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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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haben sie ihn nur gebracht?
    Allmählich gewöhnten ihre Augen sich aber an die Dunkelheit, und da entdeckte sie in einem trüben, schmalen Lichtstreifen beinahe zu ihren Füßen einen am Boden liegenden Mann.
    Riveda! Deoris fiel auf die Knie.
    Er lag furchterregend still und atmete, als sei er betäubt. Die schweren Ketten um seinen Körper zwangen ihn nieder und hielten ihn in einer unnatürlichen, verkrampften Stellung... Plötzlich erwachte der Gefangene. Seine Hände tasteten in der Dunkelheit.
    »Deoris«, sagte er erstaunt. Die Ketten rasselten. Deoris ergriff seine suchenden Hände und drückte die Lippen auf seine von dem kalten Metall aufgeschundenen Handgelenke. Riveda bewegte sich mühsam, um ihr Gesicht zu berühren. »Hat man - hat man dich nicht gefangengenommen?«
    »Nein«, hauchte sie.
    Riveda versuchte, sich hochzusetzen, aber er gab seufzend auf. »Ich schaffe es nicht«, gestand er müde. »Diese Ketten sind schwer - und kalt!«
    Entsetzt stellte Deoris fest, dass er von bronzenen Ketten buchstäblich niedergedrückt wurde. Sie waren um seinen Körper gewickelt, und seine Hände und Füße waren so nah am Boden festgemacht, dass er nicht einmal sitzen konnte. War seine gigantische Kraft so leicht besiegt worden? Wie sehr sie ihn fürchten mussten!
    Sein Lächeln machte sein Gesicht zu einer verzerrten, hohläugigen Grimasse in der Dunkelheit. »Man hat sogar meine Hände gebunden, damit ich keinen Zauber weben kann, um mich zu befreien! Diese schwachsinnigen, abergläubischen Feiglinge« murmelte er. »Keine Ahnung haben sie von Magie - sie fürchten sich vor etwas, das kein Sterblicher fertig bringt!« Er lachte vor sich hin. »Möglicherweise könnte ich die Fesseln um meine Handgelenke wegzaubern - aber um den Preis, dass das ganze Verlies über mir zusammenbräche!«
    Das Gewicht der Ketten und die Unbeholfenheit ihres schwangeren Körpers machten es Deoris schwer, ihn in die Arme zu nehmen und seinen Kopf in ihren Schoß zu betten.
    »Wie lange bin ich schon hier, Deoris?«
    »Sieben Tage«, antwortete sie.
    Ihr leises Weinen reizte ihn. »Oh, hör auf damit!« befahl er. »Ich werde wohl sterben müssen, aber das macht mir nichts aus - nur kann ich nicht haben, dass du meinetwegen heulst!« Seine Hand, die auf ihrer ruhte, strafte den Zorn in seiner Stimme Lügen.
    Nach einer Weile sagte er sinnend: »Irgendwie habe ich immer geglaubt, meine Heimat sei - da draußen im Dunkeln.« Seine Worte wurden von dem unregelmäßigen Tropfen des Wassers begleitet. »Vor vielen Jahren - als ich noch jung war, erblickte ich ein Feuer und etwas, das wie der Tod aussah - und dahinter, irgendwo an den dunklen Orten, etwas... oder jemanden, der mich kannte. Ob ich endlich den Weg zurück in diese Wunderwelt der Nacht finden soll?« Viele Minuten lang lag er stumm lächelnd in ihren Armen. »Seltsam«, meinte er schließlich, »dass nach allem, was ich getan habe, die einzige barmherzige meiner Taten mein Todesurteil werden muss: Ich habe dafür gesorgt, dass Larmin mit seinem vergifteten Blut nicht zum vollständigen Mann heranwachsen kann.«
    Plötzlich wurde Deoris zornig. »Wer bist du, dass du darüber zu richten wagtest?« fuhr sie ihn an.
    »Ich wagte es - weil ich die Macht hatte, es zu tun.«
    »Gibt es kein Recht, das höher steht als die Macht?« fragte Deoris bitter.
    »Nein, Deoris. Es gibt keins«, erwiderte Riveda mit eigentümlichem Lächeln.
    Deoris dachte an das Recht ihres ungeborenen Kindes und flammte auf: »Du bist der Vater Larmins und hast selbst für den Fortbestand dieser Vergiftung gesorgt! Und was ist mit Demira? Was ist mit dem Kind, das du aus eigenem freien Willen mit mir gezeugt hast? Würdest du diesem Kind die gleiche Gnade erweisen?«
    »Ich habe - manches nicht gewusst, als ich Larmin zeugte.« In der Dunkelheit konnte Deoris das grimmige Lächeln nicht sehen, das Rivedas Worte begleitete. »Deinem Kind werde ich, wie ich fürchte, nur die Gnade erweisen, es vaterlos zurückzulassen!« Plötzlich begann er zu toben, schrie Gotteslästerungen, zerrte wie ein wildes Tier an seinen Fesseln, stieß Deoris von sich. Er brüllte, bis ihm die Stimme versagte und er mit heiserem Keuchen zurückfiel. Seine Ketten klirrten.
    Deoris zog den erschöpften Mann in ihre Arme; er rührte sich nicht. Stille senkte sich auf sie herab, der Lichtbalken fiel auf Rivedas grobe Gesichtszüge. Er lag in einem tiefen Erschöpfungsschlaf, der dem Tod die Hand zu reichen schien. Die Zeit verging.

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