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Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
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früh auf, jeden Samstag, ging noch vor Sonnenaufgang die Straße hinunter zum Haus ihrer Großeltern, um ihre Pflichten zu erledigen: Milch holen, den Hühnern Wasser geben. Dann lief sie die Straße wieder hoch nach Hause, um sich ein ordentliches Kleid anzuziehen und mit dem Warten zu beginnen.
    Sie redete sich ein, sich an die Zeit erinnern zu können, als ihr Vater noch bei ihnen lebte, jene gefährliche, schwebend ausbalancierte Zeit, wenn es denn je eine Balance gab, als sie drei – ihre Mutter, er, sie – sich in dem kleinen Haus herumtrieben. Tatsächlich konnte Jane sich nicht daran erinnern, sie wusste nur, dass sein Schatten auf die Astlöcher in den Kiefernplanken auf dem Boden fiel, dass er seinen Tabak auf dem Blättchen verteilte, sich seine Zigaretten selbst drehte, am Holzofen saß, die langen Beine dem Feuer entgegengestreckt, während ihre Mutter einen Socken auf links drehte oder ein Buch umblätterte, jenes Knister-Knaster, wenn Zündholz brannte, daneben die schaukelnde Wiege mit dem Baby, das sie einst war, und seine Stimme, ihr tiefes, weiches Timbre, vermischt mit den Gerüchen vom Kochen – geschmorte Zwiebeln, gebratenes Brot −, das Kratzen eines Löffels im Topf, seine Stimme, die sie bis heute manchmal zu hören glaubte, als werde sie von den Wänden, von Mörtel und Tünche noch immer festgehalten.
    Und selbst als er ging – er kam sie jeden Samstag abholen. Er kam immer, ließ kein einziges Mal aus, es war ein Versprechen, das er hielt, und sie wartete in der Stube jenes verfallenden Hauses, wo sie noch mit ihrer Mutter, seiner ehemaligen Ehefrau, wohnte. Dort holte er sie ab, selbst an verregneten Samstagen, wenn man das Wasser durch die Regenrinnen rauschen hörte; selbst im tiefsten Winter, Janes liebster Jahreszeit, diese einzigartige Ehrlichkeit des Winters, wenn alle Dinge auf allein das reduziert werden, was sie sind; selbst dann, an jenen Samstagen mit dem garstigsten Wetter, wenn die Nordwestwinde vom Meer hereinpeitschten und die Kälte unter den Mauern des Hauses hindurchzog, das sich nicht richtig gesetzt hatte – wenn der Wind mit einem plötzlichen hohen Pfeifen den Teppich in einer Böe zu einem Bauch anschwellen ließ.
    Sie wartete immer in der Stube, berührte den Winter durch das Fenster, malte in den Eisblumen, trug zwei Mäntel, Gummistiefel, eine Wollmütze und Fäustlinge, die sie sogar drinnen überzog, so kalt war es. Ihre Mutter war in der Küche und Jane wartete allein, bis sie den großen blauen Buick sah, der sich halbherzig die Main Road hinunterwand, vor dem Haus hielt, ihren Vater, der sich über den Sitz lehnte, um die Tür zu öffnen, wenn sie hineinschlüpfte.
    Sie fuhren immer nach Norden. Winter, Frühling, Sommer, Herbst. Er wendete in einer Auffahrt, zurück dorthin, woher er gekommen war. Fuhr nie durch das Dorf, durch Point, nie am Anleger vorbei oder über die Point Bridge. Er wusste, und sie wusste es ebenfalls, dass er dort nicht willkommen war. Im Gegenteil. Zu viele Menschen dort hassten ihn: Janes Großvater Gid war einer von ihnen. Gid, der immer sagte, Luce sei ein Betrüger. Nichtsnutziger, verkommener Schnapsschmuggler. Swig und Jimmy Lyons ebenfalls, denen er auch mal was gestohlen hatte – davon hatte Jane gehört –, sie waren Fischer, die den Winter über als Schreiner arbeiteten. Dann die Brüder dieser Ada Varick, die Janes Mutter nie beim Namen nannte, sondern immer nur als »diese Frau« bezeichnete, und Jane hatte, obwohl sie noch klein war, genug Verstand, um den Grund zu erahnen.
    Sie fuhren langsam durch andere Teile des Orts. Sie nahmen die Straßen, die ihr Vater kannte, die Straßen, auf denen sein Leben verlaufen war. Er ließ sich Zeit, fuhr langsam, schien immer eine andere Strecke zu finden und hatte, wie es schien, eine neue Geschichte für jede Kreuzung, jede Ecke, jedes Haus, an dem sie vorbeikamen, wer dort wohnte, irgendeine zusammengekratzte Kleinigkeit, die durchs Erzählen den Glanz von etwas Größerem bekam, und Jane saß still da, lauschte, bis sie draußen vor dem Laden in Head hielten. Dann fragte er sie, was sie wolle, und sie antwortete – Süßigkeiten oder Coffee Milk –, eigentlich war ihr alles egal, nur nicht die Ehrfurcht, die sie verspürte, wenn sie mit ihm zusammen war, dieses schwach fiebernde Feuer. Sie wartete im Auto, während er hineinging, bei laufendem Motor, dann brachen sie wieder auf, und sie hielt fest in der Hand, was auch immer er ihr gekauft hatte – wie

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