Das Licht, das toetet
Sekunden, bis die beiden Killer nur noch entfernte Schatten waren.
39
Im schwachen Licht seiner Taschenlampe konnte Daniel kaum die Tastatur erkennen. Er hatte sich nicht getraut, die Neonröhren anzuschalten, und ärgerte sich nun über sich selbst. Die Sucherei und das ewige Löschen der falschen Buchstaben kosteten ihn viel zu viel Zeit. In seiner Not klemmte er sich die Taschenlampe in den Mund, um beide Hände freizuhaben.
Für gewöhnlich ging Dozer bereits um 6:30 Uhr zum Frühstücken in die Kantine. Wenn Rodrigues und sein Küchenteam Spiegeleier mit Speck anboten, nahm er normalerweise zwei Eier und dazu einen Kaffee. Ein scheußliches Gesöff, das hart zu werden drohte, wenn man es nicht sofort trank. Für die Eier und den Kaffee brauchte Dozer höchstens eine halbe Stunde. Meist brachte er sein Tablett gerade zurück, wenn Daniel und seine Kollegen um sieben Uhr zum Frühstück eintrafen.
Dozer mochte es nicht, mit den Wissenschaftlern zu essen, und schon gar nicht, sich vor Mittag Gespräche über Sternenexplosionen, Neutrinos und Quarks anzuhören. Wahrscheinlich versteckt er sich zu Hause hinter einer Tageszeitung, um bloß nicht mit den Kindern oder seiner Frau zu sprechen, dachte Daniel, während er weitere Telnet-Befehle eingab.
Nachdem ihre Sensoren ausgefallen waren, hatte er mit Lacruz und seiner Laborgruppe alle Möglichkeiten durchgecheckt. Sie hatten sogar die Datenverteiler auseinandergenommen und jedes Kabel geprüft. Daniels ganzes Team war am Boden zerstört gewesen. Lacruz hatte sich haltlos betrunken und Daniel war zu Dozer gegangen, um ihn anzuflehen, den Endurance freizugeben. Mit Blick auf das Budget hatte Dozer abgelehnt. Ihm erschien es zu unwahrscheinlich, dass so viele Sensoren gleichzeitig ausfallen konnten, und befahl, noch einmal alle Datenleitungen und die Verarbeitung der Signale sowie die Software zu kontrollieren.
„Ich bin nicht gewillt, einen Millionen teuren Spezialroboter abzuziehen, nur weil ihr ein Plus statt ein Minus in irgendeine Signalverarbeitungs-Software gehackt habt!“ Das waren Dozers Worte gewesen. Gehackt , dachte Daniel. Dir zeige ich mal, was Hacken ist.
Er lehnte sich gegen den Schreibtisch, weil sein rechtes Bein nach wie vor schmerzte, und warf einen Blick auf die Digitaluhr des Monitors. Es war bereits nach sieben Uhr. Dozer war überfällig und Daniel noch nicht annähernd fertig mit der Manipulation des Computers. Um besser arbeiten zu können, stellte er seinen Laptop auf einen der Papierstapel. Er hatte ihn ans Netzwerk angeschlossen und tippte abwechselnd auf seiner und auf Dozers Tastatur.
„Was brauchst du denn so lange?“
„Sssssssht!“ Er deutete Alva, still zu sein. Eilig nahm er die Taschenlampe aus dem Mund und winkte sie ins Büro. „Das ist nicht ganz so einfach.“
Alva kam zu ihm und schob seine Krücken beiseite, um besser auf den Monitor sehen zu können. Erneut hackte Daniel ein paar Befehlszeilen in Dozers PC.
Es war ein Leichtes gewesen, sein Passwort zu erraten, sich auf dem POP3-Server einzuloggen und an seine E-Mails zu kommen. Daniel interessierte sich zwar nicht für seine Nachrichten, aber er wollte, dass sie zeitverzögert eintrafen.
Er kopierte sämtliche Mails in ein anderes Postfach, das er extra angelegt hatte, und konfigurierte Dozers E-Mail-Programm neu. Wenn er mit etwas Geschick vorging, würde Dozer nicht merken, dass er gar nicht auf sein Postfach, sondern auf ein ganz anderes Zugriff, in dem nur Kopien lagen.
„Es läuft jetzt alles über meinen Laptop“, flüsterte er. „Wenn eine Nachricht reinkommt, haben wir zwei Minuten Zeit, sie zu beantworten oder zu löschen, ansonsten geht sie einfach an Dozer weiter.“
„Und das merkt er nicht?“
„Ich hoffe nicht. Wenn er nicht zu tief in seinen Account-Angaben schnüffelt. Er bekommt die Nachrichten und gut ist. Nur dass er sie aus einem anderen Briefkasten bekommt, der genauso aussieht und riecht wie sein alter. Und wenn er Mails verschickt, dann in einem Postamt, das leider meins ist.“
Zweifelnd sah Alva ihn an. „Wirklich?“
„Wir können die Original-Mail löschen oder auf alle Mails antworten. In Dozers Namen natürlich. Warte mal.“ Daniel quittierte ein paar Eingaben.
„So. SMTP und POP3 sind umgezogen. Kommt davon, wenn einem kein besseres Passwort als seine Lieblingsmannschaft einfällt.“ Er nahm Dozers Cap vom Schreibtisch und deutete auf das dicke, blaue T über dem Schirm. Texas Rangers. „Ich kopiere seine Mails
Weitere Kostenlose Bücher