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Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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von einer leichten Schwellung.
    »Bist du hingefallen?«, frage ich.
    »Hm?«
    »Dein Auge.«
    »Ach, das. Mir ist eine Tablette unter den Tisch gerollt, als ich am Telefonieren war, ich hab mich gebückt, um sie aufzuheben, und bin dabei so heftig gegen den Stuhl geprallt, dass ich hinfiel. Da Silas nicht mehr ist, hab ich wohl gedacht, ich müsste mir die Verletzungen selbst zufügen. Tat höllisch weh. Ein paar Stunden lang bin ich rumgehumpelt wie eine lahmende Kuh. Ich muss vielleicht ausgesehen haben. Huck regte sich total auf, als er am Nachmittag nach Hause kam und mich auf der Couch liegen sah, mit einem blauen Auge und einem Eisbeutel auf dem Kopf lag ich da und guckte Oprah. ›Sag bloß nichts‹, sagte ich zu ihm, als er reinkam, ›keinen Ton über das verdammte Boot, sonst gehe ich los und erzähle allen, das hier wärst du gewesen.‹ Es ist immer noch ein bisschen blau.« Sie zeigt es mir. Und ich sehe ihn, einen schwachblauen Halbkreis unter ihrem Auge, schimmernd wie Salz, der mir bisher noch nicht aufgefallen war.
    »Vor ungefähr einem Jahr ist mir dieselbe Dummheit passiert«, sagt sie.
    erwache ich
    vom Richtgetümmel
    des entfesselten Meeresgrunds
    Sie ist schön. Auch jetzt noch. Man kann Ada Varick nicht ansehen und behaupten, sie wäre nicht schön, so durchwoben ist ihr Gesicht vom kunstvollen, zarten Muster der Falten, hineingezeichnet vom Leben. Gelegentlich sagt sie etwas oder wirft mir einen Blick zu, ein Funke in ihrem Auge wie glimmender Zunder, und dann verschiebt sich die Architektur ihres Gesichts und verwandelt sich in das, was ich damals gesehen haben muss. Bevor ich ihren Namen wusste, wenn es je so eine Zeit gegeben hat, vielleicht das erste Mal, dass ich sie sah, als sie über die alte Brücke ging, im Stillwasser angelte, einen ihrer Jungen bei sich. Ich nehme diesen verlorenen Augenblick wie ein Schaudern wahr, ihr Gesicht so, wie es damals war, das über ihre Schultern fließende schwarze Haar. Wie es vom Wind ergriffen wird.
    Ich sehe sie so deutlich, dass es manchmal schwerfällt, sich eine Zeit vorzustellen, da sie hier nicht mehr auf mich wartet.
    Ich berühre das X . Ich könnte es auslegen, aber irgendwas in mir sagt: warte.
    Warte.
    Von der Straße das Geräusch eines vorbeifahrenden Autos. Schnell. Aufgewirbelte Luft.
    Das ist mein Lieblingsbuchstabe: X . König meiner geliebten Wörter mit zwei oder drei Buchstaben, die Ada Fitzelchen nennt. Sie mag generell keine kurzen Wörter. Es stört sie, dass ich sie alle weiß, sie mir merke, selbst solche, deren Bedeutung ich gar nicht kenne.
    »Wie kann man ein Wort auslegen und nicht wissen, was es bedeutet?«, fragt sie dann.
    »Weil ich bei diesem Spiel nur wissen muss, dass das Wort existiert.«
    Und sie schüttelt den Kopf, auch wenn sie weiß, dass ich technisch gesehen recht habe, trotzdem regt sie sich heftig darüber auf. Es gefällt ihr nicht, wie ich diese Fitzelchen benutze, wie ich sie verflechte, um das Brett zuzustellen.
    fix, ur, do, xi, leu, re, gen, ny
    »Ich weiß, was jetzt kommt«, sagt sie. »Du hast diesen mürrischen Blick, der bedeutet, dass du jetzt alles kurz und klein schlägst, diese gerunzelte Stirn. Hier.« Sie berührt die Stelle zwischen ihren eigenen Augenbrauen. »Du hast dann diesen Blick, diesen Iltisblick, der erinnert mich an ihn. Weißt du, Janie, das ist das Einzige an dir, was mich an ihn erinnert.«
    Sie sagt es, und ich höre, wie ihre Stimme abschweift, in die Ferne.
    Im ersten Moment möchte ich sie fragen.
    Ungefähr eine Woche bevor Vivienne starb, spielten wir Scrabble, und mittendrin rang Vivi die Hände und rief: »Mädels, ihr werdet es nicht glauben – ich habe hier P-A-S-S-I-O-N , aber kann es nirgends anlegen.« Dann drehte sie das Bänkchen zu uns um, wie sie es manchmal tat, damit wir die Buchstaben sehen konnten, bevor sie sie wieder auseinanderschob. Als hätten wir ihr sonst nicht geglaubt.
    Jetzt im August ist es vier Jahre her – Vivi war draußen und fütterte die Vögel, bückte sich, um Unkraut aus der Erde zu rupfen, und plötzlich zeigten ihre Füße zur Sonne. Eine geplatzte Ader im Willis-Kreis an der Gehirnbasis. Folge eines Geburtsfehlers, der erst danach entdeckt wurde, wie so oft. Eine Schwäche in der Arterienwand. Asymptomatisch. Einer jener stillen, verborgen wirkenden Spleens in dem Körper, in den wir hineingeboren werden.
    Nichtwissend.

Eisfische
    JANE, ZWÖLF
    Oktober 1957
    Jeden Samstag kam ihr Vater Luce sie abholen. Sie wachte immer

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