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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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sich, nicht auf das Licht zu achten, und redete sich ein, dass es nur irgendein Moped war. Irgendein Jugendlicher auf seiner 80er oder ein Mädchen auf einer Vespa.
    Er schloss den Kofferraum auf, als die klare Nacht das unverkennbare, satte Rumoren einer Harley zu ihm trug. Einen Moment lang blendeten ihn die Scheinwerfer so stark, dass er nichts erkennen konnte. Dann setzte Ians Herz für einen Schlag aus. Tatsächlich.
    Der Cowboy. Zachary.
    Er musste ihre Maschine kurzgeschlossen und sich unverzüglich an ihre Fersen geheftet haben. Der Mann saß leicht gebeugt auf der Harley und fuhr viel sicherer und aggressiver, als Ian es gekonnt hätte.
    „Shit!“ Ian knallte den Kofferraum zu und sprintete zurück.
    „Besuch“, erklärte er knapp und trat aufs Gas. Schlingernd kam er vom Grasstreifen zurück auf die Straße und gewann an Fahrt, doch er war nicht schnell genug. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass Zachary aufgeschlossen hatte.
    „Runterschalten?“, schrie er gegen das Motorendröhnen und Bpms Schmerzensschreie an. „Soll ich runterschalten?“
    Würde der Wagen schneller beschleunigen, wenn er im vierten statt im fünften Gang fuhr? Er wusste es nicht. Bisher hatte er im Mercedes von Parodontose-Peter nur ein paar Runden um den Block drehen dürfen. Langweilige Straßen in langweiligem Tempo. Begleitetes Fahren für die Führerscheinprüfung in wenigen Wochen.
    Die Bäume wischten vorbei. Rechts ein Feldweg, vor ihm eine Kreuzung. Er hatte keine Zeit, auf die Vorfahrt zu achten und dachte nicht daran abzubremsen. Ian stand förmlich auf dem Gaspedal, hörte aber trotzdem, wie sich die Harley näherte. Das satte Wummern der Maschine wurde lauter und plötzlich tauchte der Pitbull neben seinem Fenster auf. Er fletschte die Zähne.
    Zachary sah zu ihnen herein. Sein grimmiger Blick ließ Ian zurückschrecken.
    „Fahr ihn um“, schrie Bpm, der sich in neuerlichen Krämpfen wandte.
    „Was?“ Ian hatte ihn kaum verstanden, so sehr konzentrierte er sich auf die Kurven und das ständige Auf und Ab der Hügel. Immer wieder verschwand der Mond hinter den Schleierwolken, sodass er die Straße nur noch im Licht der Scheinwerfer sehen konnte.
    „Umfahren“, stieß Bpm hervor, doch Ian zögerte. Der Cowboy fuhr direkt neben ihm und schrie, er solle das Tempo drosseln. Doch Ian dachte gar nicht daran. Statt den Fuß vom Gas zu nehmen, ließ er den Wagen ein paar Zentimeter ausbrechen. Nur eine Warnung.
    Mit quietschenden Reifen schlingerte das Auto auf Zachary zu. Der Mann fiel zurück, doch nur für einen kurzen Augenblick. Dann drehte er voll auf und die Harley sprang mit einem Satz vor. Auf einmal befand sie sich direkt vor Ians Kühlergrill.
    „Verdammt!“
    Nochmals stammelte Bpm etwas, doch Ian konnte ihn nicht verstehen.
    Der Mann gewann an Vorsprung, fuhr jetzt 60, 90, 120 Fuß vor ihnen und Ian begann zu ahnen, was der Cowboy plante. Er sah es förmlich vor sich, bevor es geschah: Zachary bremste und ließ das Motorrad herumschleudern. Mit einem Mal stand er quer auf der Straße und instinktiv trat Ian auf die Bremse.
    Das Kreischen der Reifen vermischte sich mit dem Aufschrei der Jungen. Zachary schoss auf sie zu, füllte jäh das ganze Blickfeld aus und leuchtete grell im Scheinwerferlicht.
    Ian riss das Steuer herum und sah noch, dass der Wagen an Zachary vorbeizog und endgültig ausbrach. Dann nahm Ian das Geschehen nur noch in Bruchstücken wahr. Zu viele, die sich in seinem Kopf zu einem unvollständigen Film in Zeitlupe zusammensetzten.
    Er spürte, dass sie schwebten. Und Ian musste grinsen. Er konnte nichts dagegen tun.
    Ian lächelte.
    Da waren Schatten. Sie erinnerten ihn an die Arme der Geister, die Zero getötet hatten. Brutal sahen sie aus, so verkrüppelt, unförmig, schwarz. Und sie griffen nach ihnen, schlugen mit Gewalt gegen den Wagen. Sie kreischten und schrien, während sie zupackten. Schattenhafte Hände mit tausend Fingern vor dem Glitzern der Milchstraße.
    Ian schmeckte Blut und ihm wurde schlecht. Er dachte an das Nasenbluten und Zero und fragte sich, warum seine Lippe mit einem Mal aufgeplatzt war.
    Lense-Thirring-Effekt, dachte er unsinnigerweise. Die Zeit wird verwirbelt.
    Ein heftiger Ruck ließ seinen Kopf gegen den Holm der Autotür schlagen und ein stechender Schmerz durchfuhr ihn. Dann zerriss der Knall des Seitenairbags die unmögliche Ruhe. Und mit der Explosion krachte die Zeit zurück und Ian unsanft in die Gegenwart.
    Jäh wurde ihm bewusst, dass

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