock erreicht hatte, wo die Fensteröffnung zugemauert war, spürte er, wie plötzlich ein Beben durch die Metallstufen ging. Eine Sekunde lang erwog er, umzukehren, doch dann sah er, dass es bis zum leeren Fenster des zweiten Stocks nur noch wenige Schritte waren, und nahm von den restlichen Stufen drei auf einmal. Von der Fensterbank aus ließ er den Strahl der Taschenlampe durch das Innere wandern, um sicherzugehen, dass es einen Fußboden gab, auf dem er landen konnte, dann duckte er sich und kletterte über das verrottete Fensterbrett hinein.
    Als er den Kopf wieder durchs Fenster steckte, sah er, dass Ezra bereits den Rucksack geschultert hatte. Schweigend winkte er ihm zu, hochzukommen. Dann wandte er sich um und suchte die neue Umgebung mit Blicken ab.
    Dieses Stockwerk konnte nie als medizinisches Lager genutzt worden sein. Ganz offensichtlich handelte es sich bei dem langen schmalen Raum um einen der ehemaligen Krankensäle. An den Wänden standen mehrere eiserne Bettgestelle aufgereiht, deren Spiralfedern größtenteils zu Staub zerfallen waren. Ein metallener Ablagewagen ohne Räder lag auf der Seite. Am anderen Ende des Raumes führte eine große offene Tür in die Dunkelheit.
    Ezra kletterte durch das Fenster ins Zimmer. Mit gedämpfter Stimme sagte er: »Wie sollen wir jemals das ganze Gebäude durchsuchen können?«
    »Hoffen wir, dass das nicht nötig ist.«
    Carter ging voran. Seine Taschenlampe erfasste die Löcher im Boden sowie die gesplitterten Dielen, die in merkwürdigen Winkeln herabhingen. Schließlich erreichten sie die Tür. Mit der Lampe leuchtete Carter den Flur in beide Richtungen aus. Direkt vor ihnen lockte ein breiterer Korridor.
    »Dieser dort«, flüsterte Carter, »sieht aus, als würde er uns am ehesten in den Bauch der Bestie führen.«
    Obwohl sie so leicht auftraten, wie sie konnten, hallten ihre Schritte im höhlenartigen Inneren des Gebäudes wider. Zu beiden Seiten waren die Wände mit Löchern übersät und voller Wasserflecken. Die Türen zu den Zimmern waren entweder herausgefallen oder standen offen und gaben den Blick auf karge Räume frei. Hier und da entdeckten sie noch ein Bettgestell, eine Kommode ohne Schubladen oder ein zerbrochenes Waschbecken am Boden.
    Vor ihnen, gerade noch im Lichtkegel von Carters Taschenlampe, schien sich der Raum zu öffnen, es fühlte sich sogar an, als wehte ein frischerer Lufthauch aus dieser Richtung. Aufgrund der Anordnung der anderen Flure gewann

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