Das Licht, das toetet
in die neuen Postfächer, damit er nichts merkt.“
„Können wir nicht eine Wagenladung Reizwäsche für ihn bestellen? Rosa Spitzenhöschen?“
Fast hätte Daniel laut losgelacht. „Mit seiner Kreditkarte immer, die hab ich aber leider gerade nicht zur Hand. Aber wir können ihn jetzt in tausend nervigen Newslettern eintragen.“ Er zwinkerte Alva zu.
Vor Lachen musste Alva husten. „Ich möchte Dozers Gesicht mal sehen, wenn er jeden Morgen Post von der Anti-Raucher-Lobby und Greenpeace bekommt.“
Daniel sah auf den Verlaufsbalken, der angab, wie viele Mails bereits kopiert waren. Nervös rieb er seinen Vollbart. Es fehlten noch 230 und der Balken füllte sich nur langsam. „Noch drei Minuten.“ Daniel begann aufzuräumen, peinlich darauf bedacht, keine Spuren auf Dozers Schreibtisch zu hinterlassen.
Eigentlich hatten sie ausgemacht, dass Alva im Gang warten und Dozer abfangen sollte. Doch gerade als Alva auf ihren Posten zurückkehren wollte, vernahmen sie deutlich Schritte im Flur.
„Oh, nein.“ Daniel sah auf den Balken. Noch 123 Mails. War der Monitor überhaupt eingeschaltet gewesen, bevor er in Dozers Büro eingebrochen war? Mit einem Mal wusste es Daniel nicht mehr zu sagen, obwohl er sich alles hatte genau einprägen wollen. Der Computer war ausgeschaltet gewesen, das wusste er noch, aber der Monitor? Gehörte Dozer zu den Menschen, die ihn immer auf Standby ließen?
97 Mails.
Die Schritte kamen näher. Dozer war bereits in den schmalen Gang eingebogen, der zu seinem Büro führte. Daniel meinte schon, ihn riechen zu können. Wahrscheinlich bildete er es sich nur ein, aber es war ihm, als dringe kalter Rauch durch die angelehnte Bürotür, vor der Alva reglos verharrte.
Hilflos sah sie sich zu ihm um. Sie konnte nicht einfach aus Dozers Büro kommen und ihn in ein Gespräch verwickeln. Wie gewöhnlich war Dozers Raum heute Morgen abgesperrt gewesen und Daniel hatte das Schloss erst mit zwei kleinen Uhrmacher-Schraubenziehern knacken müssen.
„Mach die Tür zu“, zischte Daniel.
„Was?“
„Tür zu!“
Leise schlich Alva zur Tür und drückte sie kaum hörbar ins Schloss.
Noch 57 Mails. Seufzend starrte Daniel auf die Anzeige. Er musste warten, bis alles kopiert war, dann konnte er erst die Fenster schließen und den Computer ausschalten. Zum Herunterfahren würde keine Zeit mehr bleiben.
32 Mails.
„Wohin?“, flüsterte Alva.
„Keine Ahnung.“ Daniel sah sich um. Sich unter dem Schreibtisch zu verstecken, war lächerlich, aber hinter den braunen Sesseln war auch kein Platz. Hektisch nahm er seine Krücke und riss dabei Dozers Ölplattform-Ascher um. „Mist!“
7 Mails.
Sie hörten, wie Dozer einen abfälligen Kommentar über die Frühstückseier machte. Jetzt stand er direkt vor dem Büro. Als ob gleich ein Monster durch die Tür brechen würde, wich Alva hinter Daniel zurück. „Wir müssen hier weg!“ Sie wollte Daniels Laptop greifen, aber er hielt sie zurück.
Bing! Die Mails waren kopiert. Sehr gut. Alle Veränderungen waren vorgenommen.
Einen Moment lang blitzte in Daniel der Gedanke auf, durchs Fenster zu entkommen, doch dann wurde ihm schlagartig bewusst, dass Dozers Büro überhaupt keine Fenster hatte. Und selbst wenn, wäre es keine schlaue Idee gewesen, bei 40 Grad minus ohne Jacke, Handschuhe und Mütze durch den Schnee zu laufen.
Dozer stocherte mit dem Schlüssel eine Weile in dem Schloss herum. Entweder hatte er die Einbruchsspuren bemerkt, die Daniels Uhrmacherwerkzeug hinterlassen hatte, oder er hatte sich nebenbei die nächste Zigarre angesteckt.
„Komm schon“, flüsterte er dem Computer zu und wartete darauf, dass alle Programme beendet wurden. Er klickte auf Herunterfahren.
„Was wollen Sie tun: Abmelden, Herunterfahren, Neustart …“, maulte Daniel über die unnötige Frage, die das Betriebssystem ihm sicherheitshalber stellte. Eine zähe Sekunde verstrich, bis er quittieren konnte. Endlich. Noch bevor der Computer sich abgeschaltet hatte, knipste er den Monitor aus, stellte in Panik den Ascher wieder hin und schnappte sich seine Krücke.
„Komm!“
Daniel schwenkte die Taschenlampe. Alva hatte eine kleine Klappe in der Wand neben dem Tisch geöffnet. Zwischen der Konstruktion aus Metallprofilen und Gipskartonplatten war ein Hohlraum für die Netzwerkkabel, für Rohre und Datenleitungen. Dozer nutzte ihn als Stauraum. Daniel drückte Alva die Krücke vor die Brust und zwängte sich in den schmalen Hohlraum. Eng knieten sie
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