Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel
Anleger von Point bringen könne, und Smitty meint, ja klar, warum nicht, er hätte eh nichts anderes vor, würde nur so durch die Gegend kurven.
Sie nehmen die neue Straße. Sie ist jetzt bis runter zum Reservat am öffentlichen Strand auf der anderen Seite der neuen Brücke geöffnet. Pard sitzt vorn, plaudert mit Smitty, erzählt ihm von dem Bügelhemd-Wichser, der die Brieftasche eingesteckt hat, und die beiden lachen, reden, brausen durch die Nacht den neuen Highway hinunter, Nebelschwaden ziehen vorbei, zerdrücken das Dunkel. Auf dem Rücksitz lehnt Huck den Kopf an die Scheibe. Er spürt das zitternde Schaudern des Glases, das zitternde Schaudern, so als sei es in ihm, seine Wange am Leib der Nacht, wie ein Hunger, ein unfertiges Land. Er kann nicht denken. Er kann es ihr nicht sagen. Wie sollte er es ihr jemals sagen? Er schließt die Augen und fährt die andere Straße entlang, immer noch, die andere Küste entlang, mit ihr.
Smith lässt sie am Anleger raus und sie setzen sich ans Ende des Stadtkais, baumeln mit den Beinen. Sie drehen die erste Flasche von dem netten Ginger Brandy auf, reichen sie herum, hier ein Schluck, da ein Schluck. Sie leeren die Flasche, machen sich an die zweite. Huck spürt, wie sich das Kribbeln in seinem Kopf ausbreitet, ihn wärmt. Er blickt hinüber zur alten Brücke, pickepackevoll, zu den vielen angelnden Männern dort, Schulter an Schulter aufgereiht über die Spannbreite aus Eisen und Holz, während sich hinter ihnen in der Nacht das dreiste, massige Schimmern der neuen Brücke erhebt – sie fischen in der Tide, haben ihr deshalb den Rücken zugewandt, offenbar ahnen sie nichts vom geschwungenen Stahlbogen, der hinter ihnen aufragt.
»Magere Beute«, sagt Pard jetzt, mitten im nächsten Wortschwall. Die nächste Fensterrede. »So sieht es aus. Hör zu …« Und Huck findet, er hat genug von dem gehört, was er nicht mal hören wollte. Er zieht sein Hemd aus und lässt sich vom Kai in den Fluss fallen.
Kalt. Selbst an einem Sommerabend: das Wasser wie Nadeln in seinem Körper. Er hält den Atem an, sinkt nach unten, immer weiter, bis seine Füße den Schlick berühren, dort kauert er sich hin, in die grimmig pulsierende Stille der Dunkelheit unter Wasser, hält die Luft an; er spürt, wie das Brennen in seiner Brust beginnt, die Lunge langsam zusammengepresst wird, er hält still, alte Luft wie eine Klinge, Atem entweicht, sickert seitlich aus seinem Mund, dieses hohe, durchbrochene Pfeifen, dieses Schrille. Blasen steigen auf. Könnte er hier bleiben, hier unten in dieser Nachtwelt? Lange genug bleiben, bis sich alles jenseits der Oberfläche geändert hat? Sein Kopf dreht sich, zerbirst. Er drückt sich ab, spannt den Körper an, schießt hoch durch die Oberfläche des Flusses, zurück in den vertrauten Sommerabend. Die anderen drei haben ebenfalls die Hemden abgestreift und sind hineingesprungen, sie schwimmen um die Stege herum, Pard vorneweg, er ruft Huck zu, angewinkelte weiße Arme, Spritzer, Untertauchen, Stimmen hallen durch die dichten, vertrauten, schwarzen, öligen Schatten der Pfähle.
Huck lässt sich treiben, flussabwärts, schwebt auf dem Rücken, schaut hoch, jagt dem Himmel nach. Er merkt, wie unter ihm etwas Schleimiges aufsteigt, eine Hand packt nach seinem Haar, was zum Teufel, er richtet sich auf, schlägt um sich, spuckt Wasser. Es ist Pard.
»Du dummes Schwein«, platzt es aus Huck heraus. »Das war kein Spaß.«
»Ich weiß, was es ist«, sagt Pard mit leiser Stimme, obwohl niemand in der Nähe ist. Er hat nasses Haar, angeklatscht, tritt langsam das Wasser, scheint sich nicht zu bewegen, der Kopf direkt über der Wasseroberfläche, als würde nur der dort wippen, blass, Haut wie Knochen. »Du musst das hinter dir lassen, Mann. Das war nicht unsere Schuld. Wer konnte denn wissen, dass er sich umdreht?«
Huck sieht ihn nur an. Sie reden nicht darüber, nicht ein Mal seit damals, es ist eine dunkle Wolke zwischen ihnen, ein so kurzer, wirrer Augenblick, dass er vielleicht gar nicht stattgefunden hat. Huck taucht unter, gegen die Strömung, kommt an die Oberfläche, schwimmt zurück zum Kai.
Nach Mitternacht machen sich die drei anderen auf den Weg, hoch zum Haus von Robbies Tante, um da zu schlafen.
»Komm, Huckie!«, sagt Pard.
Huck schüttelt den Kopf.
»Willst du den ganzen Weg zu Fuß nach Hause gehen?«
»Muss ich«, sagt Huck. »Muss morgen früh meinem Vater beim Heuen helfen.«
Und weil sie beste Freunde sind, ihre Leben derart
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