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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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er nicht zumindest kurz nach dem Rechten gesehen hatte.
    Er machte so wenig Krach wie möglich und schlich zur Rückseite des Hauses. Wenn sie nicht gehört hatten, wie er mit dem Wagen im Graben gelandet war, würden sie ihn vermutlich auch nicht hören, wenn er draußen herumschnüffelte. Das untere Schlafzimmer war noch hell erleuchtet, und oben im Gästebereich brannte das Licht im Badezimmer. Das Fenster war für so eine kalte Nacht ziemlich weit geöffnet. Dabei wusste er aus Erfahrung, dass Beth es liebte, das Badezimmer in eine Sauna zu verwandeln, nicht in einen Iglu. Er kauerte sich hinter einen Busch und blickte erneut zu dem unverhängtem Fenster des unteren Schlafzimmers.
    Er konnte Abbie auf dem großen Messingbett erkennen, die Arme über dem Kopf. Sie trug ein weißes Nachthemd, das an ihren Oberschenkeln nach oben gerutscht und verdreht war. Die Laken waren weggestoßen und hingen auf den Boden, als hätte sie sich im Schlaf hin und her geworfen. Zumindest von seinem Beobachtungsposten aus schien daran nichts ungewöhnlich zu sein. Sie musste bei eingeschaltetem Licht eingeschlafen sein. Carter passierte das ständig, dass er am Morgen mit einem aufgeschlagenen Buch auf der Brust aufwachte, und er fühlte sich ein wenig schuldig, weil er sie jetzt dabei beobachtete.
    Aber dann schien sich etwas zu verändern. Das Licht im Zimmer veränderte sich, als ein Schatten drohend über dem Kopfteil aus Messing auftauchte. Jemand war bei Abbie im Zimmer, stand aber so, dass Carter ihn nicht sehen konnte.
Bitte,
betete er,
lass es nur Beth sein. Oder Ben, der seine Pläne geändert hat und doch mit ihnen aufs Land gefahren ist.
Der Schatten wurde größer, und dann sah er, nein, es war nicht Beth. Und auch nicht Ben. Es war eine hochgewachsene Gestalt, steif und gerade wie eine Marmorstatue, mit leuchtend goldenem Haar. Während er mit wachsendem Entsetzen zusah, trat die Gestalt auf das Bett und Abbie zu. Jetzt erkannte Carter, dass sie nicht schlief und dass sie ihre Arme nicht nur über den Kopf gelegt hatte. Sie waren irgendwie an die Bettpfosten aus Messing gefesselt.
    Was sollte er tun? Sollte er einen Warnschrei ausstoßen? Oder die Scheibe einwerfen? Er sah sich um und entdeckte ein paar lose Ziegel im Dreck. Ben hatte ihm erzählt, dass sich an der Stelle einst eine Veranda befunden hatte. Er eiste einen Stein von dem fast gefrorenen Boden los, doch unvermittelt wurde er von einem verstohlenen Geräusch über ihm abgelenkt. Nur wenige Meter von ihm entfernt fielen lose Schuttteile auf den Boden. Er blickte auf und sah einen nackten Fuß, der auf dem steilen abschüssigen Schindeldach nach Halt suchte. Ein dünner abgestorbener Zweig fiel vom Dach.
    Dann tauchte Beth auf. Sie trug nichts als den kurzen weißen Bademantel, den er ihr zum Valentinstag geschenkt hatte. Sie kletterte auf das Dach und schaute verzweifelt in alle Richtungen. Direkt hinter dem Haus fiel der Boden steil ab, und vom Dach bis nach unten waren es gut sechs Meter.
    Carter warf den Stein fort und kroch von dem Busch fort. Ohne ein Wort zu sagen, winkte er mit den Armen, um Beth auf sich aufmerksam zu machen. Fassungslos erstarrte Beth. Selbst von hier unten konnte er ihre vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen erkennen, während er ihr durch Gesten zu verstehen gab, durchzuhalten.
Spring nicht!
Er formte die Worte mit dem Mund
Warte!
Dann rannte er zur Vorderseite des Hauses.
    Er wusste, dass er zwischen den Betonziegeln und Dielenbrettern eine Leiter gesehen hatte. Sie lag zusammengeklappt auf dem Boden, und das Metall fühlte sich kalt und glatt an, als er es berührte. Er hob die Leiter vom Boden hoch, um jedes Geräusch zu vermeiden, und schleppte sie zur Rückseite des Hauses.
    Mit beiden Händen klammerte Beth sich an die Fensterbank, als Carter sich mit der Leiter abmühte, um sie aufzuklappen. Beths Füße begannen zu rutschen, und ein Regen aus Dreck und totem Laub löste sich von den Schindeln. Carter drückte das zentrale Scharnier mit der Hand nach unten und lehnte die Leiter genau unter das Badezimmerfenster.
    Sie war nicht lang genug.
    »Warte«, flüsterte er und hoffte, dass sie ihn hören konnte, »warte!«
    Rasch kletterte er bis nach oben und streckte die Hand aus. »Lass dich runter«, flüsterte er. »Ich fang dich auf.«
    Beth ließ eine Hand los und streckte sie Carter entgegen. Er konnte sie immer noch nicht erreichen. »Du musst die andere Hand auch loslassen«, drängte er, und Beth gehorchte widerstrebend.

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