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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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noch. Willst du das hier für mich tragen, Deoris?«
    Er hielt ihr einen Gürtel hin. Dieser bestand aus hölzernen Gliedern, verbunden durch rote Kordeln, die in seltsamen Mustern verknüpft waren. Runen waren in das Holz eingeschnitzt, und irgendein Instinkt ließ Deoris' Hand zögern, den seltsamen Gegenstand zu berühren.
    Riveda fragte strenger als vorher: »Fürchtest du dich, das zu tragen, Deoris? Müssen wir Zeit mit langen Erklärungen vergeuden?«
    Sie schüttelte eingeschüchtert den Kopf und begann, den Gürtel zu befestigen - aber Riveda bückte sich und hinderte sie daran. Mit seinen starken, vernarbten Händen wand er ihn ihr sorgfältig um die Taille, band die Schnur mit einem festen Knoten zusammen und beendete das Werk mit einer ihr unverständlichen Geste.
    »Trage das, bis ich dir Erlaubnis gebe, es abzunehmen«, befahl er ihr. »Nun komm.«
    Fast hätte sie wieder aufbegehrt, als sie sah, wohin er sie brachte - in die unheimliche Krypta des Avatar, wo der Mann mit den gekreuzten Händen lag, ständig gefesselt. Einmal drinnen, sah sie wie erstarrt Riveda zu. Er entzündete das rituelle Feuer auf dem Altar, der eine Million Jahre dunkel gewesen war...
    Mit seiner tiefsten Stimme, flammend in der symbolgeschmückten Robe, begann er die Beschwörung zu intonieren. Deoris erkannte sie wieder und zitterte vor Entsetzen bei dem Gedanken, was sie herbeirief. War Riveda wahnsinnig? Oder besaß er einen unglaublichen, alles übertreffenden Mut? Dies war schwärzeste Blasphemie - oder vielleicht doch nicht? Welchen Zweck hatte sie wohl?
    Ihr blieb keine andere Wahl, als sich am Ritual zu beteiligen. Stimme antwortete Stimme in dunklem Flehen, Strophe und Gegenstrophe, rufend... betörend.
    Plötzlich trat Riveda vor den hohen Steinaltar, auf dem ein Kind lag, und schaudernd erkannte Deoris, was Riveda in der Hand hielt. Sie presste die Hände auf den Mund, um nicht laut zu schreien. Das Kind war Larmin, Karahamas Sohn, Demiras kleiner Bruder - Rivedas eigener Sohn...
    Die Augen des Kindes zeigten, dass es betäubt worden war. Die Sache geschah mit solcher Schnelligkeit, dass es nur ein einziges ängstliches Wimmern von sich gab und dann wieder in Drogenschlaf versank. Riveda wandte der schrecklichen Zeremonie den Rücken. Für Deoris war sie zu einem Teufelsritus geworden, durchgeführt von einem Wahnsinnigen.
    Nadastor glitt aus den Schatten heran, löste die Fesseln des Jungen, hob die kleine, bewusstlose Gestalt vom Altar und trug sie aus der Krypta. Deoris und Riveda waren allein in dem Dunklen Schrein - dem Schrein, in dem Micon gefoltert worden war - allein mit dem Verhüllten Gott.
    Deoris schwindelte bei dem, was sie sah und hörte. Aber sie begann, wenn auch nicht das ganze, so doch die Richtung des blasphemischen Rituals zu begreifen: Riveda hatte nichts Geringeres vor, als die in Ketten gelegte, furchtbare Macht des Dunklen Gottes loszulassen, die Wiederkehr des Schwarzen Sterns zu erzwingen. Und es ging um noch mehr, das sie nicht verstand. Oder wagte sie nicht, es zu verstehen?
    Sie sank auf die Knie. Todesangst drückte ihr die Kehle zu, und obwohl ihr Verstand Nein! Nein-nein-nein-nein! kreischte, konnte sie im Griff dieses hypnotischen Traums weder sich bewegen noch schreien. Mit einem einzigen Wort, einer einzigen Geste des Protests hätte sie das Muster des Rituals so zerstören können, dass Riveda versagt hätte - aber sie brachte keinen Laut heraus, konnte die Hand nicht heben und nicht einmal ihren Kopf um eine Winzigkeit von einer Seite zur anderen drehen... und da sie in dieser Krise nicht den Mut aufbrachte, sich Riveda zu widersetzen, suchte ihr Verstand einen Fluchtweg aus ihrer persönlichen Schuld und glitt ab in Zusammenhanglosigkeit.
    Sie war nicht fähig - sie wagte nicht zu verstehen, was sie hörte und sah; ihr Gehirn weigerte sich, es zu erfassen. Ihr Blick wurde leer, blind - und obwohl Riveda die letzten Spuren der Vernunft aus ihren aufgerissenen Augen schwinden sah, widmete er ihr nur einen Bruchteil seiner Aufmerksamkeit. Alles andere an ihm war konzentriert auf das, was er tat.
    Das Feuer auf dem Altar loderte auf.
    Das in Ketten geschlagene, gesichtslose Bild regte sich... .
    Deoris sah das Lächeln des Mannes mit den gekreuzten Händen aus den verzerrten Schatten lauern. Dann sah sie für einen Augenblick dasselbe wie Riveda, eine aufrechtstehende, gesichtslose Figur in Ketten - aber auch das verschwamm sofort wieder. Wo ein großes, furchterregendes Steinbild

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