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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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tut sie das auch. Die Frau in dem geblümten Kleid und ihre Kolleginnen und Kollegen sollen mich aus stürmischen, gefährlichen Gewässern manövrieren.
    »Ich bin eine professionelle Wahrheitssucherin«, beschreibt Berger sich mit Worten, die ich noch nie aus dem Mund eine s Staatsanwalts gehört habe. »Es ist meine Mission - immer -, die Wahrheit zu finden und zu ehren. Deswegen wurde ich gebeten, nach Richmond zu kommen - um die absolute Wahrheit aufzudecken. Alle von Ihnen haben gehört, dass die Gerechtigkeit blind ist.« Sie legt eine Pause ein, die Geschworenen nicken. »Die Gerechtigkeit ist blind, weil sie absolut unparteilich, unvoreingeno mmen und allen gegenüber vollkommen fair sein soll. Aber« - sie blickt in ihre Gesichter -»wir sind nicht blind für die Wahrheit, nicht wahr? Wir haben gesehen, was in diesem Saal passiert ist. Ich sehe Ihnen an, dass Sie verstanden haben, was in diesem Raum vor sich ging, und dass Sie alles andere als blind sind. Sie müssten blind sein, um nicht zu sehen, was so offensichtlich ist. Diese Frau« - sie wirft mir einen Blick zu und deutet auf mich - »Dr. Kay Scarpetta verdient es, dass wir nicht länger an ihr zweifeln und sie mit schmerzhaften Fragen quälen. Bei meinem Gewissen, ich kann es nicht zulassen.«
    Berger hält inne. Die Geschworenen sind wie hypnotisiert, blinzeln kaum, während sie sie anstarren. »Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihren Anstand, Ihre Zeit, Ihren Wunsch, das Richtige zu tun. Sie können jetzt an Ihre Arbeit zurückkehren, nach Hause, zu Ihren Familien. Sie sind entlassen. Es gibt keine Anklage. Anklage abgelehnt. Gute n Tag.«
    Die Frau im geblümten Kleid lächelt und seufzt. Die Geschworenen klatschen. Buford Righter starrt auf seine Hände hinunter, die verkrampft auf der Tischplatte liegen. Ich stehe auf, und der Raum dreht sich, als ich die Schwingtür aufdrücke und aus dem Zeugenstand trete.

Minuten später
    Ich komme mir vor, als würde ich ein verdunkeltes Gebäud e verlassen, und vermeide Blickkontakt mit den Journalisten und anderen, die jenseits der mit Papier beklebten Tür warten. Diese Tür hat mich vor der Außenwelt versteckt, und durch sie gehe ich in diese Welt zurück.
    Berger begleitet mich in ein kleines Zeugenzimmer, und Marino, Lucy und Anna stehen auf, ihre Mienen ängstlich und aufgeregt. Sie ahnen, was passiert ist, und ich nicke zur Bestätigung und sage: »Jaime war meisterlich.« Endlich nenne ich Berger bei ihrem Vorname n. Allmählich wird mir klar, dass ich, obwohl ich während der letzten zehn Jahre ungezählte Male in diesem Zimmer war und darauf wartete, Geschworenen den Tod zu erklären, nie daran gedacht hatte, mich eines Tages selbst in diesem Gerichtsgebäude erklären zu müssen.
    Lucy umarmt mich, hebt mich hoch, und ich zucke vor Schmerzen in meinem verletzten Arm zusammen und lache gleichzeitig. Ich umarme Anna. Ich umarme Marino. Berger steht vor der Tür und mischt sich ausnahmsweise einmal nicht ein. Sie verstaut Akten und Notizen in ihrer Tasche und zieht ihren Mantel an. »Ich muss los«, sagt sie, wieder ganz geschäftsmäßig, aber ich sehe ihr an, dass sie sich freut. Sie ist stolz auf sich und hat allen Grund dazu. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sage ich voll Dankbarkeit und Respekt. »Ich weiß nicht einmal, was ich sagen soll, Jaime.«
    »Amen«, ruft Lucy. Meine Nichte trägt einen scharfen schwarzen Hosenanzug und sieht aus wie eine Anwältin oder eine Ärztin oder was immer sie sein will. An der Art, wie sie Berger fixiert, sehe ich, dass auch Lucy bemerkt hat, was für eine attraktive, beeindruckende Frau Berger ist. Lucy lässt sie nicht aus den Augen und gratuliert ihr. Meine Nichte ist überschwänglich. Ja, sie flirtet. Sie flirtet mit meiner Anklägerin.
    »Ich muss zurück nach New York«, sagt Berger zu mir. »Haben Sie meinen großen Fall vergessen?«, erinnert sie mich an Susan Pless. »Es gibt noch eine Menge Arbeit. Wann könne n Sie kommen und mit mir Susans Fall besprechen?« Berger meint es ernst. Glaube ich zumindest.
    »Na los«, sagt Marino in seinem zerknitterten Anzug. Er trägt eine knallrote Krawatte, die zu kurz ist. »Geh nach New York, Doc. Jetzt. Du willst bestimmt eine Weile lang weg. Bis sich der Aufruhr gelegt hat.«
    Ich sage nichts, aber er hat Recht. Im Augenblick bin ich ziemlich sprachlos.
    »Mögen Sie Helikopter?«, fragt Lucy Berger. »Mich kriegst du nicht in so ein Ding«, meldet sich Anna zu Wort.
    »Es gibt

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