Das letzte Revier
Tests durchzuführen? Sie lässt diese Fragen wirken, während Buford Righter am Tisch der Anklage sitzt und Notizen studiert. Er vermeidet es, mich anzusehen.
Ich beantworte Bergers Fragen Punkt für Punkt. Es fällt mir zunehmend schwerer zu sprechen. Ich habe Abschürfungen von dem Knebel im Mund, und die Wunden haben zu eitern begonnen. Seit meiner Kindheit hatte ich keine Mundverletzungen mehr und habe vergessen, wie schmerzhaft sie sind. Wenn meine wunde Zunge beim Sprechen gegen die Zähne stößt, klinge ich, als hätte ich eine Sprachbehinderung. Ich fühle mich schwach und erschöpft. In meinem linken Arm pocht es, und ich habe wieder einen Gips, weil der Arm erneut verletzt wurde, als Jay meine Hände nach oben riss und sie ans Kopfteil des Betts fesselte.
»Mir fällt auf, dass Sie Schwierigkeiten beim Sprechen haben«, sagt Berger. »Dr. Scarpetta, ich weiß, dass es nichts mit der Sache zu tun hat.« Alles hat mit der Sache zu tun. Jeder Atemzug, jeder Schritt, jeder Ausdruck auf ihrem Gesicht -alles, absolut alles hat bei Jaime Berger einen Grund. »Aber können wir einen Augenblick vom Thema abschweifen?« Si e bleibt stehen und hebt achselzuckend die Hände. »Ich denke, es wäre hilfreich, wenn Sie den Geschworenen erzählen, was Ihnen letzte Woche zugestoßen ist. Die Geschworenen müssen sich fragen, warum Sie blaue Blutergüsse und Probleme mit dem Sprechen haben.« Sie steckt die Hände in die Taschen ihrer Hose und ermuntert mich geduldig, meine Geschichte zu erzählen. Ich entschuldige mich dafür, dass ich im Augenblick nicht gerade ein Ausbund an Scharfsinn bin, und die Geschworenen lächeln. Ich erzähle ihnen von Benny, und ihre Gesichter drücken Schmerz aus. Die Augen eines Mannes füllen sich mit Tränen, als ich die Zeichnungen des Jungen beschreibe, die mich zum Hochsitz führten, wo Benny, wie ich glaube, viel Zeit verbrachte, die Welt betrachtete und Bilder davon auf seinen Skizzenblock bannte. Ich erkläre, dass Benny wahrscheinlich einem Verbrechen zum Opfer fiel. Der Inhalt seines Magens passte nicht zu dem, was wir über die letzten Stunden seines Lebens wussten.
»Und manchmal verlocken Pädophile - Kinderschänder -Kinder mit Süßigkeiten oder anderen Dingen, die sie mögen. Sie hatten solche Fälle, Dr. Scarpetta?«, fragt mich Berger.
»Ja. Leider.«
»Können Sie uns ein Beispiel nennen, wo ein Kind mit Süßigkeiten oder anderem Essen geködert wurde?«
»Vor ein paar Jahren untersuchten wir die Leiche eines achtjährigen Jungen«, schildere ich einen Fall aus persönlicher Erfahrung.
»Nach der Autopsie stand fest, dass der Junge erstickte, als der Täter dieses achtjährige Kind zwang, ihn oral zu befriedigen. Im Magen des Kindes fanden wir einen ziemlich großen Klumpen Kaugummi. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass ein erwachsener Nachbar dem Jungen vier Päckchen Kaugummi geschenkt hatte, und dieser Mann gestand die Tat.«
»Sie hatten also dank Ihrer langjährigen Erfahrung Grund zur Sorge, als Sie Popcorn und Hotdogs in Benny Whites Magen fanden«, sagt Berger.
»Das ist korrekt. Ich war sehr besorgt«, sage ich. »Bitte, fahren Sie fort, Dr. Scarpetta«, sagt Berger. »Was geschah, als Sie den Hochsitz verließen und dem Weg durch de n Wald folgten?«
In der ersten Reihe sitzt eine Geschworene, die zweite von links, die mich an meine Mutter erinnert. Sie hat Übergewicht, muss an die Siebzig sein und trägt ein altmodisches schwarzes Kleid mit großen roten Blumen drauf. Sie sieht mich unverwandt an, und ich lächle sie an. Sie wirkt wie eine freundliche Frau mit viel gesundem Menschenverstand, und ich bin froh, dass meine Mutter nicht hier ist, dass sie in Miami ist. Sie hat keine Ahnung, was in meinem Leben los ist. Meiner Mutter geht es nicht gut, und sie soll sich keine Sorgen um mich machen. Ich blicke immer wieder zu der Geschworenen in dem geblümten Kleid, während ich schildere, was im Fort James Motel passierte.
Berger fordert mich auf, Hintergrundinformationen zu Jay Talley zu geben, wie wir uns in Paris kennen lernten und intim wurden. Eingewoben in Bergers Fragen und Aufforderungen sind die scheinbar unerklärlichen Dinge, die sich nach Chandonnes Angriff auf mich ereigneten: das Verschwinden des von mir gekauften Maurerhammers, der Schlüssel zu meinem Haus, der in der Hose von Mitch Barbosa gefunden wurde - ein Undercoveragent des FBI, der gefoltert und ermordet wurde und den ich nicht kannte. Berger fragt, ob Jay jemals in
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